
Von der Selbstzahlkasse an der Tankstelle bis zu den Milchautomaten mancher Bäuerinnen und Bauern: Selbstbedienung ist im Trend. Kundinnen und Kunden wünschen sich Einkaufsmöglichkeiten auch außerhalb der üblichen Öffnungszeiten. Und auch für die Geschäfte bringt es Vorteile, wenn nicht immer Personal vor Ort sein muss. Bisher hatten die Waren, die rund um die Uhr erhältlich sind, eine Gemeinsamkeit: Es waren üblicherweise Produkte, die sich gut in Automaten lagern lassen. Bei dem, was Julia Deschner jetzt anbietet, ist das anders: Die Zierpflanzen-Gärtnerin hat in Sand einen Selbstbedienungs-Blumenladen eröffnet.
Der Laden ist immer geöffnet
Ihr "Blumenhüttla" ist eine kleine Holzhütte und steht in der Seestraße. Ob Topfpflanzen, Schnittblumen, Dekoartikel oder Gläser mit Honig: Alles, was es dort zu kaufen gibt, steht mit Preisschildern versehen auf Tischen – mit Ausnahme von Frischblumen, die gekühlt gelagert werden müssen: Diese befinden sich in einem großen Kühlschrank mit Glastür. Außerdem steht im Laden eine große Papierrolle. So können Kundinnen und Kunden die gekauften Pflanzen selbst einpacken, um sie sicher nachhause zu transportieren.

Die Eingangstür des kleinen Ladens ist nie verschlossen. Wer etwas kaufen oder sich auch einfach nur umschauen möchte, kann also jederzeit hineingehen. Die Kasse ist eine Holzbox, die in einer Ecke des Ladens steht. Um zu verhindern, dass sich jemand einfach etwas aus der Hütte nimmt, ohne dafür zu bezahlen, ist der ganze Laden videoüberwacht. Mehrere Kameras sind in dem kleinen Raum angebracht, teilweise auch gut versteckt, sodass potenzielle Diebinnen und Diebe gar nicht so leicht erkennen können, aus welcher Richtung sie gefilmt werden.
Auch gegen den Versuch, zu wenig zu bezahlen, in der Hoffnung, dass sich auf dem Videomaterial nicht erkennen lässt, wer wie viel Geld in die Kasse geworfen hat, habe sie sich abgesichert, berichtet Julia Deschner: Dafür sei in der Kasse ein Zähler eingebaut.
Für Menschen, die es nicht mögen, wenn Verkäufer sie ansprechen
"Ich selber gehe gern einkaufen, will aber nicht immer gleich angesprochen werden", beschreibt die 27-Jährige, was ihre Motivation war, einen Selbstbedienungsladen zu eröffnen. Manchmal wolle sie auch einfach in einen Laden gehen und sich umschauen, ohne den Druck, am Ende auch etwas kaufen zu müssen. Das sei aber schwierig, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleich mit der Frage "Wie kann ich Ihnen helfen?" auf die Kundschaft zukommen.

"Viele haben ja Selbstbedienungsschränke", sagt sie, und erwähnt unter anderem Bauernhöfe, die ihre Automaten mit Lebensmitteln befüllen. Auch diese Idee finde sie toll und nutze das auch selbst gerne. "Und ich dachte mir: Das kann man ja auch mit Blumen machen."
Deschner ist gelernte Gärtnerin im Zierpflanzenbau, war nach der Ausbildung aber auch als Floristin angestellt. Lange hat die Sanderin in ihrem Heimatort bei Blumen Zösch gearbeitet. Dann folgten zwei Jahre in einem Laden in Gochsheim, bevor sie sich jetzt mit ihrem Blumenhüttla selbstständig machte.
Gerade noch rechtzeitig: Julia Deschner wollte zum Valentinstag geöffnet haben
Eine Baugenehmigung dafür zu bekommen, sei nicht einfach gewesen, denn dieser Teil von Sand liegt im Hochwassergebiet. Als diese Hürde dann genommen war, baute sie die Hütte zusammen mit ihrem Freund. "Wir haben alles selbst gemacht", sagt sie – mit Ausnahme der Stromversorgung, für die sie einen Profi kommen ließen.

Eröffnet hat Julia Deschner das Blumenhüttla am 12. Februar, also gerade noch rechtzeitig für einen wichtigen Tag im Geschäftsjahr eines Blumenladens: "Ich habe mich reingestresst, denn ich wollte unbedingt am Valentinstag offen haben", sagt die 27-Jährige.
Und der sei dann auch ein richtig erfolgreicher Geschäftstag geworden, erinnert sich Julia Deschner: 60 Kundinnen und Kunden habe sie da an einem einzigen Tag im Laden gehabt. Aber lässt sich dieser Erfolg auch fortsetzen, wenn nicht gerade ein besonderer Tag ist, an dem viele Menschen Blumen verschenken? "Ich dachte, es lässt dann nach, aber es ging sehr gut weiter", sagt die Gärtnerin. Auch nach dem Valentinstag habe es Tage gegeben, an denen ihr Kundinnen und Kunden "das ganze Haus leergeräumt" hätten.
Täglicher Besuch: Auffüllen und Kasse leeren
Täglich kommt sie zum Auffüllen im Blumenhüttla vorbei, um keine zu großen Lücken in der Auslage entstehen zu lassen. Zweimal täglich ist sie da, um die Kasse zu leeren. Positiv überrascht habe sie auch, dass ihr Laden nicht nur von jungen Menschen angenommen wird, für die Selbstbedienungsgeschäfte mittlerweile zum Alltag gehören. "Ich dachte erst, ältere Leute würden erst mal skeptisch sein. Aber das war überhaupt nicht so. Die haben das sehr gut angenommen", berichtet Deschner.

Und was, wenn eine Kundin oder ein Kunde doch mal einen speziellen Wunsch hat oder Beratung braucht? Für solche Fälle hängt im Laden ein Schild, auf dem Julia Deschners Telefonnummer zu lesen ist. Bedarf dafür gibt es beispielsweise in der Trauerfloristik. Wer Deschner anruft, kann mit ihr einen Termin für ein persönliches Trauergespräch vereinbaren, für das sie die Kundschaft zu Hause besucht. Der Grabschmuck kann dann direkt zum Friedhof geliefert werden.
Blumen aus Bamberg und aus eigener Zucht
Ihre Blumen bezieht Deschner von Händlern in Bamberg. Im Sommer will sie dann auch einige Pflanzen selbst ziehen – zumindest die Sorten, die bei den heimischen Klimabedingungen gut wachsen.
Für die Zukunft könnte sie sich auch vorstellen, einen Tag oder vielleicht zwei halbe Tage einzuführen, an denen sie als Ansprechpartnerin vor Ort ist, um ihre Kundschaft beraten zu können. Aktuell ist das Blumenhüttla aber ein reiner Selbstbedienungsladen. Und vorrangig soll es das auch bleiben.