
Knetzgaus neues Wohngebiet "Höret II" mit seinen 65 Wohneinheiten nördlich der Pfarrer-Keßler- und Gozbold-Straße rückt der Erschließung ein gutes Stück näher: "Wir sind in der Endphase der Bauleitplanung", erklärte Bürgermeister Stefan Paulus dieser Tage im Gespräch mit der Redaktion. In einer der nächsten Gemeinderatssitzungen soll der Bebauungsplan Rechtskraft erlangen.
Gleich im Anschluss will sich die Gemeinde an den Verkauf der Bauplätze machen. Ende 2024, Anfang 2025 könnte Baubeginn sein, hofft man im Rathaus. Mögen noch zahlreiche Details zu klären sein, so steht schon jetzt fest: Ölheizungen, Gasheizungen oder Pelletheizungen wird es in den Einfamilien-, Reihen- und Mehrfamilienhäusern in "Höret II" nicht geben. Knetzgau setzt hier auf regenerative Energie, auf Wärme aus der Erde. Weil die hierzu nötigen Bohrungen "nur" im zweistelligen Meterbereich bleiben, ist von "oberflächennaher Geothermie" die Rede.

Die Infrastruktur für die sogenannte Kaltwärme-Versorgung nach dem Wärmepumpen-Prinzip möchte in Höret II der regionale Energieversorger ÜZ Mainfranken (Lülsfeld) bereitstellen. Und dabei in Knetzgau neue Wege gehen: Die ÜZ will eine zentrale Wärmequelle für das gesamte Wohngebiet statt wie bisher Einzelbohrungen auf den Grundstücken. Hier die Antworten auf sieben wichtige Fragen.
Wird es für Bauwillige einen Zwang zum Anschluss an die Kaltwärme-Versorgung geben?
Nur indirekt. Denn rechtlich sei ein Anschlusszwang nicht durchzusetzen, erklärt Robert Selig, Leiter der Knetzgauer Gemeindeverwaltung. Aber: Die Kommune wird die Kosten für die Errichtung der Kaltwärme-Versorgung auf alle künftigen Anwohnerinnen und Anwohner umlegen. Das soll andere Heizsysteme quasi über den Geldbeutel ausschließen.
Warum wollen Knetzgau und die ÜZ Kaltwärme-Versorgung in Höret II?
Da ist einmal die grundlegende Entscheidung für (in weiten Teilen) regenerative Energien, weil der Gesetzgeber bei Neubauten den Einbau von Ölkesseln ab 2026 verbietet und es für Gasheizungen zumindest deutliche Einschränkungen geben wird. "Es will sowieso kein Anbieter mehr Gasleitungen verlegen", hat Bürgermeister Paulus beobachtet. Weil auch das Verbrennen von Holzpellets nicht klimaneutral sei und zudem Feinstaub produziere, hat sich Knetzgau also "für Wärmepumpen" entschieden.

Und warum keine Luftwärmepumpen, deren Installation kostengünstiger wäre?
"Das würde nur Ärger geben", erklären Paulus und Selig unisono. Es geht um Immissionsschutz, sprich um Lärm. Die Bebauung in Höret II werde viel zu dicht sein, als dass auf jedem Grundstück eine Luftwärmepumpe betrieben werden könne. Da wären Nachbarschaftszwistigkeiten vorprogrammiert. Die Sole-Wasser-Wärmepumpen hingegen verschwinden im Gebäude. Und sie haben laut Alexander Wolf, Energieberater bei der ÜZ, noch einen entscheidenden Vorteil: Konstante Leistung durch konstante Umgebungstemperatur der Sonden. Da spielt es keine Rolle, ob im Garten Hitze brütet oder das Thermometer auf minus 20 Grad Celsius fällt.
Wie war das noch mal mit dem neuen Weg, den die ÜZ in Knetzgau gehen will?
Bei bisherigen Kaltwärme-Projekten hat die unterfränkische Energiegenossenschaft auf Einzelversorgung der Grundstücke gesetzt. Sprich: In jedem Garten wurde gebohrt und Sonden gesetzt, jedes Haus war autark. Das soll in Höret II anders sein: Hier will die ÜZ die Energie über eine zentrale Bohrung, die bei einem Durchmesser von knapp über einem Meter auch nur rund 30 Meter tief sein müsste, gewinnen.
Von diesem Zentrum aus sollen Soleleitungen zu allen Einzel-, Reihen- und Mehrfamilienhäusern führen. Dabei geht es der ÜZ nicht nur um technische Vorteile. Erfahrungen wie "Am Nützelbach II" in Gerolzhofen haben Alexander Wolf und sein Team gelehrt, "dass wir gar nicht die Bohrfirmen für so viele Bohrlöcher kriegen". Auch wegen veränderter Förderrichtlinien will die ÜZ ihr Knetzgauer Projekt nur noch mit der zentralen Wärmequelle durchführen. Hier allerdings scheint noch Diskussions- und Verhandlungsbedarf zu bestehen; denn im Knetzgauer Rathaus geht man eher von Einzelversorgung aus.
Was steckt hinter dem Vergleich mit dem amerikanischen Kühlschrank?
Ob Erdsonde im eigenen Garten oder zentrale Energiequelle: Jedes Gebäude braucht seine eigene Wärmepumpe. Aber auch nicht viel mehr. Laut ÜZ passt die ganze Technik für Heizung und Warmwassererzeugung in einen Kasten von der Größe des "typischen amerikanischen Kühlschranks". Niemand braucht mehr einen Heizungsraum, muss Öltanks einbauen oder Pellets lagern. Der "Kühlschrank" lasse sich perfekt mit den Hausanschlüssen und Geräten wie der Waschmaschine in einem Technikraum unterbringen, erklärt Alexander Wolf. Auch in Mehrfamilienhäusern wird es nur eine Wärmepumpe geben, die dann etwas größer dimensioniert ist.
Die Errichtung der Kaltwärme-Versorgung in Knetzgau könnte eine halbe Million, vielleicht eine Dreiviertelmillion Euro kosten – ohne Wärmepumpen, sagt Alexander Wolf. Genaueres lasse sich erst sagen, wenn der Bebauungsplan beschlossen ist. Steht die Infrastruktur erst einmal, möchte sich die ÜZ nicht aus "Höret II" zurückziehen. Sie würde das Wärmenetz gerne betreiben. Häuslebesitzerinnen und -besitzer würden dann Anschlussgebühren und einen Preis für die Wärme bezahlen und könnten dann zudem in den Genuss eines vergünstigen Tarifs für den Wärmepumpenstrom kommen. Die ÜZ wäre dann auch für Kundendienst und Wartung zuständig, doch all das ist noch Zukunftsmusik. Entscheidungen sind hier noch nicht gefallen.
Und warum waren schon Bohrtrupps in Höret II aktiv?
Zum einen, weil mit Probebohrungen in den geologischen Untergrund die Eignung von Höret II für die oberflächennahe Geothermie grundsätzlich erst einmal erkundet werden musste. Zum anderen ist Ende September bereits der Spatenstich für die Kindertagesstätte in der Babenberger Straße am Rande des Baugebietes erfolgt. Auch hier ist die ÜZ für die Bereitstellung der Wärme zuständig – ebenfalls in Form der Kaltwärme-Versorgung, aber als Einzellösung.
Genau so schaut es aus und ein Bürgermeister, dem die Gesundheit seiner Bürger wichtig ist, muss genau so handeln und nicht anders. So gestaltet man zukunftsorientiertes und nachhaltiges Wohnen. Hut ab, Herr Paulus!