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Hohnhausen
Plötzlich Lebensretter: Wie Rainer Sieke aus Hohnhausen eine Frau in Kroatien vor dem Ertrinken rettete
Der 70-Jährige rettete einer Frau das Leben und erhielt dafür im Mai die Christophorus-Medaille. Über die dramatische Rettungsaktion vor der kroatischen Küste.
Rainer Sieke präsentiert stolz die Christophorus-Medaille, die ihm im Mai dieses Jahres verliehen wurde, weil er eine Frau im Mittelmeer vor dem Ertrinken bewahrt hat.
Foto: Anna Pötsch | Rainer Sieke präsentiert stolz die Christophorus-Medaille, die ihm im Mai dieses Jahres verliehen wurde, weil er eine Frau im Mittelmeer vor dem Ertrinken bewahrt hat.
Anna Pötsch
 |  aktualisiert: 31.08.2024 02:36 Uhr

Schwarze Krawatte und Hemd sind nicht meins", erklärt Rainer Sieke, während er stolz das Bild präsentiert, auf dem er gemeinsam mit dem Bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Parteivorsitzenden Markus Söder posiert. Dank seines auffälligen Hemds, das von seiner eigens kreierten Comicfigur "Erwin, die Wuzzz" geziert wird, hat es der Wahl-Hohnhäuser auf das Titelblatt einer Ausgabe der Münchner Zeitung "tz" geschafft.

Viele bekannte und interessante Menschen habe er in seinem Leben als Künstler bereits kennengelernt, da sei Herr Söder nur ein "Tropfen auf dem heißen Stein" gewesen. Dennoch war es Sieke eine besondere Ehre, im Mai dieses Jahres in München die Christophorus-Medaille verliehen zu bekommen, zwei Jahre nachdem er eine ältere Dame im Mittelmeer vor dem Ertrinken gerettet hat.

Beim "Insel-Hopping" ereignete sich nahe Split das Unglück

Weil sie sich in ein altes Forsthaus verliebt hatten, zog es Sieke und seine Frau Brigitte vor 30 Jahren ins unterfränkische Hohnhausen. Mit einem zweiten Standbein blieb der gebürtige Würzburger jedoch im 40 Minuten entfernten Werneck verwurzelt, wo die Firma "Sieke Design" residiert, die er gemeinsam mit seinem Sohn vor vielen Jahren gegründet hat. Mittlerweile ist der 70-Jährige jedoch nur noch Angestellter, weshalb er mehr Zeit hat, um mit seiner Frau auf Reisen zu gehen.

So auch im Frühsommer des Jahres 2022. Mit einer 50-Meter-Yacht eines lokalen Reiseunternehmens fuhren das Ehepaar und 35 weitere Reisende die kroatische Küste entlang. Dabei ankerten sie jeden Tag in einer anderen schönen Bucht und hatten die Möglichkeit, aufs Wasser hinauszuschwimmen. Das "Insel-Hopping", wie es vom Reiseunternehmen bezeichnet wird, ist eine Möglichkeit, mehrere Orte auf einmal zu erkunden.

Rainer Sieke vor einer Tapete des kroatischen Meers, die den Garten des Unternehmenssitzes 'Sieke Design' in Werneck ziert.
Foto: Anna Pötsch | Rainer Sieke vor einer Tapete des kroatischen Meers, die den Garten des Unternehmenssitzes "Sieke Design" in Werneck ziert.

Das Schiff war schon einige Tage unterwegs, als sich am 9. Mai das Unglück in der Nähe des beliebten Küstenortes Split ereignete. Das Datum könne er sich besonders gut merken, weil er einen Tag zuvor Geburtstag hatte, sagt der Hohnhäuser. Sieke war einer der letzten Reiseteilnehmer, die das Wasser verließen, als er beobachtete, wie der Kopf einer älteren Dame, der Reiseteilnehmerin Christa Kestler aus Bad Kissingen, plötzlich unter Wasser geriet.

