Das Stadtwerk Haßfurt hat sich inzwischen bundesweit einen Ruf als innovatives Unternehmen erarbeitet. Geschäftsführer Norbert Zösch und sein Team haben bereits mehrere Auszeichnungen erhalten, die zeigen, dass die Ideen der Haßfurter Stadtwerker oft ihrer Zeit voraus sind – ob mit Photovoltaik, Windkraft oder Wasserstofferzeugung durch Power to Gas.
Nun haben sich Zösch und Co etwas Neues ausgedacht, wie der Geschäftsführer im Gespräch mit der Redaktion erläutert. Es handelt sich um ein Millionenprojekt und es soll dazu beitragen, die Innenstadt von Haßfurt vollkommen ohne die Verwendung von fossilen Brennstoffen zu heizen – und damit von Putins Gaslieferwillkür unabhängiger zu machen.
Wo wird die Anlage untergebracht?
Das Zauberwort heißt Flusswasserwärmepumpe. Installiert werden soll diese Errungenschaft an der Alten Mainmühle, in der das Volkbildungswerk untergebracht ist. Hinter diesem typisch deutschen Begriff verbirgt sich eine Technik, die mit der in einem Kühlschrank vergleichbar ist, wie man ihn in jeder Wohnung findet – nur eben umgedreht.
Wie funktioniert das System?
Was kompliziert klingt, ist eigentlich ganz einfach. Eine Wärmepumpe nimmt Wärme aus der Umwelt, in diesem Fall aus dem Wasser des Mains. Diese Wärme geht auf ein Kältemittel über, das bereits bei niedrigen Temperaturen verdampft. Ein Verdichter erhöht den Druck und somit auch die Temperatur dieses Mittels, wodurch sich Wärme auf das Heizsystem übertragen lässt. Oder einfach ausgedrückt: damit wird Wasser erwärmt.
Wie kommt die Energie in die Haushalte?
Und dieses zwischen 15 und 20 Grad warme Wasser wird über Leitungen in die einzelnen Anwesen geliefert. Dort könnte mit einer eigenen Wärmepumpe aus dem Wasser Wärme entzogen und zur Heizung des Hauses verwendet werden. Dass dadurch das Wasser des Mains ein bisschen Temperatur verliert, so Zösch, sei in Zeiten von Klimaerwärmung ein positiver Nebeneffekt. Zudem falle das bei der Relation der Mengen nicht ins Gewicht.
Welche Voraussetzungen sind nötig?
Aber der Reihe nach. Derzeit befindet sich das Projekt noch in seiner Untersuchungsphase. Das Stadtwerk prüft in Zusammenarbeit mit dem Institut für Energietechnik IfE GmbH an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden die Machbarkeit. Dazu müssen Daten gesammelt werden über die Energieverbräuche der infrage kommenden Anwesen, den Wärmebedarf, die Wirtschaftlichkeit verschiedener Energieversorgungsvarianten, die CO₂-Bilanz und über etwaige Fördermöglichkeiten. Auch die Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes steht noch aus. Dies alles wird dann dem Stadtrat vorgelegt. Offiziell den Bürgerinnen und Bürgern vorgestellt werden soll das Projekt in der Bürgerversammlung für die Kernstadt am 20. Oktober in der FC-Stadiongaststätte.
Wie viele Abnehmer könnten profitieren?
Die Untersuchung befasst sich mit zwei Varianten der Wärmeverbundlösung aus Wärmepumpe in Kombination mit einem Hackschnitzelkessel: einmal nur kommunale Liegenschaften (das wären 21 Anwesen), zum anderen kommunale und private Liegenschaften. Mit dieser Variante könnten 443 Abnehmerinnen und Abnehmer in der Haßfurter Innenstadt mit Energie für die Heizung versorgt werden.
Sind Baumaßnahmen erforderlich?
Dies würde Straßenbauarbeiten auf einer Trasse mit einer Länge von mehreren Kilometern in der Altstadt bedeuten. Dabei stelle sich aber die Frage, so Norbert Zösch, ob nicht ohnehin Sanierungsmaßnahmen an Kanalisation oder Stromversorgung sowie die Verlegung von Glasfaserkabeln anstünden. Denn damit könnte eine Komplettlösung in Angriff genommen werden. Zösch hält eine Förderung von 35 bis 40 Prozent des Projektes für möglich. Dennoch würde der Anteil der Stadt an der Maßnahme wohl eine Investition in Höhe einer siebenstelligen Summe bedeuten. Für den Bau der ganzen Anlage einschließlich Leitungen müsse man wohl einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren kalkulieren.
