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Ebern
Personalnotstand in Eberner Altenheim: Über 300 Freiwillige bieten ihre Hilfe an
Nun leisten Ehrenamtliche wie Daniel Hüttinger Unterstützung bei der Versorgung der Bewohner. Der 25-Jährige erzählt von seinem Einsatz - und von seinen Beweggründen.
Das Seniorenheim St. Elisabeth in Ebern gerät wegen eines Personalausfalls offenbar an seine Grenzen.
Foto: Lukas Reinhardt | Das Seniorenheim St. Elisabeth in Ebern gerät wegen eines Personalausfalls offenbar an seine Grenzen.
Lukas Reinhardt
 |  aktualisiert: 15.02.2024 02:38 Uhr

Es ist Dienstagabend, als die Welle der Solidarität durch das Internet schwappt. In den Sozialen Netzwerken wird ein Hilferuf hundertfach geteilt, laut dem in einem Eberner Altenheim der Großteil des Personals ausgefallen ist. Wer Unterstützung leisten möchte, etwa beim Pflegen und Versorgen der Bewohner, könne sich telefonisch an den Heimleiter wenden. "Hier", schreibt eine Frau in einer Eberner Facebook-Gruppe unter den Beitrag. "Ich würde auch gerne helfen", eine andere. 290 Mal wird der Aufruf alleine auf "Spotted Ebern und Umgebung" geteilt. Eine Seite, der über 5000 Menschen folgen.

Und es bleibt nicht nur bei digitalen Solidaritätsbekundungen. "Mein Mobiltelefon hat in den vergangenen vier Tagen sicher 300 Mal geklingelt", schätzt Stefan Dünkel am Freitagmorgen. Er leitet das Seniorenheim St. Elisabeth im Herzen der Stadt. Weil dort seit über einer Woche das Coronavirus wütet, fallen derzeit rund zwei Drittel seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus. Auch die Bewohnerinnen und Bewohner sind betroffen. "Wir sind natürlich sehr erfreut und ergriffen von der Hilfsbereitschaft", sagt Dünkel. In den vergangenen drei Tagen hätten etwa 15 Freiwillige in seiner Einrichtung geholfen, die Bewohnerinnen und Bewohner zu versorgen und pflegen.

Ein 25-Jähriger packt mit an

Einer dieser freiwilligen Helferinnen und Helfer ist Daniel Hüttinger. "Noch am Dienstag hatte ich mich telefonisch bei Stefan Dünkel gemeldet", erzählt der 25-jährige Eberner. "Er hat gefragt, ob ich mir mehr zutraue, als Essen zu verteilen. Schließlich befinden sich auch mit Corona infizierte Bewohner auf Station." Hüttinger bejahte. Es ist nicht lange her, dass der Beamte, der auch bei der Feuerwehr Ebern ehrenamtlich mit anpackt, eine Ausbildung zum Rettungssanitäter absolviert hat. Praktika in Kliniken und Pflegeheimen waren ein bedeutender Teil davon. "Damit kann ich also umgehen."

"Wenn man selber alt ist, möchte man auch Hilfe bekommen."
Daniel Hüttinger, 25, Freiwilliger

Am Donnerstag um 9 Uhr, so erzählt der Eberner, begann seine ehrenamtliche Schicht. "Morgens werden immer viele Hände gebraucht", sagt Hüttinger. "Wir", damit meint er sich und andere Freiwillige, "haben die Fachkräfte begleitet, ihnen dabei geholfen, die Bewohnerinnen und Bewohner frisch zu machen." Das Bett aufschütteln zählte dazu, oder der Transfer in den Rollstuhl  - "natürlich immer unter Anleitung und bestens vor dem Virus geschützt", erklärt Hüttinger. Um 13 Uhr, nach dem Mittagessen, endete seine Schicht schließlich.

"Wenn man selber alt ist, möchte man auch Hilfe bekommen", erklärt er seine Motivation und Einsatzbereitschaft. Ihm sei es darum gegangen, unkompliziert Unterstützung zu leisten, "nicht darum, mich in den Vordergrund zu spielen", betont Hüttinger. Ohne das Ehrenamt, da ist er sich sicher, würde es in Deutschland an vielen Stellen nicht funktionieren.

Großer Zusammenhalt in Ebern

Geht es nach Eberns Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD), so steht der Einsatz von Menschen wie Daniel Hüttinger sinnbildlich für den Zusammenhalt in seiner Stadt. "Wir haben 125 aktive Vereine bei etwa 7500 Einwohnern", sagt er. "Der ehrenamtliche Gedanke ist bei uns verankert." Und trotzdem: Dass die Welle der Solidarität im Falle des Personalnotstands im Eberner Seniorenheim am Ende dieses Ausmaß annehmen würde, damit habe auch er nicht gerechnet.