Im Rettungsgriff zog Rainer Sieke die Frau durchs Wasser

Aufgrund der windigen Wetterlage habe er die Frau, die sich etwa acht Meter entfernt befand, in weiser Voraussicht bereits wenige Minuten zuvor im Blick behalten, erinnert sich der 70-Jährige. Ohne zu zögern, sprang er kopfüber ins Wasser und steuerte auf die Dame in Not zu, die augenscheinlich bereits das Bewusstsein verloren hatte. Mit aller Kraft zog er die Frau im Rettungsgriff durch das Wasser. Das fühle sich in einer Situation wie dieser so an, als kämpfe man gegen eine Wand, berichtet der Hohnhäuser.

Christa Kestler und ihr Lebensretter Rainer Sieke: Nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus konnte sie wieder auf das Schiff zurückkehren.
Foto: Brigitte Sieke | Christa Kestler und ihr Lebensretter Rainer Sieke: Nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus konnte sie wieder auf das Schiff zurückkehren.

Am Boot angekommen, machte sich Sieke lauthals bemerkbar. Bisher hatte noch niemand etwas von der Notsituation mitbekommen. Drei weitere Reiseteilnehmende eilten daraufhin herbei und zogen Christa Kestler aus dem Wasser. Ein schwieriges Unterfangen, bedenkt man, dass die Frau über eine einfache Bootsleiter an Bord gehoben werden musste. Ein vierter, zum Ersthelfer ausgebildeter Mitreisender leistete Hilfe und befreite sie von dem Wasser in ihrer Lunge. Wenige Minuten später kam Kestler wieder zu sich und wurde per Rettungsboot und Sanitätswagen in die Klinik von Split eingeliefert.

Plötzlich kam Christa Kestler im Wasser nicht mehr vom Fleck

Christa Kestler, die seit dem Tod ihres Mannes häufig alleine auf Reisen geht, hatte die Kraft, die sie für die Rückkehr zum Boot brauchte, wohl falsch eingeschätzt. Die 76-Jährige erinnert sich noch gut an die Situation. Obwohl sie sich selbst als eine sichere Schwimmerin bezeichnet, sei sie plötzlich nicht mehr vom Fleck gekommen, berichtet sie. Im Wasser hatte sich eine Art Sog gebildet. Angestrengt habe sie versucht, sich aus der Kraft des Meeres zu befreien, ihr Kopf sei jedoch immer wieder unter Wasser gedrückt worden.

Sie habe begonnen, heftig zu schnaufen und auch ihre Kraft sei geschwunden – und dann habe sie noch gesehen, wie ein Arm nach ihr griff. Beim Anblick des Arms habe sie gedacht: "Jetzt muss ich nicht ertrinken." Als nächstes erwachte sie auf dem Boot. Glücklicherweise war der Hohnhäuser rechtzeitig zur Stelle gewesen. Seiner schnellen Reaktion hat die Frau ihr Leben zu verdanken. Nach mehreren Tagen im Krankenhaus konnte Kestler zur Erleichterung aller wieder auf das Schiff zurückkehren.

Lebensretter Rainer Sieke mit Ministerpräsident Markus Söder bei der Verleihung der Christophorus-Medaille am 3. Mai 2024 in München.
Foto: Bayerische Staatskanzlei | Lebensretter Rainer Sieke mit Ministerpräsident Markus Söder bei der Verleihung der Christophorus-Medaille am 3. Mai 2024 in München.

Im Laufe seines Lebens habe er schon häufig bei ihm vertrauten Menschen beobachten müssen, wie schnell alles vorbei sein kann, sagt Sieke. Dieses Erlebnis habe ihn nur erneut daran erinnert. Auf die Frage, ob er vorher darüber nachgedacht habe, dass die Aktion auch für ihn selbst gefährlich sein könnte, antwortet er: "Nein, keine Sekunde. Das war ein Reflex." Er betrachtet seine Tat vielmehr als Selbstverständlichkeit.

Verbunden durch die Rettungsaktion steht Sieke mit den anderen beteiligten Lebensrettern auch heute noch in Kontakt. Mit Christa Kestler, die auch nach diesem großen Schrecken nicht den Mut zum Reisen verloren hat, waren er und seine Frau Brigitte mittlerweile sogar erneut auf Urlaubsreisen unterwegs. Und jedes Jahr aufs Neue würden sie seitdem gemeinsam Kestlers "zweiten Geburtstag" feiern.

 
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