Bei der Bundestagswahl am 26. September wird Sabine Dittmar wieder als Direktkandidatin der SPD im Wahlkreis Bad Kissingen ins Rennen gehen. Am Samstag nominierte der SPD-Unterbezirk Rhön-Haßberge die 56-jährige Maßbacherin offiziell bei seiner Versammlung in der Frauengrundhalle in Ebern. Von den 55 anwesenden SPD-Mitgliedern stimmten 51 für Dittmar, die sich als einzige um den Platz als Wahlkreiskandidatin beworben hatte – eine Zustimmung von 93 Prozent.
Vorfreude auf einen "tollen Wahlkampf"
"Ich freue mich auf einen tollen Wahlkampf mit euch", sagte Dittmar nach ihrer Nominierung. Seit 2013 sitzt die studierte Medizinerin im Bundestag. Davor hatte sie als Ärztin gearbeitet, zunächst in Krankenhäusern, dann in einer eigenen Praxis in Maßbach, bis sie diesen Beruf zugunsten der Politik aufgab. Sie wurde erst in den Landtag, dann in den Bundestag gewählt. Auch bei den Bundestagswahlen 2013 und 2017 war sie Direktkandidatin der SPD für den Wahlkreis Bad Kissingen, der aus den Landkreisen Bad Kissingen, Haßberge und Rhön-Grabfeld besteht. In den Bundestag kam sie allerdings über ihren Listenplatz – das Direktmandat hatte beide Male CSU-Kandidatin Dorothee Bär gewonnen.
Welchen Listenplatz Sabine Dittmar diesmal bekommen wird, steht derweil noch nicht fest. Jürgen Hennemann, Bürgermeister von Ebern und SPD-Unterbezirksvorsitzender, versprach jedoch, sich bei der Reihungsversammlung dafür einzusetzen, sie auf der Liste weit nach vorne zu bringen.
Lange war nicht klar, ob die Versammlung stattfindet
Hennemann, der auch die Versammlungsleitung übernommen hatte, sagte zu Beginn der Veranstaltung: "Wir haben lange überlegt, ob wir diese Konferenz in Präsenz abhalten sollen." Immerhin wolle die SPD in Zeiten der Corona-Pandemie nicht zur Verbreitung des Virus beitragen – auch wenn die Parteiarbeit nicht unter das Vereinsrecht, sondern unter das Versammlungsrecht fällt, womit bestimmte Parteiveranstaltungen selbst bei höheren Inzidenzwerten noch erlaubt sind. Am Tag der Veranstaltung lag die 7-Tage-Inzidenz unter 35, damit sei es verantwortbar, sie abzuhalten, betonte der Unterbezirksvorsitzende.
"Danke, dass ihr unter den erschwerten Bedingungen hier seid", sagt Sabine Dittmar zu Beginn. In ihrem Rechenschaftsbericht betonte die Bundestagsabgeordnete: "Das Arbeiten im letzten Jahr war wirklich ein schwieriges." Am 27. Januar wurde der erste Corona-Fall in Deutschland festgestellt. "Seitdem bestimmt dieses Thema meine Arbeit in Berlin", sagte Dittmar, die in der SPD-Bundestagsfraktion den Posten als gesundheitspolitische Sprecherin hat.
Keine Zeit für Talkshows
In diesem Zusammenhang ging Dittmar auch auf die Kritik ein, die in den vergangenen Monaten sowohl Journalisten als auch Satiriker an ihrem Parteifreund Karl Lauterbach geäußert hatten: Obwohl Medizinerin Dittmar die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion ist, war vor allem Medizin-Professor Lauterbach durch seine zahlreichen Fernsehauftritte in den letzten Monaten zum Gesicht der SPD-Gesundheitspolitik geworden. Sabine Dittmar sagte über ihre Funktion als Gesundheitspolitikerin: "Das ist Arbeit, da hast du keine Zeit für Talkshows!" Sie wolle auch nicht mit Lauterbach um Aufmerksamkeit buhlen oder einen Twitterkrieg gegen ihren Parteifreund führen.