Dabei hatte Hennemann selbst entscheidenden Anteil daran, dass der Stein ins Rollen kam. Nachdem ihn die Nachricht über die prekäre Lage im Seniorenzentrum St. Elisabeth erreicht hatte, habe er den Hilfeaufruf am Dienstagvormittag über verschiedene Kanäle verteilt: Etwa in den Chatgruppen der Freiwilligen Feuerwehr, des Asylhelferkreises oder der Initiative "Ebern ist bunt".  Dann wurde aus dem Hilferuf ein Selbstläufer - mit dem bekannten Ergebnis.

Belegschaft arbeitet "bis zum Umfallen"

Inzwischen klingelt Stefan Dünkels Telefon seltener als noch zu Beginn der Woche. "20 Anrufe waren es gestern", sagt der Heimleiter am Freitagmorgen. Am Dienstag seien es noch 150 gewesen. Bei all der Hilfsbereitschaft von außerhalb ist es Dünkel wichtig, den Einsatz und die Solidarität seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht zu vergessen. "Die schaffen aktuell bis zum Umfallen", sagt er. Krankgeschriebene Kolleginnen und Kollegen, die sich nicht wegen einer Corona-Infektion in Quarantäne befänden, würden einspringen.

Wirklich entspannt habe sich die Lage noch nicht. "Wir planen bei den Schichten weiter von Tag zu Tag", so Dünkel weiter. Seit Donnerstag befänden sich drei weitere Mitarbeiterinnen wegen Corona in Isolation. "Aber immerhin konnten sich drei andere wieder freitesten."

 
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Kommentare
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  • lutterbeck
    Wenn man gesunde Mitarbeiter in Quarantäne schickt dann wird das Personal knapp.
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  • Orzach
    Mir erschließt sich nicht, weshalb hier der Eberner Bürgermeister aufsprechen darf. Er hat mit dem Altenheim in Ebern überhaupt nichts zu tun! Oder soll er von der Mainpost in ein goldenes Licht gestellt werden, als Dank für sein übereifriges Mitwirken am Niedergang des Krankenhausstandorts Ebern, zugunsten der "Kreisstadt" Haßfurt? Es sieht voll so aus!
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  • steffen.cyran@freenet.de
    Die Hilfsbereitschaft in allen Ehren, Respekt dafür. Aber allzuviel können die Aushilfen nicht bewirken, vielleicht das Essen verteilen oder die Mülleimer leeren.

    Schon die Begleitung eines Gebrechlichen zur Toilette ist unmöglich, falls derjenige stürzt und sich verletzt, ist der Teufel los. Und versichert sind die Ungelernten auch nicht.

    Pflegekraft ist ein Lehrberuf.
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  • steve67
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • popp.58
    Es wurde lange propagiert. Ohne Studium bist du der Depp.
    Ein weiteres Problem. Was verdient man als Handwerker?
    Die Rente darauf kommt gerade über Grundsicherung
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  • jutta.noether@web.de
    Naja, ganz so ist es auch nicht. Es kommt immer darauf an, was man studiert. Philologie, Biologie, Kunstgeschichte, die fahren gerade Taxi oder versuchen sich als Quereinsteiger-Lehrkraft.
    Und bei den Handwerkern kommt es immer darauf an, bei wem man arbeitet. Zwischen 11€ Stundenlohn bei einem Dorf-Malermeister und einer Elektriker-Stelle in einem Tarifbetrieb gibt es da schon eine ziemliche Spannweite.
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  • Michael Fischer
    Leider sind das nur die Vorboten das was uns alle in den nächsten Jahren blüht. Nicht nur im Seniorenbereich wird es Engpässe geben auch im Krankenhauswesen, Kindergarten und vielen anderen Bereichen. Auch im Handwerk werden Lehrlinge knapp. Warum müssen die meisten Jugendlichen erst studieren und dann sich ganz langsam ins Arbeitsleben begeben. Normalerweise würde ich erst Denen einen Beruf lernen lassen, danach können sie sich immer noch für das Studieren entscheiden. Vielen würden bestimmt im erlernten Beruf bleiben. Die ganze Bildungspolitik ist in Deutschland ein Trauerspiel. Leider wollen dies die Politiker nicht ändern. Diese haben ja die Rundumversorgung sicher.
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  • tommy33
    Keine Angst Mausi. Putin schickt uns doch gerade eine Welle neuer Arbeitskräfte. By the way, es wundert mich doch, sind denn die zwei Millionen Syrer, Eritreer, etc. schon alle in den Arbeitsmarkt integriert? Dann dürften doch wohl nicht mehr so viele Stellen unbesetzt sein?? 🤔🤔🤔
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  • steffen.cyran@freenet.de
    Von den zwei Millionen sind es leider nicht mal 5 %. Vermutlich auch deshalb, weil man fürs Nichtstun fast genauso viel erhält, wie für einen anstrengenden Aushilfsjob.
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  • dietmar@eberth-privat.de
    Sieht nicht so schlecht aus:
    https://www.zdf.de/nachrichten/politik/syrer-zuwanderung-integration-deutschland-100.html
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  • tommy33
    Wow! Bis dann die ankommenden Ukrainer in Lohn und Brot kommt sollte ich hoffen niemals in ein Pflegeheim kommen zu müssen !!!
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