So voll wie er am Donnerstag war, ist der Bleichdamm in Königsberg wohl nur während des alljährlichen Pfingstfestes. Rund 500 Streikende der Fränkischen Rohrwerke (Königsberg), Elso (Hofheim), Bosch-Rexroth (Augsfeld) und Schaeffler (Eltmann) folgten dem Aufruf der Gewerkschaft IG-Metall und kamen zum wohl größten Streik in der jüngeren Geschichte der Regiomontanus-Stadt zusammen. Erst vergangene Woche forderten rund 200 Angestellte der Fränkischen Rohrwerke eine Lohnerhöhung.
Es drohen 24-Stunden-Warnstreiks
Reiner Gehring, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Schweinfurt, machte auf der extra aufgebauten Bühne seinem Ärger lautstark Luft: In seiner fast 30-jährigen Tätigkeit als Gewerkschafter habe er es noch nie erlebt, dass nach vier Verhandlungsrunden noch kein Angebot der Arbeitgeber auf dem Tisch liegt. Sollte bei der fünften Verhandlungsrunde am Freitag in Ludwigsburg wieder kein vernünftiges Angebot gemacht werden, kündigte er 24-Stunden-Warnstreiks in der kommenden Woche an.
Deutlich kritisierte er Stefan Wolf, den Präsidenten der Arbeitgebervereinigung "Gesamt-Metall". Wolf hatte der IG-Metall "mangelnde Solidarität" vorgeworfen, weil sie acht Prozent Lohnerhöhung fordere. Andere Beschäftigte wie Pflegekräfte oder Friseurinnen müssten mit weit weniger Lohn auskommen.
"Diese Aussage ist eine Frechheit und unterste Schublade. Was haben Pflegekräfte und andere Beschäftigte davon, wenn wir acht Prozent fordern: Nichts!", konterte der Gewerkschafter. Die von Arbeitgebern ins Feld geführte "Lohn-Preis-Spirale" bezeichnete er als "Blödsinn" angesichts von Preissteigerungen von bis zu mehr als zehn Prozent.
Günter Jackl, Betriebsratsvorsitzender der Fränkischen Rohrwerke, zeigte sich "sprachlos und gerührt", da er einen derartigen Streik in 32 Jahren in der Firma noch nie erlebt habe. Das bisherige Angebot – eine Einmalzahlung in Höhe von 3000 Euro auf 30 Monate – bezeichnete er als "Schlag ins Gesicht" der Arbeitnehmer.
Angestellte seien am finanziellen Limit
"Wenn die Arbeitgeber kein besseres Angebot vorlegen, werden sie uns kennenlernen. Dann stehen die Buden still wie in den 1980er Jahren", drohte er. Das Arbeitgeber-Argument der gestiegenen Kosten relativierte er: "Wer glaubt, dass wir Kostenfaktoren mit zwei Ohren sind, hat sich getäuscht. Auch unsere Kosten steigen. Wir brauchen das Geld!"
Vom ersten Streik in der Firmengeschichte der Hofheimer Firma Elso berichtete Betriebsratsvorsitzender Alexander Gräf. Er fand in der letzten Woche statt. Rund 80 Beschäftigte nahmen teil. "Wir brauchen eine langfristige Lohnerhöhung, weil alles teurer wird", meint Gräf. Vor allem die gestiegenen Sprit-Preise brächten Kolleginnen und Kollegen mit weiter Anfahrt an ihr finanzielles Limit.
In anderen Branchen, wie der Eisen- und Stahlindustrie oder auch die IG Chemie, wären bereits Abschlüsse geschaffen worden, nur die IGM fehle noch. Die Umsätze würden von Jahr zu Jahr steigen, die Firmen machten satte Gewinne. Die Beschäftigten hingegen hätten in den letzten Jahren coronabedingt auf Lohnerhöhungen verzichtet. Die letzte Erhöhung habe es im Jahr 2018 gegeben.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management