Die zwei Valeo-Standorte in Mainfranken verbindet einiges: die Bundesstraße 279, der Mutterkonzern natürlich – und nicht zuletzt die ungewisse Zukunft. Dabei hatten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter viel Hoffnung in den Automobilzulieferer und Milliardenkonzern aus Frankreich gesetzt. Seit Monaten aber mehren sich die Fragezeichen.
Während im Werk in Ebern (Lkr. Haßberge) angesichts eines erneut drohenden Stellenabbaus die Angst vor einem „Sterben auf Raten“ umgeht, steht das Joint-Venture mit Siemens am Standort Bad Neustadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) bereits vor dem Aus.
Seit der Übernahme sind in Ebern rund 400 Stellen weggefallen
Im Jahr 2016 übernahm Valeo den Automobilzulieferer FTE automotive mit Sitz in Ebern – für geschätzt 819 Millionen Euro. Nach Jahren, in denen vor allem Großinvestoren die Geschicke von FTE bestimmt hatten, sollte es nun in eine sichere Zukunft gehen.
Doch inzwischen ist die Hoffnung zum Teil der Ernüchterung gewichen. Heute geht die Befürchtung um, Valeo könne den Standort im Kreis Haßberge zunehmend ausbluten lassen. Die Perspektive schwinde zusehends, war im Herbst 2021 auch aus dem Betriebsrat zu hören. So habe der Konzern seit der Übernahme rund 400 Stellen gestrichen. Weitere 80 sollen noch in diesem Jahr folgen.
Besonderes Kopfzerbrechen bereitet den Vertretern der Belegschaft, dass Valeo auch vor der Eberner Entwicklungsabteilung nicht mehr Halt macht. Die sicherte mit ihrem Erfindergeist lange Zeit die Zukunft von FTE, gegründet im Jahr 1943 als Tochterwerk von FAG Kugelfischer in Schweinfurt.
Viele der großen Automobilkonzerne gehören seither zu den Kunden des unterfränkischen Kupplungs- und Bremsenherstellers. Doch genau hier liegt auch ein Problem: In Ebern produziert man weiterhin Technologie, die eng an den Verbrennermotor geknüpft ist. Währenddessen setzt Valeo in seiner Konzernstrategie bereits auf die Entwicklung und Fertigung von Technologie für autonomes Fahren und Elektromobilität.
Neue Produkte sollen Zukunft des Standorts sichern
Im Eberner Betriebsrat hat man inzwischen erkannt: Der Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze in Forschung und Entwicklung ist auch ein Ringen um die künftige Ausrichtung des Werks.
Die Hoffnung: Statt weitere Stellen zu streichen und ins Ausland zu verlagern, sollten am Standort neue Produkte entworfen werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und damit die Zukunft der heute rund 1300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Ebern zu sichern. Vertreterinnen und Vertreter der Gewerkschaft IG-Metall brachten deshalb eine Art Zukunftsvereinbarung ins Gespräch, die mit der Unternehmensführung geschlossen werden soll.
Wie also geht es weiter? Mit Auskünften darüber ist man aufseiten der Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmervertreter zurückhaltend. Auch um die Verhandlungen mit Valeo nicht zu gefährden, wie es heißt.
"Wir sitzen gemeinsam an einem Tisch, und beide Parteien sind gewillt, etwas für den Standort zu erreichen", sagt Betriebsratsvorsitzende Sonja Meister. Sie muss sich Mitte März wieder zur Wahl stellen. Anschließend, so hofft Meister, würden dann Details erarbeitet.
Das Management des Konzerns äußerte sich bislang nicht. Anfragen dieser Redaktion zur Zukunft des Standorts blieben unbeantwortet. Damit bleibt vorerst auch offen, wie es für die Belegschaft in Ebern weitergeht.
Die Lage bei Valeo in Bad Neustadt
Ein schlagkräftiger Player im Zukunftsmarkt der Elektromobilität sollte das 2016 gegründete Joint Venture "Valeo Siemens eAutomotive" werden. An den deutschen Standorten Erlangen und Bad Neustadt herrschte einst Aufbruchstimmung. Bis zu 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konstruierten und fertigten in der Rhön Elektromotoren - unter anderem auch für Volvo.
Als die Schweden einen Vertrag nicht mehr verlängerten, schrillten Mitte 2021 schon die Alarmglocken. Bis zu 250 Arbeitsplätze galten als gefährdet. Anfang 2022 sieht die Lage nicht mehr so ernst aus. "Der Wegfall des Auftrages konnte anderweitig kompensiert werden", freut sich Betriebsbetreuerin Nadine Knauff von der IG Metall. Der Stellenabbau fiel wesentlich glimpflicher aus.
Getrennte Wege von Valeo und Siemens
Dass nun das Ende des Valeo-Siemens-Joint-Ventures angekündigt wurde und bis Jahresmitte umgesetzt werden soll, kommt für die Gewerkschafterin nicht urplötzlich. "Das war von Anfang an abzusehen, die Vertragslage war bekannt", so Knauff. Sie wünscht sich eigentlich eine Zukunftsvereinbarung zwischen Beschäftigten und Arbeitgeber, in der es um Qualifizierungsmaßnahmen, Produktideen und ähnliches geht. Wichtig für die Belegschaft sei auch ein Verbleib in der Tarifbindung.
Bad Neustadt soll strategischer Standort bleiben
Valeo-Sprecher Andreas vom Bruch kündigte unterdessen "regelmäßige Treffen mit den Arbeitnehmervertretungen" an, um alle Einzelheiten dieser Integration zu besprechen. Bereits im Mai 2021 hatte ein Valeo-Siemens-Sprecher betont, dass Bad Neustadt "ein strategischer Standort sein wird, da er das europäische Motorenkompetenzzentrum von Valeo Siemens eAutomotive ist". In Bad Neustadt ist die Hoffnung groß, dass auch Valeo ohne das Joint Venture mit Siemens diese Einschätzung in Zukunft teilt.