
Seit dem 11. Januar ist der Abholservice "Click & Collect" in Bayern erlaubt. Das Prinzip ist einfach: Der Kunde bestellt die gewünschte Ware per Telefon oder über das Internet und holt diese kontaktlos beim Händler ab. Doch wie gut funktioniert der neue Service in Hofheim?
In der Stadt habe sich das Abholsystem bereits etabliert, sagt Bürgermeister Wolfgang Borst: "Viele Gewerbetreibende bieten es bereits an und wir haben schon eine Reihe positiver Rückmeldungen bekommen, dass es gut funktioniert." In Hofheim sind die Einzelhändler und Einzelhändlerinnen kreativ geworden und bieten verschiedene Varianten des "Click & Collect" an – bestellt werden kann per Telefon, WhatsApp, Facebook oder Instagram.
"Click & Collect" mit Facebook und Instagram
Im Hofheimer Sonderpreis Baumarkt funktioniert das "Click & Collect"-System ähnlich wie in großen Möbelgeschäften, erklärt Filialleiterin Jasmin Lenhart: "Unsere Kunden reservieren ihre Artikel online oder rufen uns an. Die Ware können sie dann während unserer Öffnungszeiten abholen."
Ihre Kunden finden das gut: "Das wird sehr gut angenommen. Die erste Woche war es etwas ruhiger, aber mittlerweile haben wir zwischen 30 und 40 Kunden am Tag und es werden immer mehr", sagt Lenhart. Damit sie mit ihrem Team hinterherkommt und die Kontakte bei der Abholung reduziert werden, kommen die Kunden im Viertelstundentakt zur Abholung.
Im Hofheimer Geschenkladen "Först Deko- und Geschenkartikel" gehen die meisten Bestellungen per Telefon ein oder über ihre Facebook-Seite, sagt Inhaberin Ingrid Förster: "Ich poste unsere Produkte regelmäßig auf Facebook und dekoriere die Schaufenster alle zwei bis drei Wochen neu." Bei der Abholung richtet sich die Einzelhändlerin nach ihren Kunden: "Entweder kommen sie während der Öffnungszeiten vorbei oder wir vereinbaren einen Termin. Gezahlt wird dann im Laden."
Die Hofheimer Modegeschäfte setzen vor allem auf Social Media, so wie Sonja Schneider-Will: "Ich mache Fotos von unseren neuen Produkten und poste diese auf Facebook und Instagram." Seit rund 17 Jahren betreibt sie in Hofheim die Modegeschäfte "Feelgood" und "Viva La Diva". Bei ihrer Kundschaft hat sich vor allem WhatsApp als eine Art Newsletter bewährt, um sich auf dem Laufenden zu halten. Neu ist das aber nicht: "Das machen wir schon seit Jahren so, aber im Lockdown nutzen das jetzt mehr Kunden als zuvor."

Auch Martin und Andrea Schamberger vom "Wolllädele Chaotisch bunt" setzen neben dem Telefon auf die Sozialen Netzwerke: "Gerade unsere jüngeren Kunden schreiben uns auf Instagram oder über den Facebook-Messenger", sagt Andrea Schamberger.
Vor der "Click & Collect"-Regelung haben sie die Bestellungen im Stadtgebiet sogar ausgeliefert, das fällt nun weg: "Click & Collect ist eine Erleichterung für uns. Wir vereinbaren Abholtermine und vor unserem Laden steht ein Abholbänkchen, wo bezahlt und übergeben wird."
Lockdown: Was fehlt, ist der Kontakt zur Kundschaft
Fotografieren, Status-Updates verfassen, Ware zusammenstellen, Rechnungen schreiben und Abholtermine vereinbaren – "Click & Collect" ist arbeitsintensiv.
Doch im Gespräch mit den Einzelhändlerinnen wird klar: Nicht in Vergessenheit zu geraten, ist ihnen wichtiger, als der zusätzliche Aufwand. "Es ist schon ein Mehraufwand. Ich verbringe ganz viel Zeit am Smartphone und am PC, aber das mach ich gerne", sagt Andrea Schamberger vom Wolllädele.
