Manfred Kremer alias "Handymanni" in Ebelsbach sagt es ganz deutlich: "Wenn ich für jeden Tag, den ich geöffnet habe, einen Wachmann von der Security an die Tür stellen würde, um Impfausweise zu kontrollieren, müsste ich dafür 9000 Euro im Monat bezahlen. Dann bräuchte ich gar nicht mehr zu öffnen." Seit Mittwoch gilt im Einzelhandel 2G. Das bedeutet ein Zutrittsverbot für ungeimpfte Bürgerinnen und Bürger. Ins Geschäft darf nur, wer einen gültigen Impf- oder Genesenen-Nachweis vorzeigen kann. Und das muss auch sorgfältig im Geschäft kontrolliert werden, sagt die Vorschrift der Staatsregierung unzweideutig.
Von dieser 2G-Regelung sind Geschäfte mit Dingen des täglichen Bedarfs ausgenommen. Das sind zum Beispiel Bau- und Supermärkte, Lebensmittelhandel und Tierfutterläden, Buchhandlungen und Blumenfach- sowie Schuhgeschäfte. Da hakt Sonja Schneider-Will gleich ein. Die Inhaberin des Hofheimer Modegeschäftes "Feelgood" versteht nicht, warum für Schuhgeschäfte diese Einschnitte nicht gelten, unter denen nun ihr Textilgeschäft leidet.
Auch Polizisten müssen ihren Impfstatus darlegen
Sie könnte sich auch eine politisch gerechtere Lösung des Problems vorstellen: "Mal 14 Tage alles dichtmachen, auch die Fabriken. Damit keiner mehr auf die Straße muss." Sie könnte sich auch ausmalen, es würden sich mehr Menschen impfen lassen, wenn die Krankenkassen die Behandlungskosten für ungeimpfte Corona-Patienten auf Intensivstationen nicht mehr übernähmen. "Corona macht den Einzelhandel kaputt", ist ihr klares Resümee. Jetzt müsste sie für das nächste Jahr bereits den Warenbedarf ordern. "Aber ich weiß ja nicht, kommt nächsten Herbst wieder was?"
Die Umsetzung der Kontrollaufgaben für ihre Kunden bereite ihr keine Probleme. "Die Leute, die ins Geschäft kommen, wissen alle Bescheid und zeigen gleich ihren Impfpass vor." Und sie lässt keinen Zweifel daran, dass sie hier große Sorgfalt walten lässt. Auch Polizisten, die zum Zwecke der Überprüfung ihr Geschäft betreten wollten, würde sie nämlich erst einmal ihren Impfstatus darlegen lassen. Wenn schon, denn schon: 2G für alle.
Die Ungeimpften sind das Problem
Mit deutlichen Umsatzeinbußen rechnet auch Michael Schlegelmilch vom gleichnamigen Expert-Elektronikmarkt in Haßfurt. Ihn nervt, dass die Politik es versäumt habe, eine Impfpflicht anzuordnen. Vielmehr werde versucht, die Nichtgeimpften von der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben auszuschließen und so zur Impfung zu bringen. Diese "Feigheit wird nun auf unserem Rücken ausgetragen". Der Gesamthandel werde dafür "bestraft, dass Ungeimpfte sich nicht impfen lassen". Michael Schlegelmilch will aber unbedingt vermeiden, einen Keil zwischen ungeimpfte und geimpfte Bürgerinnen und Bürger zu treiben. "Wir sind ein freies Land und haben eben keine Impfpflicht." Dennoch fühle er sich irgendwie als Sündenbock.
