
Das Ziel ist gesetzt: Bis zum Jahr 2030 will der Landkreis Haßberge klimaneutral werden. Dafür soll ein Klimapakt geschlossen werden zwischen dem Kreis und seinen 26 Kommunen. Bei der Vorberatung des Themas im Umwelt- und Werkausschuss des Landkreises am Donnerstag gab es erste Einblicke, wie diese Vereinbarung aussehen soll.
Kreis und Kommunen formulieren "gemeinsame Visionen und Ziele"
Was der Klimapakt nicht enthält, sind konkrete Vorhaben wie "an diesem oder jenem Ort sollen neue Windräder entstehen" oder "dieses Dorf wird auf Geothermie umrüsten". Vielmehr handelt es sich um eine gemeinsame Absichtserklärung und einen "Fahrplan für einen nachhaltigen und klimaneutralen Landkreis", wie es Lisa Kötting, Klimaschutzmanagerin des Landkreises, formulierte. Darin werden "gemeinsame Visionen und Ziele" formuliert und festgelegt, wie der Weg dorthin geplant und organisiert wird.
Zu Beginn ihres Vortrags im Umweltausschuss ging Kötting darauf ein, was der Landkreis bisher erreicht hat. So habe der errechnete jährliche CO₂-Ausstoß des Kreises im Jahr 1990 bei rund 1,25 Millionen Tonnen gelegen, 2020 waren es nur noch rund 0,62 Millionen, also eine Reduktion um gut die Hälfte. Das sei schon einiges, doch der Ausstoß solle noch weiter nach unten gehen: Die Zielvorgabe liegt bei etwa 0,42 Millionen bis zum Jahr 2030. "Wir befinden uns im Landkreis Haßberge schon auf einem sehr guten Weg", sagte Kötting in der Sitzung. Um aber das angepeilte Ziel zu erreichen, sei noch einiges zu tun.
Ganz ohne CO₂-Ausstoß geht es nicht
"Wir werden bis 2030 nicht netto Null des CO₂-Ausstoßes erreichen", sagte Lisa Kötting. Das angestrebte Ziel sei also eine sogenannte "bilanzielle Klimaneutralität", sprich: Wenn der Landkreis nicht mehr CO₂ einsparen kann, muss er zum Ausgleich an einer anderen Stelle umso mehr für den Klimaschutz tun.

Die Kompensation der eigenen Klimasünden ist nicht neu und steht auch Privatpersonen zur Verfügung. So gibt es die Möglichkeit, Zertifikate zu kaufen und damit Klimaschutz-Maßnahmen zu unterstützen – als Ausgleich für das eigene klimaschädliche Verhalten, vom Fleischkonsum bis zum Langstreckenflug. Kritikerinnen und Kritiker dieser Praxis sprechen dagegen häufig von einer Art von "Ablasshandel".
Strom aus der Heimat statt Aufforstung des Regenwaldes
Ist das also auch der Weg, auf dem sich der Landkreis sein gutes Klimagewissen erkaufen will? Nein, erklärte Kötting vor dem Umweltausschuss. Denn beim Kauf solcher Zertifikate würde das Geld beispielsweise dafür genutzt, den Regenwald aufzuforsten. So sinnvoll das auch für die Welt insgesamt sein mag: "Das halten wir für nicht zielführend", sagte die Klimaschutzmanagerin. Vielmehr solle der CO₂-Ausstoß mit Maßnahmen in der eigenen Region kompensiert werden.
Dafür will der Haßbergkreis vor allem sein Potenzial zum Ausbau der erneuerbaren Energien nutzen. Sprich: Wind- und Solarparks sowie Solaranlagen auf Dächern sollen mehr Strom liefern, als nötig ist, um den eigenen Energiebedarf zu decken.
Kreis und Kommunen wollen ihrer Vorbildfunktion gerecht werden
Außerdem will der Landkreis Unternehmen und Privatpersonen zu klimafreundlichem Verhalten bewegen. Bis 2030 peilt der Landkreis neben der komplett regenerativen Stromerzeugung, zu der auch Ausbau und Verbesserung der Möglichkeiten zur Energiespeicherung nötig sind, noch weitere Ziele an. So nannte Kötting vor dem Ausschuss etwa eine klimafreundliche Wärmeversorgung.
Auch Bereiche wie Bauen und Wohnen sowie die Mobilität sollen klimafreundlich werden. So soll es unter anderem um den Ausbau der Ladeinfrastruktur oder des Radwegenetzes gehen. "Es müssen Ziele sein, die erreichbar sind, die aber auch einen gewissen Ehrgeiz erfordern", sagte Landrat Wilhelm Schneider (CSU).

Für sich selbst will der Landkreis im Klimapakt ein noch höheres Ziel stecken: Die öffentliche Verwaltung soll bereits bis zum Jahr 2028 bilanziell klimaneutral sein. Damit wollen der Kreis und seine Kommunen ihrer Vorbildfunktion gerecht werden.
Maßnahmen müssen sich an Förderbedingungen anpassen
Für die konkrete Planung von Maßnahmen steht die Gründung einer Lenkungsgruppe an, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern des Landratsamtes, der Gesellschaft zur Umsetzung Erneuerbarer Technologieprojekte (GUT), den ILE-Managern sowie vier Bürgermeistern. Jahr für Jahr sollen in dieser Zusammensetzung Maßnahmen festgelegt werden. Eine Planung für größere Zeiträume würde nicht funktionieren, meinte Kötting, denn Maßnahmen müssten immer an aktuelle Förderbedingungen angepasst werden.
Mindestens einmal jährlich soll dann ein Plenum tagen, das sich aus den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern der beteiligten Kommunen sowie dem Landrat zusammensetzt. Darin wird über die von der Lenkungsgruppe vorgegebenen Ideen beraten und abgestimmt. Das Gewicht der Stimmen der einzelnen Beteiligten soll dabei von der Einwohnerzahl ihrer Städte und Gemeinden abhängen.
Wichtig ist, dass alle Kommunen dabei sind
Schließlich gibt es noch die jährliche Klimakonferenz als öffentliche Plattform, auf welcher der Bevölkerung die Ergebnisse präsentiert werden. Diese fand bereits am Freitag erstmals statt, obwohl der Klimapakt noch gar nicht unterzeichnet ist. Das, so Landrat Schneider, soll voraussichtlich in der Sommersitzung des Kreistags passieren. "Wir müssen uns nicht hetzen", sagte er. Denn wichtiger, als dass der Pakt möglichst bald unterschrieben wird, sei eine saubere Ausarbeitung, bei der wirklich alle Kommunen mitgehen können.
Sinnvoll ist es, wenn die "Klimamanagerin" (wer hat sich eigentlich diese mega-dämliche Berufsbezeichnung ausgedacht?) konzentrierte Ballungsflächen für Solaranlagen außerhalb der Naturparke ausmachen würde, damit aus dem Naturpark kein öder Solarpark wird. Auch an einer zentralen Groß-Solaranlage (z.B. im sowieso industriell verbauten Maintal) könnten sich die 26 Gemeinden beteiligen, ohne dass der Naturpark monatlich ein Stück mehr zugepflastert wird.