Doch der Mehraufwand wird auch honoriert, wie sie sagt: "Viele Kunden fragen zuerst nach, ob wir ein Produkt haben, bevor sie es im Internet bestellen. Das Bewusstsein den lokalen Handel zu unterstützten ist da und wir sind für jeden Kunden dankbar."
"Click & Collect" lebt auch vom Vertrauen. Zuhause anprobieren und per Rechnung zahlen, "in einer kleinen Stadt geht das", sagt Sonja Schneider-Will. Wegen des Lockdowns führt die Fachfrau die Beratungsgespräche nun am Telefon: "Die Kunden sagen mir, nach was sie suchen und ich stelle ihnen verschiedene Größen oder Modelle zusammen, die sie zuhause in Ruhe anprobieren können. Was ihnen gefällt, behalten sie und und überweisen den Betrag. Die restlichen Klamotten bringen sie wieder zurück."
Mit "Click & Collect" lebe der Kontakt zur eigenen Kundschaft wieder auf, so Bürgermeister Wolfgang Borst: "Es fördert die Kundenbindung, obwohl die Ladentüren offiziell geschlossen sind." Das findet auch Einzelhändlerin Ingrid Först, "die Idee ist grundsätzlich gut, weil man nicht ganz in Vergessenheit gerät".
Rentiert sich "Click & Collect" für den Einzelhandel?
Doch lohnt sich der neue Abholservice auch für den lokalen Handel? "Den normalen Umsatz wird es nicht ersetzen, aber immerhin hat man die Möglichkeit, überhaupt Umsatz zu generieren", da sind sich Bürgermeister Borst und die Hofheimer Einzelhändlerinnen einig.
"Es lohnt sich nicht wirklich", sagt Sonja Schneider-Will. "Normalerweise haben wir inklusive Laufkundschaft zwischen 20 bis 40 Kunden am Tag. Jetzt sind es im Schnitt drei bis zehn, die meisten davon Stammkunden". Für sie bleibt es "ein Tropfen auf dem heißen Stein". Aber: "So können wir immerhin unsere Winterware verkaufen und bleiben im Gespräch."
Für Ingrid Försts Geschäft fallen jegliche Anlässe zum Kaufen weg: "Für Geschenke gibt es gerade keinen Markt, es darf ja nicht gefeiert werden." Seit rund 25 Jahren betreibt sie den Deko- und Geschenkladen in Hofheim, wegen des Lockdowns bleiben die Kunden aus: "Aktuell habe ich im Schnitt ein bis zwei Kunden am Tag. Immerhin bin ich in der glücklichen Lage, über meinem Laden zu wohnen, deswegen ist das für mich in Ordnung."
Jasmin Lenhart vom Sonderpreis Baumarkt ist froh, überhaupt wieder arbeiten zu können: "Click & Collect ist schon aufwendiger als der Normalbetrieb, weil wir den Kunden die Warenkörbe erst noch zusammenstellen müssen. Aber wir sind froh, dass wir das überhaupt anbieten dürfen, und unsere Kunden sind dankbar für den Abholservice."
Keine staatliche Unterstützung für das Wolllädele
Für die Inhaber des "Wolllädele Chaotisch bunt" kommt erschwerend hinzu, dass sie keinen Anspruch auf die staatlichen Hilfen haben: "Das ist unser Dilemma. Der erste Lockdown im Frühjahr war schon hart. Im Herbst wurden wir langsam bekannter, doch dann hat uns der zweite Lockdown im Winter ausgebremst", sagt Andrea Schamberger.
Die staatlichen Hilfen gibt es nur, wenn die Umsätze aus dem Vorjahr auch höher waren als im Corona-Jahr. Weil das Wolllädele aber im Herbst 2019 eröffnet wurde, waren die Einnahmen nun höher: "2020 waren unsere Umsätze im Verhältnis etwas höher als im Eröffnungsjahr, sind aber immer noch auf einem niedrigen Niveau", sagt Martin Schamberger.
Aufgeben werden sie aber nicht: "Wir schauen zuversichtlich in die Zukunft. Wir haben so viele tolle Menschen durch unseren Laden kennengelernt, das gibt uns Hoffnung, dass es nach dem Lockdown wieder normal weitergehen kann."