Sechs Stolpersteine mit sechs Namen ehemaliger jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger liegen seit Sonntag in Hofheims Innenstadt und sollen an die Schicksale der vertriebenen und ermordeten Menschen erinnern. Der Verein Stolpersteine Haßberge e.V. initiierte die Verlegung der Steine. Es seien "die ersten sechs von vielen, denn Hofheim hatte eine große jüdische Gemeinde und eine reiche jüdische Kultur", betonte der Vereinsvorsitzende Alex Klubertanz in seiner Rede.
80 Jahre nach der Shoah, der systematischen Judenverfolgung und -vernichtung, sei es an der Zeit, diesen Menschen in unseren Gemeinden Raum zu geben, und sei es auch nur in Form von zehn mal zehn Zentimeter großen Messingplatten, so Klubertanz. "Aber wir holen damit die Namen der Opfer zurück in unseren Gesichtskreis, getreu der talmudischen Weisheit, dass ein Mensch erst vergessen ist, wenn nicht mehr an seinen Namen erinnert wird".
Sie waren Teil einer Gemeinschaft
Die sechs Menschen seien Teil einer Gemeinschaft gewesen und hätten sich sicher gefühlt – "fälschlicherweise, wie wir heute wissen", so Klubertanz.
Stellvertretender Landrat Michael Ziegler (CSU) bezeichnete die Verlegung der Steine als ein Zeichen für die Menschlichkeit, den Frieden und die Zukunft. Der Landkreis Haßberge sei ein "weltoffener Landkreis", betonte Ziegler.
Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär (CSU) zitierte Josef Schuster, den Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, der vor einem "dröhnenden Schweigen" in Bezug auf die Judenverfolgung warnte. Bär rief dazu auf, laut zu werden, "wenn das Schweigen zu laut wird". Bürgermeister Alexander Bergmann (CSU) betonte, dass die Verlegung der Stolpersteine nichts mit den aktuellen Ereignissen in Israel zu tun habe, sondern dass es alleine um die Erinnerung an ehemalige Mitmenschen gehe.
Die Stolpersteine wurden in der Hauptstraße 2, Obere Torstraße 2 (heute: Sparkasse) und Marktplatz 6 (heute: Pusteblume) verlegt. Sie erinnern an den Viehhändler Isaak Rosenbach und seine Frau Sara, die 1942 in Theresienstadt ermordet wurden. David und Irma Sündermann betrieben ein Schuhgeschäft in der Oberen Torstraße 2. Sohn Heinz wurde 1930 geboren und besuchte ab 1937 die Hofheimer Volksschule. David starb 1941 in Berlin, seine Frau Irma und sein Sohn Heinz wurden 1942 im Warschauer Ghetto ermordet.
Sali Stern wohnte am Marktplatz 6 bei der Familie ihrer Schwester Pauline, die Simon Mayer geheiratet hatte, der ein Textilwarengeschäft betrieb. Sali Stern floh 1934 nach Luxemburg und nahm sich 1939 angesichts der drohenden Deportation das Leben.
Initiator für die Verlegung des Stolpersteins für Sali Stern ist Jochen Oppenheimer aus Lissabon. Er stammt aus Hofheim. Seine Schwester Ester heiratete Erich Thomsen, mit dem sie in der Hauptstraße ein Geschäft für Innenausstattung betrieb. Oppenheimer erinnerte sich in seiner Ansprache daran, dass die Schwester seiner Großmutter ebenfalls am Marktplatz 6 – so wie Sali Stern – wohnte.
Als Zeitzeuge aus Lissabon angereist
Als Zeitzeuge reiste Oppenheimer aus Lissabon an, um an der Verlegung der Stolpersteine teilzunehmen und seine alte Heimat wiederzusehen. Mit dem berühmten gleichnamigen Physiker sei er nicht verwandt, betonte er.
Der Name Oppenheimer sei ein weit verbreiteter jüdischer Name. Klubertanz erinnerte sich abschließend in Dankbarkeit an Cordula Kappner, die ein umfangreiches Archiv über das jüdische Leben im Landkreis erstellt hatte.