Und nach welchen Kriterien werde die Einteilung der "Dinge des täglichen Gebrauchs" vorgenommen? Warum dürfe der Baumarkt nebenan ohne 2G-Auflagen öffnen? "Wissen die in der Regierung gar nicht, dass Weihnachten unsere Hauptzeit im Jahr ist? Von der wir leben?" Das sei nun schon das zweite Weihnachtsgeschäft, das betroffen ist. "Rund ein Drittel unserer Kunden ist quasi ausgesperrt", sagt Schlegelmilch. In den Förderrichtlinien sei jedoch eine Umsatzeinbuße von 50 Prozent Voraussetzung für einen Antrag. "Dabei kann man das leicht ausrechnen. Eine Impfquote von 67,5 Prozent bedeutet bei 2G einen Umsatzrückgang von rund einem Drittel." Aber die fehlten ihm in seiner Kasse. "Und die würde ich gerne an meine Mitarbeiter ausbezahlen", zumal es ohnehin derzeit schwer sei, qualifiziertes Fachpersonal zu bekommen. Und zu behalten.
"Click & collect" als Möglichkeit
Apropos Fachpersonal. Zur Kontrolle der Impfnachweise müsse jetzt ein Mann aus diesem Fachpersonal abgestellt werden, zu dessen Vertretung ein zweiter. Beide fehlten in der Beratung, die für den Fachmarkt aber eine große Rolle spielt. "Was das kostet! Aber das interessiert die Regierung doch nicht." Die Kontrollen verliefen im Großen und Ganzen unaufgeregt. Ein Kunde habe sich geweigert, seinen Impfnachweis vorzulegen. Er war der Meinung, kontrollieren dürfe nur die Polizei. Außerdem wollte er nicht, dass seine Daten gescannt würden. Erst nach ausführlicher Aufklärung darüber, dass das Lesegerät eben nur lese und nicht speichere, habe er sich kontrollieren lassen.
"Wir versuchen, alle Register zu ziehen, um den Kauf für unsere Kunden so angenehm wie möglich zu gestalten und uns gleichzeitig genau an die Vorschriften zu halten", verweist Schlegelmilch seine ungeimpften Kunden auf die Möglichkeit, im Internet "click & collect" zu nutzen, verbunden mit einem Abholservice. Und auch vor Ort erscheinenden Kunden, die den Laden nicht betreten dürften, würde man gerne die gewünschte Ware vor die Tür bringen.
Manfred Schweiger betreibt zwei Bekleidungsfachgeschäfte in Haßfurt, "Mode für Männer" und "Frauensache". Er erwartet ebenfalls spürbare Umsatzeinbrüche, aber er zeigt sich etwas nachsichtiger mit der großen Politik. "Ich bin froh, dass wir nicht ganz schließen müssen und ich hoffe, dass wir die Geschäfte offen lassen dürfen." Immerhin herrsche gerade eine Pandemie und eigentlich könne man dankbar sein, "wie gut wir bisher durch die Situation gekommen sind". Es gebe etliche Branchen, denen es deutlich schlechter gehe.
Die 2G-Verpflichtungen hätten bislang keine Probleme verursacht, sagt Schweiger. "Wir haben ja alles im Blick." Zwei Minuten, dann sei jeweils die 2G-Tauglichkeit ausgewiesen. Lediglich zwei Kunden hätten ihren Impfnachweis im Auto vergessen und diesen holen müssen. Es sei alles unkompliziert verlaufen. Auf die Idee, die Polizeibeamten auf einen Impfnachweis zu kontrollieren - wie seine Kollegin in Hofheim -, sei er allerdings noch nicht gekommen, schmunzelt Schweiger. Denn die Ordnungshüter seien gleich am ersten Tag bei ihm - und in etlichen anderen Geschäften in Haßfurt - vorstellig geworden und hätten die Einhaltung der Vorschriften überwacht. Ohne Beanstandungen, natürlich.
Ausnahme von 2G-Regelung für Geschäfte des täglichen Bedarfs:
• Getränkemärkte
• Schuhgeschäfte
• Reformhäuser
• Babyfachmärkte
• Apotheken
• Sanitätshäuser
• Drogerien
• Optiker
• Hörakustiker
• Tankstellen
• Stellen des Zeitungsverkaufs
• Buchhandlungen,
• Blumenfachgeschäfte
• Tierbedarfsmärkte
• Futtermittelmärkte
• Bau- und Gartenmärkte (auch der Weihnachtsbaumverkauf)
• und der Großhandel.