Die Sorge um Arbeitsplätze ihrer Kollegen und Kolleginnen stand den Verantwortlichen von Betriebsrat und IG-Metall (IGM) ins Gesicht geschrieben, als sie von der Sitzung des Aufsichtsrates kamen. Vor dem Haupttor der Firma Valeo gaben sie vor Mikrofon und Kamera ein Statement ab. Innerhalb kurzer Zeit steht ein zweiter Stellenabbau oder eine Verlagerung von 80 Beschäftigten bevor, nachdem bereits im ersten Halbjahr 2021 im Werk Ebern 95 Stellen gestrichen wurden. Die ständigen Ankündigungen des Valeo-Konzerns schaffen Unsicherheit und Ängste bei den Beschäftigten.
"Gemeinsam für sichere Arbeitsplätze bei Valeo", war das Motto der Aktion im Frühjahr 2021. Jetzt fordern der Betriebsrat vom Team Ebern und IGM "Zukunftsmusik statt Streichkonzert". Die Stärkung des Standortes Ebern wurde gefordert statt Arbeitsplätze zu verlagern und auf "Sparprogramm" umzuschalten. Es war ein spontaner Protest, an dem sich sechs Personen von Betriebsrat und IGM beteiligten. Nach der konstituierenden Sitzung des Aufsichtsrates traten diese vor die Presse.
Ziel: Kein weiterer Abbau von Arbeitsplätzen
Als Erste erhob Sonja Meister, Betriebsratsvorsitzende in Ebern, ihre Stimme gegen das "Streichkonzert" des Unternehmens. "Nachdem wir im Herbst des letzten und Anfang dieses Jahres das erste Abbauprogramm in Ebern hinter uns hatten, waren wir schon sehr schockiert, dass uns im Juli ein nächster Stellenabbau mit 80 Arbeitsplätzen, vorwiegend in der Entwicklung, am Standort Ebern angezeigt wurde", sagte Sonja Meister. Es sei ein falsches Signal Stellen abzubauen oder verlagern zu wollen, weil es um Existenzen, um Menschen und Familien gehe.
"Uns als IGM treibt ganz klar um, dass unter dem Windschatten Corona und dem Deckmantel der Transformation billig verlagert wird. Ja sogar die Sorge, dass mit ständigem Restrukturierungen die Standorte bis zur Handlungsunfähigkeit zusammengeschrumpft werden", sagte Andrea Sicker, zweite Bevollmächtigte der IGM-Geschäftsstelle Bamberg. In der Aufsichtsratssitzung habe man sich stark gemacht für die FTE-Group-Holding und den Standort in Ebern. Man stelle sich die Frage: Wenn hier nichts mehr entwickelt wird, was dann zukünftig noch produziert werden soll.
Zukunftskonzept für den Standort nötig
"Diese Frage stellen sich die Menschen und diese Sorge äußern sie auch ihrer IGM gegenüber. Am Ende des Tages geht es um viel mehr, es geht um die Industriearbeitsplätze hier in der Region, um gute Entgelte und Arbeitsbedingungen, damit Familien hier in der Region leben können, deshalb müssen die Weichen entsprechend gestellt werden", sagte Sicker. Es sei es wichtig, dass alle, Betriebsrat, IGM und die Beschäftigten, an einem Strang ziehen. Nur wenn man zusammen halte, könne vieles gelingen. Allerdings war heraus zu hören, dass seitens des Unternehmens keine Kompromissbereitschaft bestehe.
Aus Sicht der Arbeitnehmer, so Vertrauensköperleiter Thomas Werner und stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Karin Beck, brauche es mehr Orientierung für die Menschen und ein Zukunftskonzept für den Standort Ebern, da Valeo ein wichtiger Arbeitgeber für die Region sei. "Jetzt sollen weitere 80 Arbeitsplätze verlagert werden in Billiglohnländer. Ernst gemeinte Chancen für den Standort Ebern sind nicht erkennbar", bedauert Werner. Nicht nur innerhalb des Werksgeländes gebe es großes Interesse an einem funktionierenden Industriestandort. "Wir werden die Stadt Ebern, Landkreis Haßberge und weitere Interessensvertreter an einem Tisch bringen und weiterhin informieren", so der Werner.
Rückblick: Die Firma seit der Übernahme durch Valeo
Valeo erwarb die FTE Gruppe im Juni 2016, damals waren am Standort in Ebern noch etwa 1650 Menschen beschäftigt. Nach über 15 Jahren in den Händen von Finanzinvestoren freute sich die Belegschaft über einen sogenannten strategischen Eigentümer. Leider geht die Zahl der Beschäftigten seitdem stetig bergab. Das liegt nicht alleine an den Synergieeffekten eines Großkonzernes, sondern auch am Technologiewandel in der Automobilbranche. Gerade am Standort Ebern ist man mit seinen Produkten und Komponenten fast ausschließlich vom Verbrennungsmotor abhängig. Derzeit arbeiten dort noch cirka 1300 Menschen.