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Ebern
Kommentar: Die Politik kann sich nicht ewig auf der Solidarität der Pflegekräfte ausruhen
Ein Seniorenheim in Ebern ringt mit einem Personalnotstand. Wieder tragen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die ganze Last. Das ist falsch, findet unser Autor.
Im Seniorenheim St. Elisabeth in Ebern herrscht Corona-bedingter Personalmangel. Deswegen helfen dort Ehrenamtliche bei der Pflege (Symbolbild).
Foto: Tom Weller, dpa | Im Seniorenheim St. Elisabeth in Ebern herrscht Corona-bedingter Personalmangel. Deswegen helfen dort Ehrenamtliche bei der Pflege (Symbolbild).
Lukas Reinhardt
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:58 Uhr

Es gibt da diesen Film. Schauspieler Bill Murray verkörpert darin einen narzisstischen Wetteransager, der dazu verdammt ist, ein und denselben Tag immer und immer wieder zu durchleben. "Und täglich grüßt das Murmeltier", lautet der Titel des Alptraums in Dauerschleife. In einem solchen befindet sich auch die Belegschaft im Gesundheits- und Pflegewesen. Hier ist der Personalnotstand inzwischen Dauerzustand.

Nicht erst seit Beginn der Pandemie gehören Sonderschichten auf Station zum Alltag, geht die Einsatzbereitschaft oft über das eigentlich Leistbare hinaus. Löcher im Dienstplan stopft die oft unterbesetzte Belegschaft. Wer weniger krank ist als der Kollege oder die Kollegin, springt ein. Denn was wäre die Folge, wenn niemand mehr da ist? Die Antwort liefert der aktuelle Fall in Ebern. Dort hat die sich immer rasanter ausbreitende Omikron-Mutante die erste Pflegeeinrichtung im Landkreis lahmgelegt. Rund zwei Drittel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind infiziert. Sie müssen in Isolation. Das verbliebene Personal arbeitet am Anschlag. Freiwillige springen ein.

Die Politik verschärft das Problem

Auch anderswo im Landkreis kommen die Häuser an ihre Grenzen. Das bestätigt das Landratsamt auf Nachfrage. Und: "Dass es trotz der Ausbruchsgeschehen zu keinem unüberwindbaren Pflegenotstand kam, ist dem großen Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter [...] zu verdanken." Dies, so heißt es aus der Behörde weiter, sollte nicht nur in der öffentlichen Wahrnehmung hohe Anerkennung finden. Beachtliche Worte, die im ersten Moment klingen wie eine verdiente Würdigung, im zweiten jedoch wie Hohn. Auch nach zwei Jahren Pandemie ist es nur der Solidarität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu verdanken, dass das System nicht kollabiert. Wieder gibt es warme Worte. Wieder tragen sie die ganze Last.

Die Politik jedenfalls tut es nicht. Stattdessen hat sie das Problem verschärft, mit teils nicht nachvollziehbaren Regelungen zur Pandemiebekämpfung. So war im Angesicht von Omikron absehbar, dass eine Quarantänepflicht große Löcher reißen würde in die Dienstpläne der Pflege- und Gesundheitseinrichtungen. Ausnahmeregelungen für Fälle symptomfreier Verläufe bleiben oft Ausnahmen - oder sie kommen dank der Bürokratie erst spät.

Applaus alleine hilft nicht!

Am Ende des Hollywood-Filmes gelingt es Bill Murray, die Zeitschleife zu durchbrechen. Ein klassisches Happy End. Ob es das auch für die Pflege geben wird? Lösen kann das Problem nur die große Politik. Sie, das zeigt besonders der Eberner Fall, wird sich nicht ewig stützen können auf die Solidarität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Oder den tollen Einsatz von Ehrenamtlichen. Tut die Politik nichts, dann bleibt der Personalnotstand Dauerzustand, der nur Verlierer zurücklässt. Und eines ist sicher: Applaus alleine hilft nicht!

 
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