
Der Himmel über Ebern ist fast wolkenlos. Ein Mann in neonfarbenem Warnschutzparka verlässt das Betriebsgelände des Valeo-Werks. Er bleibt stehen: "Die Stimmung ist im Arsch", sagt er. Seinen Namen möchte er nicht nennen, aus Sorge vor Nachteilen am Arbeitsplatz. Ob der überhaupt noch sicher sei, nachdem Valeo vor gut einer Woche intern angekündigt hat, jede vierte Stelle am Standort Ebern streichen zu wollen? Das wisse er nicht, sagt der Mann.
Seit über 40 Jahren arbeite er in dem Unternehmen. Schon vor der Übernahme durch Valeo sei es "schleichend bergab" gegangen, "aber das ist extrem, mit diesem Ausmaß hat niemand gerechnet". Der Mann ist der einzige Mitarbeiter, der an diesem Donnerstagvormittag sprechen möchte. Bei vielen sitzt der Schock noch zu tief – oder die Angst.
Erstes Zeichen gegen den geplanten Stellenabbau
Wenige Minuten zuvor hatten der Betriebsrat und die Gewerkschaft IG Metall gemeinsam ein erstes Zeichen gegen den geplanten Stellenabbau gesetzt. Die Vertretungen luden die Belegschaft in der Frühstückspause zu einer 15-minütigen Infoveranstaltung – öffentlichkeitswirksam auf dem Betriebsgelände statt hinter verschlossenen Türen. Hunderte der gut 1100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter folgten dem Aufruf. Die Botschaft sowohl an die Belegschaft in Ebern als auch an die Konzernführung in Paris: Kampflos werden die 280 Arbeitsplätze am Standort nicht aufgegeben.
Erst am Dienstag hatte Valeo bestätigt, 430 Stellen in Deutschland streichen zu wollen. Geht es nach dem Milliardenkonzern aus Frankreich, soll der Sparplan Ebern besonders hart treffen. Arbeitsplätze in den Bereichen Entwicklung, Qualität, Einkauf, Vertrieb und erstmals auch in der Fertigung sollen wegfallen. Als Grund führt der Automobilzulieferer vor allem eine "mangelnde Profitabilität und Wettbewerbsfähigkeit" am Standort Ebern an.
Doch ohne Widerstand dürfte dieser Prozess nicht vonstattengehen. Die Veranstaltung am Donnerstagvormittag könnte das Vorzeichen eines möglichen Arbeitskampfes sein. Denn nach gut zwei Jahren der freundlichen Gespräche über eine mögliche Erfolgsstrategie für den Standort verschärft sich der Ton nun deutlich: "Der Arbeitgeber hat mit dieser Ankündigung den Friedensweg verlassen", erklärt etwa Ralf Dirschl, Tarifsekretär der IG Metall Bayern und Mitglied des Aufsichtsrats von "Valeo Powertrain" in Ebern, nach Ende der Kurzkundgebung.
Es habe die Idee gegeben, aus dem Werk ein Gummikompetenzzentrum zu machen. Eine Potenzialanalyse hätte Ende Januar in weiteren Gesprächen vorgestellt werden sollen. Doch der Konzern habe es vorgezogen, Fakten zu schaffen. "Er hat mit diesem Schritt das Signal ausgesendet, dass ihm die Mitarbeit der Belegschaft an einer Zukunftsstrategie des Werks völlig egal ist – das ist schlicht und ergreifend unanständig", so Dirschl. Laut Valeo sei man zu dem Stellenabbau "gezwungen", um das Werk in Ebern zu erhalten.

Im Betriebsrat arbeitet man indes daran, Einigkeit herzustellen in der Belegschaft. Der stellvertretende Vorsitzende Thomas Werner hatte die anwesenden Kolleginnen und Kollegen während der Infoveranstaltung aufgefordert, sich "nicht untereinander zu bekriegen". Stattdessen lautete sein Appell: "Haltet zusammen!" 850 Flugblätter seien am Donnerstag an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verteilt worden. 500 Personen, so die optimistische Schätzung des Betriebsrats, nahmen an der Versammlung teil.
"Es sollte kein wilder Streik werden, sonst drohen Abmahnungen", erklärt Betriebsratsvorsitzende Sonja Meister nach der Veranstaltung. Deswegen habe die Versammlung während der Pause stattgefunden. Ausgeschlossen sei ein Arbeitskampf aber nicht. "Wir werden sehr genau hinterfragen, was da jetzt von oben kommt", kündigt Meister an. Auch die Anzahl der Arbeitsplätze, die Valeo streichen möchte, sei "noch nicht in trockenen Tüchern".