Sabine Dittmar teilte auch gegen FDP-Politiker Christian Lindner aus, der sich mit dem Satz "Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren" um die Verantwortung gedrückt habe. Im Nachhinein betrachtet sei es allerdings besser gewesen, dass die schwarz-grün-gelbe Koalition damals nicht zustande kam. "Im Rückblick auf die letzten drei Jahre bin ich froh, dass wir mit in der Regierung waren." Gerade den Umgang mit der aktuellen Krisensituation hätte sie vielen anderen Parteien nicht zugetraut.
Unverständnis über das Wirtschaftsministerium
Dittmar betonte auch, sie sei "nach wie vor massivst beunruhigt, auch mit schlaflosen Nächten". Denn noch immer sei es schwierig, andere Bundespolitiker davon zu überzeugen, wie wichtig die Maßnahmen gegen die weitere Ausbreitung von Corona seien. Auch einige ihrer eigenen Parteifreunde seien bei dem Thema durchaus skeptisch, vor allem diejenigen, die aus dem Kulturbereich oder anderen Branchen kommen, die wirtschaftlich unter den Einschränkungen leiden.
Dabei stehe Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern noch recht gut dar. Beispielsweise durch Mittel wie das Kurzarbeitergeld, "auf das ganz Europa neidvoll blickt", ließe sich den Menschen in der Krise helfen. Die von vielen Seiten kritisierten Verzögerungen bei der Auszahlung von Überbrückungshilfen seien dagegen nicht die Schuld der SPD, sondern vor allem der unionsgeführten Ministerien: "Auch wir blicken mit Unverständnis auf das Wirtschaftsministerium unter Altmaier."
Kam der Lockdown zu spät?
Dittmars Ansicht nach hätte es in Deutschland im Herbst schon viel früher einen harten Lockdown geben müssen. Dass die Infektionszahlen jetzt endlich sinken, gebe auch denen Recht, die schon lange härtere Maßnahmen gefordert haben. So bezeichnete Dittmar auch die nun beschlossenen Möglichkeiten, die Schulen wieder zu öffnen, als fatale Entscheidung. Sie warnte vor den neuen Corona-Mutationen und sagte: "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht ungebremst in eine dritte Welle rauschen."
Dittmar zeigte sich auch erschrocken darüber, "an was für Zahlen wir uns mittlerweile gewöhnt haben". Immerhin sei es mittlerweile in Deutschland schon ein Grund zur Freude, wenn es an einem Tag "nur" 500 Corona-Tote zu beklagen gibt.
Umgang mit Andrea Nahles: "einer sozialdemokratischen Partei unwürdig"
Die Bundestagsabgeordnete hielt sich auch mit Kritik an der eigenen Partei nicht zurück, was den Umgang mit der ehemaligen Parteivorsitzenden Andrea Nahles angeht. Diese war nach massivem Druck aus den eigenen Reihen von ihren Ämtern zurückgetreten. "Man mag sie mögen, man mag sie nicht mögen. Aber wie unsere Partei damals mit ihr umgegangen ist, ist einer sozialdemokratischen Partei unwürdig", machte Sabine Dittmar ihre Meinung deutlich.
Nicht nur die Direktkandidatin wurde am Samstag von ihrer Partei nominiert. Die Genossen wählten auch die Delegierten für die Landesvertreterversammlung am 13. März in Schwabach, bei der über die Reihenfolge der Listenplätze bei der Bundestagswahl entschieden wird. Als Delegierte schickt der Unterbezirk Rhön-Haßberge Sabine Dittmar, Jürgen Hennemann und Lara Albert nach Schwabach, als Ersatzdelegierte wurden René van Eckert, Paul Hümmer und Dieter Britz gewählt.