
Manche Mitglieder des Kreistags Haßberge mussten am Montag zweimal hinschauen, ob sie wirklich richtig gelesen hatten, was da an die Wand des Sitzungssaals projiziert wurde. Denn die Zielvorgabe, die Nico Kasper von der Unternehmensberatung ZEQ für die Haßberg-Kliniken ausgab, hatte es in sich: "2030 sind wir der beste Gesundheitsdienstleister in Franken."
Daran, dass er sich und seiner Firma dieses ambitionierte Vorhaben durchaus zutraut, ließ er keinen Zweifel. Beispielsweise, als er die Auszeichnungen erwähnte, die ZEQ in den letzten Jahren erhalten hat. "Sie haben es mit einer Organisation zu tun, die 365 Tage im Jahr Krankenhäuser entwickelt", sagte Kasper über die auf Kliniken spezialisierte Unternehmensberatung. Ein von ZEQ erstelltes Gutachten über den Ist-Zustand und das Entwicklungspotenzial ist nun Grundlage der Strategieberatungen der Haßberg-Kliniken.
Unternehmensberater Kasper setzt auf große Ambitionen
Nicht nur inhaltlich, sondern auch in seinem Auftreten strahlte er eine große Portion Selbstbewusstsein aus. "Ich bin ein großer Freund von Ambition", sagte er. "Ein Ziel muss groß sein." Ob die Kreisrätinnen und -räte, die seinem Vortrag lauschten, sich dem anschließen würden? Zumindest Landrat Wilhelm Schneider (CSU) scheint das Ziel für erreichbar zu halten. "Es klingt erst mal sehr hochtrabend. Das können wir gemeinsam schaffen, aber es wird nicht einfach."
Dabei betonte Nico Kasper aber auch, dass es hier um die medizinischen Standardleistungen gehe. Unrealistisch sei die Vorstellung, ein kleines Krankenhaus wie die Haßberg-Kliniken könne zur Spezialklinik werden. Vielmehr gehe es um einen guten Ruf in Sachen Innere Medizin, Geriatrie, Gynäkologie und Geburtshilfe, um Patientinnen und Patienten aus der eigenen Region anzuziehen. "Da ist es realistisch, in Franken die Spitzenposition zu erreichen", zeigte sich Kasper überzeugt.
Mehrheit Patienten kommt aus dem eigenen Landkreis
Aktuell kommen 87 Prozent der Patientinnen und Patienten der Haßberg-Kliniken aus dem eigenen Landkreis. Größere Zahlen an Menschen aus Nachbarkreisen zieht laut Kasper vor allem die Geburtshilfe in Haßfurt an.
Auf die Details dazu, wie das Kommunalunternehmen mit den beiden Klinikstandorten in Haßfurt und Ebern bis 2030 die Spitzenposition in Franken erreichen will, ging er am Montag nicht ein – zumindest nicht im öffentlichen Teil der Sitzung. Für Dienstagvormittag waren Sitzungen des Verwaltungsrates der Haßberg-Kliniken sowie des Aufsichtsrates des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) Ebern-Haßfurt angesetzt. In einem anschließenden Pressegespräch äußerten sich dann unter anderem Landrat Wilhelm Schneider und Klinik-Vorständin Regina Steenbeek-Schacht zur aktuellen Situation – und dazu, wie sich das Kommunalunternehmen für die Zukunft aufstellen will.
Grund- und Regelversorgung statt Spezialtherapie
Mit dabei war auch Bernd Hirtreiter, Geschäftsführer der Firma Medcura. Sein Unternehmen hatte im Juli 2022 bis auf Weiteres übergangsweise die Führung der Haßberg-Kliniken übernommen und im Februar 2023 Regina Steenbeek-Schacht als Klinikchefin eingesetzt.

Nico Kasper von der Unternehmensberatung ZEQ war bei dem Termin nicht vor Ort. Schneider und Steenbeek-Schacht bestätigten aber seine Grundaussage: Für die Haßberg-Kliniken gehe es vor allem darum, die wohnortnahe Versorgung im ländlichen Raum aufrechtzuerhalten. Also: Grund- und Regelversorgung statt Spezialtherapien. Steenbeek Schacht betonte, ihr Credo sei immer gewesen: "Was wir machen, machen wir richtig."
Geburtshilfe: Schon wieder ist ein Chefarzt weg
Deshalb war es ihr auch wichtig, zu betonen, dass die Geburtshilfe in Haßfurt in jedem Fall erhalten bleiben soll. Zweifel daran waren erst vor wenigen Tagen aufgekommen, als sich das Krankenhaus von Hakan Adigüzel trennte, dem Chefarzt der Gynäkologie. Sein Vorgänger Mohammad Nayef musste erst gut ein Jahr zuvor gehen, nachdem auch er nur rund zweieinhalb Jahre dort gearbeitet hatte.
"Natürlich finde ich das auch sehr bedauerlich", sagte Klinik-Vorständin Steenbeek-Schacht. Allerdings sehe sie kein strukturelles Problem in den häufigen Chefarzt-Wechseln. "Die Gründe waren völlig unterschiedlich", betont sie. Immerhin habe es sich im Fall von Adigüzel um eine einvernehmliche Trennung innerhalb der Probezeit gehandelt. "Manchmal passt es eben nicht zwischen einem Haus und einem Mitarbeiter." Bei der Neubesetzung werde man "eher länger suchen, statt auf die Schnelle was finden zu wollen". Bis dahin leitet Oberärztin Serine Hovhannisyan die Station kommissarisch.
Krankenhausreform: Zugeschnitten auf große Häuser
Eine große Rolle bei der gesamten Planung spielt die umstrittene Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Bei aller Kritik an dem neuen Gesetz betonte Landrat Wilhelm Schneider, grundsätzlich sei es gut, dass jetzt feststeht, dass das neue Gesetz zum 1. Januar in Kraft tritt. Denn damit bestehe zumindest Klarheit. "Bis jetzt wusste niemand, wie es weitergeht."
Dennoch betonten alle Beteiligten, die Reform sei auf große Krankenhäuser zugeschnitten und bedeute daher für kleine Häuser eine Herausforderung. Schließlich sei es kein Geheimnis, dass Minister Lauterbach selbst angekündigt hatte, dass in den kommenden Jahren viele Kliniken schließen würden.
Immerhin würden die aktuellen Zahlen positiv stimmen, sagte Landrat Schneider: "Gott sei Dank geht das Defizit nicht weiter nach oben." Verabschieden müsse man sich aber von dem Gedanken, das Krankenhaus könne kostendeckend arbeiten. "Wir werden als Landkreis immer Geld mitbringen müssen, um die Gesundheitsversorgung aufrechtzuerhalten."
Da müssen die anderen unterfränkischen Krankenhäuser ganz schön viele Fehlentscheidungen treffen, damit die Hassberg-Kliniken diese Poolposition einnehmen.
An dieser Prognose werden die Entscheidungsträger von heute und von morgen gemessen.
Warum lassen sich die Verantwortlichen Ihre Fallhöhe von Beratern festlegen, die bestenfalls Wegweiser sind, aber den steinigen Weg nicht gehen?