Haßfurt liegt am überregional bedeutenden Radweg zwischen Bamberg und Mainz. "Wenn nun ein Radler mich fragt, wo er abends gepflegt essen gehen kann, dann muss ich ihm raten, nach Zeil weiterzufahren." So formulierte es einer der 393 Haßfurter, die am Haßberge-Check dieser Redaktion teilgenommen haben. Das ist für einen Haßfurter schon starker Tobak. Ausgerechnet Zeil als Vorbild hingestellt zu bekommen. Aber dieser eine Fragebogenausfüllende war mit seiner Ansicht nicht alleine. Die Gastronomie war von der Mehrzahl als Hauptproblem erkannt worden. Dabei sei "die Ansiedlung von Gastronomie ausschlaggebend für Lebensqualität", so ein anderer Befragter.
Die Redaktion hat deshalb - rund zwei Wochen nach der Veröffentlichung des Checks - einmal nachgefragt, welche Lösungsansätze sich für diesen offenbar erkannten Mangel bieten. Wir haben mit Bürgermeister Günther Werner gesprochen, mit Hachem Farmand, Mitglied des Stadtrates und jahrelanger Berater beim Aktionskreis Haßfurt Aktiv (AHA), sowie mit Volker Ortloff, dem Sprecher der stärksten Oppositionspartei im Haßfurter Stadtrat, der als CSU-Bürgermeisterkandidat zu diesem Thema eigene Vorstellungen entwickelt hatte.
"Eisdielen und Dönerbuden gibt es genügend." Diesem pauschalen Urteil kann sich Hachem Farmand weitgehend anschließen. Auch er hat die Lücken im Angebot erkannt. "Was fehlt, ist ein gutes Speiselokal - eigentlich zwei Gaststätten - mit fränkischer Küche und ein Hotel." Er nennt hier auch Möglichkeiten, etwa das frühere Gasthaus "Zum Hirschen", das derzeit brach liegt. Farmand sieht die Kreisstadt in der Pflicht, in Vorleistung zu treten. "Die Stadt müsste Häuser kaufen, umbauen und verpachten. Ein Investor alleine schafft das nicht." Einem guten, jungen Koch müsste man mit einer angemessenen Pachthöhe entgegenkommen, vielleicht mit der Aussicht, bei entsprechendem Geschäftserfolg die Immobilie übernehmen zu können.
Nicht nur Döner und Pizza
Ähnlich sieht es Volker Ortloff. "Wenn man die Gastronomie in Haßfurt beleben will, muss man Anreize schaffen." Die Stadt komme ja bereits jungen Unternehmern entgegen und erlasse die ersten drei Mietzahlungen. "Aber man muss die Leute gezielt ansprechen." Es sei ja nicht so, sagt Ortloff, dass man in Haßfurt nichts zu essen bekomme. "Aber in der Breite ist es zu wenig. Es gibt genug Döner, aber keine anspruchsvolle Gastronomie."
Jetzt, da "Corona fast überwunden" sei, so Ortloff, sei es wichtig, junge Leute anzusprechen. Er nennt als Vorbild das Hotel mit Restaurant Kolb in Zeil. "Wie schafft man den Anreiz, so jemanden nach Haßfurt zu holen?" Liegenschaften anbieten? Die Parkplatzsituation rund um die Gaststätte entspannen? Möglichkeiten schaffen, draußen zu sitzen? Volker Ortloff fallen auf Anhieb einige Werkzeuge ein, wie man den Hebel ansetzen könnte. Einen Teil davon hatte der CSU-Politiker schon in seinem Wahlprogramm vor eineinhalb Jahren ausbaldowert. "Die Kreisstadt muss den Anspruch haben", behauptet Ortloff, "dass sie jemanden herlockt." Er sieht die Angelegenheit als so wichtig an, dass sie zur absoluten Chefsache erklärt werden müsse. "Wir brauchen Anreize und ich weiß nicht, ob die in Haßfurt vorhanden sind."
Der angesprochene "Chef" ist von dieser Ansicht nicht weit entfernt. Er sieht das allerdings etwas pragmatischer. Der berühmte "gute, junge Koch" sei nicht so leicht zu bekommen. Günther Werner nennt den "Watzmann" in der Bahnhofstraße, dessen Besitzer seit längerer Zeit "händeringend" versuche, einen Koch zu bekommen. Auch für die Gastronomie am Großen Anger, sprich für das Freizeitzentrum mit Eishalle und Freibad, habe die Stadt keinen Pächter finden können. Die städtischen Betriebe als Eigentümer hätten die Bewirtschaftung der Lokalität nun in Eigenregie übernommen.
In der Innenstadt sei zwar tagsüber "der Teufel los", so Günther Werner, allerdings nur tagsüber und vor allem werktags. Bei manchem Straßencafé würde er sich wünschen, dass es auch Samstag und Sontag geöffnet habe. Der Bürgermeister weiß aber auch, dass zwischen Theorie und Praxis manchmal eine Lücke klafft. Die Stadt habe schon verschiedene Gebäude, in denen sich früher Gaststätten befanden oder noch aktuell befinden, erwerben wollen. Doch der Privatbesitzer habe die Angebote verworfen, vielmehr seien die geäußerten Forderungen "jenseits von gut und böse" gewesen, so der Bürgermeister.
Bed-and-Bike oder ein Hotel im "Hirschen"?
Gerade für den ehemaligen "Zum Hirschen" in der Unteren Vorstadt könne er sich, so der Bürgermeister, eine wunderbare Bed-and-Bike-Einrichtung oder ein Hotel vorstellen. Die Stadt werde gerne in unterstützender oder auch vermittelnder Form tätig. Der Bürgermeister ruft alle Köche auf, sich entweder beim "Watzmann" zu melden, oder bei Interesse an einer eigenen Gaststätte in der Stadtverwaltung vorstellig zu werden.
"Mampfen" statt Museum
Einen interessanten Gedanken spinnt das Stadtoberhaupt noch leise im Verborgenen vor sich hin. Die Stadt besitzt ja seit fünf Jahren das Anwesen an der Ecke Hauptstraße und Brückenstraße, in dem früher die Hypobank untergebracht war. Der Versuch, in diesem Gebäude ein Herman de Vries-Museum zu installieren, war vor dreieinhalb Jahren am Mehrheitsvotum des damaligen Stadtratsgremiums gescheitert. Das Haus muss ohnehin saniert werden. Warum also nicht dort die Voraussetzungen für ein gepflegtes Speiselokal - vielleicht mit fränkischer Küche - schaffen? Eine zentralere Lage ist in der Kreisstadt kaum möglich. Und zudem beheimatete das Gebäude in früheren Zeiten schon einmal eine Gaststätte.
Niedrigere Förderung
Die Parkplatzsituation wäre in den Griff zu bekommen, so Günther Werner, nicht zuletzt da abends entlang der Hauptstraße genügend Parkmöglichkeiten bestehen. Natürlich würde ein Umbau zu einer Gaststätte lange nicht so viele Fördergelder bekommen, wie es damals beim Museum der Fall gewesen wäre, weiß der Bürgermeister. Aber diese Chance wurde unwiederbringlich vertan und das Haus muss ohnehin saniert und vor dem Verfall bewahrt werden. Warum also nicht das Beste daraus machen?
Alle bisher erschienenen Artikel aus dem Haßberge-Check finden Sie unter: https://www.mainpost.de/dossier/hassberge-check/