
Ein großes Publikum verfolgte in den vergangenen Wochen auf RTL das Schicksal von insgesamt neun Hunden aus Tierheimen in ganz Deutschland. Um sie ging es in der Doku-Serie "Die Unvermittelbaren", in der sich der prominente Hundetrainer Martin Rütter und sein Team darum bemühten, die Vierbeiner fit für ein neues Zuhause zu machen. Mit dabei waren auch zwei Hunde aus unterfränkischen Tierheimen: "Axel" aus Würzburg und "Mäuschen" aus Zell im Landkreis Haßberge, die beide in der Sendung erfolgreich vermittelt werden konnten.
Manchmal braucht es Zeit, Vertrauen aufzubauen
Doch nicht alle Tierheimbewohner haben das Glück, Unterstützung durch eine TV-Sendung zu bekommen. So warten auch in Zell einige Tiere weiterhin auf eine Vermittlung. Darunter ist so mancher schwieriger Fall. Dabei ist Tierheimleiterin Britta Merkel überzeugt, dass viele von ihnen tolle Haustiere abgeben könnten. Aber: Wer ihnen eine Chance geben will, muss bereit sein, einiges an Arbeit hineinzustecken. "Wir sind voll mit solchen Kandidaten, in die man Zeit investieren muss", sagt Merkel.
Einer davon ist Wulfi. "Unser längster Insasse", berichtet Merkel. Seit knapp vier Jahren gibt es das Tierheim, einen Monat nach der Eröffnung zog der Hund ein. Im Gang mit den Hundezimmern wird schnell klar, warum es Wulfi schwerfällt, ein neues Heim zu finden. Der Hund bellt, knurrt und zeigt seine Zähne. Und die sind in der Vergangenheit auch schon zum Einsatz gekommen, berichtet Britta Merkel: Der Hund hat mehrfach gebissen.

Doch Wulfi kann auch ganz anders, was die Tierheimleiterin eindrucksvoll unter Beweis stellt. Sie öffnet die Tür, betritt den Raum, in dem der Hund untergebracht ist und das Tier wirkt wie ausgewechselt. Zu Britta Merkel ist er freundlich, er lässt sich streicheln. "Er ist ein ganz Lieber, er lässt sich gern kuscheln", berichtet die Tierschützerin. Und das nicht nur bei ihr. "Es braucht eine Woche, bis er sich angefreundet hat", sagt Merkel.
Wer diesen Hund aufnehme, habe also die Aussicht, ein liebes Haustier zu bekommen - mit einer Einschränkung: Wulfi wird wohl auch weiterhin Stress machen, wenn er unbekannten Menschen begegnet. Darauf müssen die neuen Besitzer vorbereitet sein, wenn Besuch kommt.
Ein Fall von Animal-Hoarding, der ganz Bayern beschäftigt hat
Bei Wulfi sieht Merkel also durchaus die Chance auf eine Vermittlung. Doch es gibt auch härtere Fälle. "Sascha ist ein Kandidat, der das Tierheim nicht mehr verlassen wird", sagt Merkel. Die beiden Hunde Sascha und Rolfi stammen aus einem Fall von Animal-Hoarding in der Region Ingolstadt. In der Folge mussten im November 2018 insgesamt 134 Hunde auf Tierheime in ganz Bayern verteilt werden. "Alle, mit denen ich gesprochen habe, haben noch Restbestände", sagt Merkel.
Gerade Sascha sei mehr als nur ein "Angsthund", das Tier habe regelrechte Panik vor Menschen. Sobald ein Mensch auch nur in die Nähe kommt, rennt der Hund in die entferntestes Ecke, kauert sich zusammen und blickt panisch in Richtung des Besuchers. "Da ist wohl in der Prägephase was schiefgelaufen", sagt Merkel. Das sitze bei dem Hund "so tief drin", dass sich daran auch nichts mehr ändern werde. Bei Rolfi sehe sie zwar noch eher die Möglichkeit, dass er mit Menschen warm werden könnte. Doch es sei nicht möglich, die beiden Hunde zu trennen.