Wie hoch ist der Wirkungsgrad?
Der Wirkungsgrad einer solchen Flusswasserwärmepumpe liegt im Durchschnitt bei 3,5. Das bedeutet, bei Einsatz von einer Kilowattstunde Strom, um dem Mainwasser die notwendige Wärme zu entziehen, erhält man eine Heizleistung von etwa dreieinhalb Kilowattstunden. Für die Wärmepumpen, die der Bürger in seinem Anwesen verwendet, um die Energie aus dem 15 bis 20 Grad warmen Wasser, das das Stadtwerk liefert, zu ziehen, werde ein deutlich höherer Wirkungsgrad von etwa sieben erreicht werden können.
Ein Beispiel verdeutlicht, was das bedeutet. Wenn der Hausbesitzer eine Kilowattstunde Strom einsetzt, könnte er damit eine Stunde mit einem Kilowatt heizen, etwa mit einem Heizlüfter oder Radiator (was aber weder ökologisch noch ökonomisch zu empfehlen wäre, die Red.). Mit einem Wirkungsgrad von sieben würde er mit dem gleichen Stromeinsatz die siebenfache Heizleistung erhalten. Ein Teil der Heizleistung käme in dem Fall quasi aus der Steckdose, sechs Teile aus dem warmen Wasser.
Woher kommt der Strom für die Anlage?
Optimal, so Zösch, werde die Anlage betrieben, wenn der benötigte Strom noch von einer eigenen Photovoltaikanlage erzeugt werden könnte. "Dann wäre man völlig unabhängig von fossilen Energieträgern", so der Leiter des Stadtwerks. Ähnliches peilt auch das Stadtwerk für das Projekt Flusswasserwärmepumpe an. Denn ab 1. Januar 2023, so Zösch, habe das Stadtwerk die alleinige Verfügungsgewalt über den Strom, der im Windpark Sailershausen erzeugt wird. Diese Energie könnte an der Wärmepumpe an der Mainmühle Verwendung finden.
Verliert das Wasser seine Temperatur?
Der aufmerksame Betrachter wird sich nun fragen, ob das von der Anlage an der Mainmühle gelieferte Wasser seine 15 bis 20 Grad nicht einbüßt, wenn in dem Kreislauf dieses Energieträgers immer wieder in den Anwesen Energie entnommen wird? Das ist tatsächlich so. Aber dem könnte man entgegenwirken, so Norbert Zösch, indem in regelmäßigen Abständen Brennstoffzellen eingeklinkt werden, die das Stadtwerk mit Wasserstoff aus eigener Produktion betreiben könnte.
Ist eine Zwischenlösung möglich?
Bis dieses ehrgeizige Projekt in die Wirklichkeit umgesetzt werden kann, haben Zösch und sein Team noch einen weiten Weg zu beschreiten. Hausbesitzerinnen und Hausbesitzern, für die diese Lösung interessant werden könnte, die aber schon jetzt eine neue Heizanlage benötigen, macht Zösch Mut. Diese könnten schon jetzt eine Wärmepumpe installieren lassen, die ihre Energie zum Beispiel aus der Luft bezieht. Diese Anlage könnte dann problemlos nachträglich in das System des Stadtwerks integriert werden.
Einmal mehr vielen Dank für solche Projekte!
Coole Idee und bitte nicht von Meinungen zerreden lassen, sondern wieder mit Fakten überzeugen!
Top!
https://de.wikipedia.org/wiki/Prozent
https://de.wikipedia.org/wiki/Wirkungsgrad
Der umgangssprachlich genannte Wirkungsgrad bei Wärmepumpen ist eigentlich deren Effizienz (Leistungszahl). Wirkungsgrade größer 1 bzw. 100% kann es gar nicht geben, da das gegen den Energiererhaltungssatz verstößt. Um eine Verwechslung zu vermeiden, wird die Effizienz von Wärmepumpen daher in COP (Coefficient Of Performance) angegeben. Das macht die Angaben und die Erklärung der Main-Post aber nicht falsch. Als Laie muss man nur wissen, dass im Kontext von Wärmepumpen mit Wirkungsgrad, Effizienz oder COP der gleiche Wert gemeint ist. Wenn man physikalisch korrekt bleiben möchte, muss man vom thermischen Wirkungsgrad sprechen.