Dass die Arbeit des Betriebsrats und der Gewerkschaften hier durchaus etwas bewirken kann, hatte sich bereits beim jüngsten Stellenabbau gezeigt. Statt wie ursprünglich von Valeo im Sommer 2021 angekündigten 80 Arbeitsplätzen traf es am Ende 52.
Bürgermeister Jürgen Hennemann bezieht Position
Inzwischen hat sich auch Eberns Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) zu Wort gemeldet. Der langjährige Betriebsratsvorsitzende bei FTE, 2017 aufgekauft von Valeo, bezieht deutlich Position: "Als Stadt stehen wir auf der Seite der Arbeitnehmer, was für mich persönlich klar und selbstverständlich ist", schreibt der Sozialdemokrat in einer Stellungnahme. "Das ist ein weiterer herber Schlag für Ebern, der uns sehr plötzlich trifft. Damit gerechnet haben wir nicht. Zumindest nicht in dieser Wucht."

Der Industriestandort Ebern sei mit der Übernahme von FTE durch den französischen Konzern im Jahr 2017 schwächer geworden. Immer wieder wurden seither Klagen laut, dass an dem Standort – immerhin Eberns größter Arbeitgeber – die Perspektive fehle. Das sieht auch Hennemann so: "Ich kann nach wie vor nicht nachvollziehen, warum Valeo das Werk Ebern, ja gesamt FTE zu einem hohen Preis erworben hat und nichts aus dem Potenzial hier an dem Standort macht." Hennemann möchte nun die Verhandlungen über Interessensausgleich und Sozialplan abwarten.
Abwarten möchte auch der Mann im neonfarbenen Warnschutzparka. Nach gut vier Jahrzehnten im Betrieb habe er nicht mehr lange bis zur Rente. Da mache er sich Gedanken, das Unternehmen vielleicht doch vorzeitig zu verlassen. "Es kommt darauf an, was sie mir anbieten", sagt er.
Wenn mir jemand mit solchen Sätzen kommt, was macht man damit?
Je mehr solche Töne angeschlagen werden umso schlimmer macht es die Gewerkschaft! Es müssen neutrale Verhandlungsführer aus der Politik (aber keine Linke und Sozis, die es nur noch schlimmer machen) hinter verschlossenen Türen ran!
Es braucht doch Vertrauen um den Karren, den die Gewerkschaften uns eingebrockt haben, wieder aus dem Dreck zu ziehen!
2017, als Valeo die FTE kaufte, war der Aktienkurs von Valeo auf Rekordhoch. Da hatte Valeo Geld wie Heu. Seither geht es mit Valeo bergab und wenn das Geld in der Kasse fehlt wird halt nicht in kleine Standorte investiert. Da konzentriert man sich dann auf das Kerngeschäft. Hier die Aktienkurs und mehr von Valeo.
https://www.finanzen.net/dividende/valeo
Und eines ist ganz sicher, die Vorstände großer Aktiengesellschaften sind eigentlich für nichts verantwortlich. Christophe Perillat-Piratoine bekam 2023 € 3,45Millionen Aufwandsentschädigung, so nennt man den Lohn in den luftigen Höhen der Konzernbosse.
Was daraus geworden ist: man sieht es. Die Franzosen halten es wie Donald Trump. Das eigene Land zuerst. alles andere fällt runter. Wer das noch nicht glauben wollte, dass das auch in Europa passiert, bitte.
Negatives Beispiel. die Engländer mit dem Brexit. Die Franzosen gehen nur deswegen nicht raus, weil sie die Agrarsubventionen für ihre Bauern nicht selbst tragen wollen.
Aber bitte, man glaubt in D noch an die heiligen Drei Könige, Hauptsache der Mohr wird umdefiniert. Das wesentliche wird vergessen.
Oder weil die Briten schlechte Erfahrungen gemacht haben?
"Brexit kostet Großbritannien mehr als 162 Milliarden Euro jährlich
Die britische Wirtschaftsleistung ist laut einer Studie infolge des Brexits um sechs Prozent geschrumpft. Londons Bürgermeister fordert, sich wieder der EU anzunähern."
https://www.zeit.de/wirtschaft/2024-01/london-brexit-kosten-140-milliarden-grossbritannien
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/grossbritannien-metrisches-system-beibehaltung-100.html
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/grossbritannien-brexit-104.html