Die Gründe, warum es den Tieren schwerfällt, ein neues Zuhause zu finden, können ganz unterschiedlich sein. So kann Britta Merkel Hund Bruno problemlos aus seinem Zimmer holen und mit ihm auf einer Wiese spielen. Die Anwesenheit anderer Menschen ist kein Problem. Aber: "Er braucht Leute mit einem ganz dicken Geldbeutel", sagt Merkel. Denn Bruno ist ein Old English Bulldog – eine Rasse, die einige Probleme mitbringt.
Wenn überzüchtete Tiere Gesundheitsprobleme bekommen
Wie Britta Merkel und Martin Rütter schon in der Sendung "Die Unvermittelbaren" am Beispiel der Bernhardiner erklärt haben: Manche Hunderassen sind mittlerweile so stark überzüchtet, dass sie viele Gesundheitsprobleme haben. Das treffe auch auf den Old English Bulldog zu, weshalb Bruno viel medizinische Hilfe brauche. "Das ist definitiv ein Hund, der sein Leben lang Geld kosten wird."
Einer, der sofort seine Zähne zeigt, ist der schwarze Schäferhund Aik. Dieser musste erst mit einem Narkosegewehr betäubt werden, um ihn ins Tierheim bringen zu können, berichtet Merkel. "Typisch Schäferhund: Er liebt seine Menschen, aber ist aggressiv gegenüber Fremden." Ein weiteres Problem: Da dem Hund ein Ohr abgenommen werden musste, ist es nicht möglich, ihm einen Maulkorb anzulegen, der hinter den Ohren befestigt werden müsste. Für eine Aufgabe sei Aik aber gut geeignet: "Er wäre ein guter Wachhund", sagt die Tierheimleiterin.
Manche Hunde sind nichts für Anfänger
Wenn Hunde lieb und brav sind, sei die Vermittlung dagegen kein Problem. "Die Leute schicken Selbstauskünfte und wir suchen den besten Platz aus", sagt Merkel. Doch im Moment gebe es im Tierheim eben eine ganze Menge Hunde, bei denen es nicht so leicht geht. "Das sind die Klassiker, die jedes Tierheim hat, nur wir sind voll damit", berichtet Britta Merkel, und stellt noch drei weitere Hunde vor, die sich aus verschiedenen Gründen schwertun.

Darunter Lenny, ein altes Tier, das sein Leben lang als Hofhund gehalten wurde und niemals in einen geschlossenen Raum gehen würde. Ein weiterer Fall ist Blomi, ein Hund mit starker Ressourcenverteidigung. Sprich: Sobald er Futter, Spielzeug oder etwas anderes hat, das er nicht hergeben möchte, wird der ansonsten brave Hund sehr aggressiv. "Der neue Besitzer muss an dem Problem weiter arbeiten, das ist nichts für Anfänger", sagt Merkel. Und dann wäre da noch Hündin Yvi, die die Tierheim-Chefin als "total lieb" beschreibt. Das Problem: Die Rasse Cane Corso steht auf der Liste der als gefährlich eingestuften Hunde und darf daher nur mit Wesenstest gehalten werden.
Nicht nur Hunde sind betroffen
Schließlich erwähnt Britta Merkel auch noch, dass es neben den Hunden noch andere Tiere gibt, deren Vermittlung sich schwierig gestaltet. So habe das Tierheim einige Katzen, die sich nicht mehr zähmen lassen. Eben deswegen finden sie bei Besuchern, die sich einen Stubentiger zum Kuscheln wünschen, keinen Abnehmer. Merkel hofft nun, diese Katzen an einen Bauernhof vermitteln zu können, wo sie unbehelligt draußen leben und Mäuse fangen können.

Und dann wären da noch drei Meerschweinchen, die im Sommer 2021 im Tierheim geboren wurden. Die Schwierigkeit hierbei: Die Tiere sind als Gruppe aneinander gewöhnt und werden nur zusammen abgegeben. Meerschweinchenhalter suchen dagegen oft einzelne Tiere, um nach dem Tod eines Meerschweinchens die Herde wieder "aufzufüllen". Ein Platz für das Dreiergespann ist daher eher schwer zu finden.
Britta Merkel gibt die Hoffnung dennoch nicht auf, all diese Tiere irgendwann vermitteln zu können. Denn: "Das schönste Tierheim kann keine eigene Familie ersetzen."