Er ist für Außenstehende ein großes Mysterium: Der "Club der 12 Geheimen" in Obertheres existiert mittlerweile seit 100 Jahren und das wird im Jubiläumsjahr 2023 kräftig gefeiert. Aber was ist das Besondere an dem Club? Warum findet vieles im Geheimen statt? Antworten darauf gab es – zumindest teilweise – bei der Auftaktveranstaltung der Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen des Clubs in diesem Jahr.
In den ersten Vereinsjahren schafften die Mitglieder einen gläsernen Maßkrug mit graviertem Zinndeckel an. Aus ihm trinken die Clubler bis heute. Der Maßkrug trägt den Namen "Lisl". "Sie ist das einzig Weibliche bei unseren Versammlungen", sagen die zwölf Geheimen, die derzeit allesamt zwischen 19 und 33 Jahre alt sind.
Mit der Heirat endet die Mitgliedschaft im Club der 12 Geheimen
Eine weitere Besonderheit ist das Verabschiedungszeremoniell am Hochzeitstag eines Clublers, denn es gilt die Devise: "Wer heiratet, fliegt raus!" Die elf im Club verbleibenden Junggesellen verabschieden ihren ehemaligen Kameraden an seinem Hochzeitsabend. Sie kommen mit einem gebundenen Kranz, an dem elf Lampions hängen und der von den drei jüngsten Clublern getragen wird.
Ein zwölfter Lampion wird mitgetragen und der persönliche Clubkrug des Bräutigams mit Wermut gefüllt. Zum Zeichen des Ausscheidens aus dem Club wird die Kerze des zwölften Lampions während der Verabschiedung ausgeblasen, womit symbolisch die Mitgliedschaft des Frischvermählten erlischt.
Der Wermut im Clubkrug ist ein Zeichen des bitteren Abschieds. Die restlichen elf Geheimen singen zum Abschied, wobei das Brautpaar unter dem Kranz mit den Lampions steht. In einer der nächsten Zusammenkünfte des Clubs wird dann aus den interessierten jungen Obertheresern ein Nachfolger gewählt und im Verein aufgenommen.
Der wohl älteste Junggesellenverein Deutschlands
Bereits zum 50-jährigen Vereinsbestehen wurde über den Club der 12 Geheimen in Presse, Rundfunk und sogar im Fernsehen berichtet. Die Rede war dabei von Deutschlands ältestem Junggesellenverein. Der Club hat seitdem keinerlei Kenntnis von einem anderen Junggesellenverein erhalten, der noch älter ist.
"Indirekt wurden wir so als ältester Verein dieser Art bestätigt", sagt Ludwig Hahn, einer der Ehemaligen. Es gebe zwar ältere Burschenschaften und Ähnliches, diese seien aber nicht mit dem Club der 12 Geheimen vergleichbar. "Im Club können nur Junggesellen Mitglied werden, die dann bei einer Heirat wieder ausscheiden müssen", erklärt Hahn.
"Bei uns ist alles so geheim, dass wir es selber meist vergessen", sagt Toni Brand augenzwinkernd. Er ist aktuell der Vorsitzende des Clubs der 12 Geheimen. Um das Ansinnen der Gründungsmitglieder zu verstehen, die den Verein am 1. April 1923 aus der Taufe gehoben haben, muss man etwas tiefer in der Vergangenheit graben. Gut, dass es noch einige Zeitzeugen gibt, die zumindest die 1950er-Jahre als Clubmitglieder erlebt haben.
Erinnerungen an die 1950er-Jahre und die Anfänge des Clubs
Stolze 351 Jahre alt sind zusammen die Ex-Clubler Heinz Vogel (85), Hilmar Hahn (85), Theo Hahn (90) und Günther Hußlein (91). Sie gehörten der Generation an, die nach dem Krieg den Verein wieder ins Leben rief. Während der Zeit des Nazi-Regimes sei der Club der 12 Geheimen aufgrund seines Vereinsnamens für diese eine Vereinigung mit einer "nicht einordenbaren Gesinnung" gewesen und kurzerhand verboten worden.
Die Vereinsstatuten nämlich wurden damals wie heute unter den Clublern streng geheim gehalten. In den Kriegsjahren nannte sich der Club dann "Vereinigte Musikfreunde", aber ein Vereinsleben sei damals sehr schwierig und nur eingeschränkt möglich gewesen. Außerdem wurden viele Mitglieder zum Kriegsdienst eingezogen, gerieten in Gefangenschaft oder verloren sogar ihr Leben. Die gewohnten Club-Aktivitäten waren erst wieder Anfang der 1950er-Jahre so richtig möglich, wie die vier ältesten, noch lebenden Ehemaligen erzählen.
Heinz Vogel berichtet, wie es der Überlieferung nach in den 1920er-Jahren zur Clubgründung kam: Obertheres sei damals in Ober- und Unterdorf gespalten gewesen und die ältere Generation untereinander so sehr verstritten, dass sie ihren Kindern verboten hatte, mit dem Nachwuchs des jeweiligen anderen Dorfteils zu spielen oder überhaupt zusammenzukommen.
Ein Teil der jungen Erwachsenen habe dies dann nicht mehr eingesehen. Sie kannten sich ja auch aus der Schule und verstanden sich untereinander. So mussten sich die jungen Leute im Verborgenen treffen. Am 1. April 1923 gründeten zwölf von ihnen dann den Club der 12 Geheimen, gaben sich Vereinsstatuten und trafen sich fortan trotz des Verbots durch die Elternhäuser.
Clubreisen und die Suche nach einem passenden Hemd
In den späten Nachkriegsjahren kam der Club wieder so richtig in Schwung, wie die Ehemaligen erzählen. "Aus dieser Zeit stammt auch die eigene Vereinshymne, die damals ein Mitglied schrieb und die auch heute noch regelmäßig gesungen wird", sagt Hilmar Hahn. Von den Clubreisen Ende der 1950er-Jahre schwärmt Heinz Vogel, der die Ausflüge organisierte, heute noch: "Wir waren regelmäßig in Berchtesgaden, am Walchsee oder machten Gebirgstouren am Wilden Kaiser."
Aber auch von der Not und der Mangelwirtschaft in der noch jungen Bundesrepublik Deutschland weiß er zu berichten: "Weil weiße Hemden zu teuer waren, kauften wir uns bei einem fliegenden Textilhändler karierte Hemden." Der Lieferant hatte jedoch nur elf Stück auf Lager, sodass es damals eine große Herausforderung gewesen sei, ein weiteres Hemd mit ähnlichem Aussehen zu organisieren.
Zurück in die Gegenwart: Am 17. und 18. Juni findet heuer in der Festscheune am Schafhof in Obertheres ein weiterer Höhepunkt des Jubiläumsjahrs statt. Dann feiert der Club der 12 Geheimen zusammen mit vielen Ehemaligen und der Öffentlichkeit mit einem Festzug, Festbetrieb und Live-Musik seine 100-jährige Geschichte.