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Bamberg/Hofheim
Nach Brandstiftung in Hofheim: Angeklagter zu Freiheitsstrafe verurteilt - aber nicht wegen Mordversuchs
Das Urteil am Landgericht Bamberg am Montag: kein vierfacher Mordversuch. Warum der 36-jährige Angeklagte jetzt nicht ins Gefängnis kommt und was sein Bruder wünscht.
Erfolgreiche Verteidigung: Anwalt Dr. Michael Schulze (links) und der Angeklagte am ersten Prozesstag am Landgericht Bamberg. An diesem Montag, dem fünften Verhandlungstag, fiel das Urteil. 
Foto: Julien Becker | Erfolgreiche Verteidigung: Anwalt Dr. Michael Schulze (links) und der Angeklagte am ersten Prozesstag am Landgericht Bamberg. An diesem Montag, dem fünften Verhandlungstag, fiel das Urteil. 
Redaktion
 |  aktualisiert: 16.06.2023 02:31 Uhr

Kein vierfacher Mordversuch. "Nur" versuchte schwere Brandstiftung, versuchte gefährliche Körperverletzung, einfache Brandstiftung und Sachbeschädigung. Am Landgericht Bamberg war der 36-jährige Angeklagte aus Schweinfurt am Ende selbst überrascht, wie glimpflich er nach seinem Brandanschlag in Hofheim (Lkr. Haßberge) davongekommen war.

"Ich hatte mit wesentlich mehr gerechnet. Ich akzeptiere das Urteil." Noch in seinem allerletzten Wort vor dem Schwurgericht sorgte der Angeklagte an diesem Montag für Aufsehen. Gerade hatte er erfahren, dass er wegen der Brandstiftung im Dezember 2022 in Hofheim eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und sieben Monate erhalten hat. Aber, wie bereits mehrfach im Laufe dieses Prozesses, hatte er schon wieder beste Laune.

Oberstaatsanwalt Michael Hoffmann hatte fast fünfeinhalb Jahre Haft gefordert. Die Kammer folgte in Argumentation und Strafhöhe allerdings Verteidiger Michael Schulze. Der Anwalt aus Schweinfurt hatte mit hartnäckigen Fragen den Brandsachverständigen in Bedrängnis und den Vorwurf des Mordversuchs ins Wanken gebracht.

Vorsitzende Richterin: Tötungsvorsatz war nicht nachweisbar 

Man habe den Tötungsvorsatz in diesem besonderen Fall nicht nachweisen können, selbst wenn dies von außen betrachtet nahegelegen habe, erklärte die Vorsitzende Richterin Marion Schmidt. Der Angeklagte hatte vor der Tat niemanden mit dem Tode gedroht und in der Verhandlung immer wieder beteuert, er habe niemanden umbringen wollen. Außerdem sei anzunehmen, dass er zur Tatzeit so stark unter tagelangem Schlafmangel und starkem Rauschgifteinfluss gestanden habe, dass er in einer Psychose nicht mehr überrissen habe, dass er durch ein Feuer in der Fahrzeughalle seinen Bruder und dessen Familie in tödliche Gefahr bringen würde.

Die Brandstiftung sei eine hochgefährliche Sache gewesen, so die Richterin. Durch die hochgiftigen Rauchgase, die beim Verbrennen des Traktorreifens entstanden waren, habe der Angeklagte die vierköpfige Familie im Stockwerk über der Halle gesundheitlich gefährdet: deshalb versuchte gefährliche Körperverletzung. Doch es habe nur ein Reifen in Flammen gestanden, nicht alle Landmaschinen, der Dieseltank in der Halle oder gar das Gebäude. Und Rauchmelder in der Wohnung hätten wohl Schlimmeres verhindert. "Sie hatten Riesenglück", redete Schmidt dem Angeklagten ins Gewissen.

Sachbeschädigung schon vor dem Brandanschlag

Dazu kamen zwei Vorfälle wenige Wochen vor dem Brandanschlag. Da war der 36-Jährige aus Frust mit einem Kantholz auf zwei Motorräder seines Vaters losgegangen: Sachbeschädigung, wie auch die Brandfolgen an der Fahrzeughalle und den Oldtimer-Traktoren. Warnungen der Polizei und Kontaktverbote zu Vater und Bruder hatten den Angeklagten nach Ansicht des Gerichts nicht mehr erreicht. So sieht die Strafkammer ein ganzes Bündel an Motiven und Auslösern für die Tat: extremer Drogenkonsum, finanzielle Schwierigkeiten, beruflicher Dauerstress, Streitigkeiten mit Vater und Bruder. "Das war offensichtlich zuviel."

Das Gericht ordnete am Montag die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an, die der psychiatrische Sachverständige befürwortet hatte. Die Brandstiftung sei unter massivem Einfluss von Crystal Meth begangen worden. Solange der Angeklagte das Rauschgift nehme, sehe er die Gefahr weiterer schwerer Straftaten, so Dr. Thomas Wenske. Zwei Jahre lang hat der Angeklagte nun die Chance, mit Hilfe einer Therapie von den Suchtmitteln loszukommen: zunächst in der geschlossenen Abteilung eines Bezirkskrankenhauses, später dann im Zuge der Resozialisierung auch mit begleitetem Ausgang.

Wunsch des Bruders: Der Verurteilte soll "wieder so wie früher" werden 

Der Bruder des Angeklagten, dem der Anschlag gegolten hatte, erklärte über seinen Rechtsanwalt Werner Weber aus Gochsheim, er wolle nicht, dass der 36-Jährige lange ins Gefängnis müsse. "Er will, dass sein Bruder seine Sucht unter Kontrolle bekommt und wieder wird wie früher", so Weber. Sollte der Angeklagte die Behandlung abbrechen, dann muss er die Gefängnisstrafe absitzen.

Auf den Entzug der Fahrerlaubnis - der Angeklagte war nach dem Anschlag in berauschtem Zustand nach Meiningen gefahren - verzichtete das Landgericht. "Da werden Sie auf Grund der Crystal Meth-Abhängigkeit sowieso Probleme mit der Führerscheinstelle bekommen."

 
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  • R. S.
    @Mainpost ..."Auf den Entzug der Fahrerlaubnis - der Angeklagte war nach dem Anschlag in berauschtem Zustand nach Meiningen gefahren - verzichtete das Landgericht." Wie kann bei eindeutigen Nachweisen von Verstößen auf die Bestrafung verzichtet werden? Er kommt ja nur in eine Anstalt und bekommt dann Ausgang und kann darf dann munter weiterfahren? Solange er nicht mit Drogenkonsum während der Fahrt erwischt wird passiert auch nichts. Warum sollte er da Ärger mit Führerscheinstelle bekommen wenn die Straftat nicht geahndet wird!? @Mainpost bitte klären! Kann doch nicht ihr ernst sein das aus "Kulanz" auf eine Strafe verzichtet wird! In welchem Land leben wir? Und sowas schreiben sie auch noch öffentlich! Das ist ja eine Straftat des Richters der sie mal nachgehen sollten!
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  • F. H.
    Wieder so ein Kuschelurteil.
    Aber man erwartet ja nichts mehr anderes.
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