
Vor kurzem erwarb die Familie von Alexander Derra aus Prappach Obstbäume. Und zwar gleich zwanzig Stück. Zehn davon haben sie bereits gepflanzt, auf einem Gelände des TSV Prappach oberhalb des Sportplatzes. Die andere Hälfte wird auf einem privaten Wiesenhang ihr Zuhause finden. Die Kosten umfassen Schweiß, Achtsamkeit und Ausdauer – gezahlt haben die Derras für die Bäume aber nichts.
Zusammen mit seinem 62-jährigem Vater Hilmar Derra und seinem fünfjährigen Sohn Luka, berichtet Alexander der Redaktion von seinen Plänen. "Begonnen hat alles mit einem Imkerkurs, und der dort gewonnenen Erkenntnis, dass wir in unserer Region den Bienen das Leben unnötig schwer machen."
Obstbäume mussten Neubaugebiet weichen
Nun ergab sich für die Familie Derra eine günstige Konstellation: Alexander erfuhr von dem Programm "Streuobst für alle", über das die Kosten für den Erwerb bestimmter Bäume getragen werden. Hilmar Derra ist in das Rentnerleben eingetreten und kann sich der Baumpflege zuwenden, und der kleine Luka soll, so der Wunsch seiner Angehörigen, in ein Dorf hineinwachsen, das die Obstbaumkultur wertschätzt.
Als die Familie vor dreißig Jahren nach Prappach gezogen ist, standen im Ortsbereich noch unzählige prächtige, Jahrzehnte alte Obstbäume, ergänzte Vater Hilmar, der ebenfalls an dem Imkerkurs teilnimmt. "Doch die mussten nach und nach dem Neubaugebiet weichen."

Das belegt auch ein Blick in die Historie: Die offizielle Obstbaumzählung vom 1. Dezember 1900 ergab, dass in Unterfranken 5.030.722 Apfel-, Birn-, Pflaumen- und Kirschbäume standen. Dies entspricht 598,8 Obstbäume je Quadratkilometer.
Die Kosten trägt das ALE
Auch der TSV Prappach zog bei den Plänen der Derras mit und stellte eine geeignete Fläche zur Verfügung. Die Namen der Früchte, die hier künftig wachsen sollen, klingen vielversprechend: Gravensteiner, Geheimrat Dr. Oldenburg, Gellerts Butterbirne oder geflammter Kardinal. Aber auch die Marone, die Maulbeere, die Elsbeere, die Quitte und der Speierling ziehen in Prappach ein.
Die Kosten für die Anschaffung der Bäume trägt das Amt für Ländliche Entwicklung Unterfranken in Würzburg (ALE). Elfi Machmerth aus dem Sachgebiet Landespflege Streuobst erklärt: "Die Verwaltung für Ländliche Entwicklung fördert mit dem Programm 'Streuobst für alle' die Beschaffung von Streuobstbäumen für Kommunen, Vereine und Verbände." Die Bäume könnten unentgeltlich an Privatpersonen weitergeben werden
Los ging es mit dem Förderprojekt im Oktober 2022 - und es soll voraussichtlich noch bis zum Jahr 2035 laufen. Bayenweit, so das Ziel, sollen eine Million Streuobstbäume neu gepflanzt werden. 565 davon haben bisher den Weg in den Landkreis Haßberge gefunden.
Ohne Fleiß kein Preis
In der Region wurden 15 Anträge gestellt, von fünf Kommunen und zehn Vereinen, wie Machmerth auf Nachfrage der Redaktion berichtet. Kürzlich sei ein Antrag der Gemeinde Oberaurach eingegangen, welcher 100 Bäume zur Abgabe an private Endverbraucher umfasse und in Breitbrunn sollen 90 Bäume gepflanzt werden.
Doch bekanntlich gibt es keinen Preis ohne Fleiß. In diesem Sinne wird Hilmar Derra insbesondere in den Sommermonaten aktiv werden müssen: "Gießen, Gießen, Gießen." Und Weiterbildung ist auch gefragt: "Der richtige Baumschnitt", das haben die beiden Derras auf ihrem Imkerkurs gelernt, "trägt entscheidend zum Gedeihen des Baumes bei."
145 Obstbäume in der Happpertshausener Flur
Von beidem kann Christian Wittmann ein Lied singen: Er hat vor drei Jahren 145 Obstbäume in der Happertshausener Flur gepflanzt. Er ist überzeugt: Ohne die tatkräftige Unterstützung sowohl von seiner Mitarbeiterin Andrea Meub als auch von Landwirten aus der Umgebung lässt sich die Pflege der Anlage nicht bewältigen.
Denn es gibt viel zu tun. Ganzjährig findet Meub hier Beschäftigung: der Erziehungsschnitt im Winter, das Mulchen der Baumscheiben im Frühjahr, die Wiesenmahd im Juli, das Gießen während der Sommermonate, das Entfernen des Laubes im Herbst. Dann sei noch das Ablesen von Schädlingen zu erwähnen und gegebenenfalls die Instandsetzung des Verbiss-Schutzes. Doch Wittmann zweifelt nicht daran, dass sich die Mühe lohnt. Er freut sich schon darauf, mit der Ernte in seinem Unverpacktladen und in seinem Café in Hofheim bei den Kunden punkten zu können.
Der erste Quittenlikör aus eigener Herkunft durfte bereits durch die Kehlen von Mareike und Marco Schüler in Ermershausen fließen. Das Ehepaar hat auf einem ehemaligen Acker ein kleines Naturparadies erschaffen: 28 Obstbäume stehen hier, eine Schutzhecke aus Wildrosen, Sanddorn und Hartriegel wächst heran, drei Steinhaufen bieten ein Zuhause für unzähliges Getier.

Der 44-jährige Marco Schüler bestätigt die Feststellung von Wittmann, dass die Bewässerung der Bäume in den Sommermonaten elementar sei. Er greift regelmäßig in den Boden, um ein Gefühl für den Feuchtegehalt zu bekommen, berichtet er. So könne er den Bedarf an künstlicher Wasserzufuhr ertasten. Zusätzlich hat Marco Schüler Wassersäcke gekauft, die jeweils 60 Liter des kostbaren Gutes fassen. Sie sind so konstruiert, dass Tröpfchen für Tröpfchen gemächlich in der Erde versickert.
Eine eigens konstruierte Pumpe
Dennoch bleibt einiges an Arbeit übrig: Mindestens einmal im Monat rückt das Ehepaar aus, mit Bulldog, Wasserfass und eigens konstruierter Pumpe. Die 42-jährige Mareike bedient diese, während Marco sein Fahrzeug steuert. Da auch Schülers nur einmal pro Jahr ihre Wiese mähen, sei dies oft ein anstrengendes Unternehmen, zumindest für sie, berichtet Mareike Schüler.
Dann frisst s der Dachs oder der Igel.
Immer dieses kommerzielle Denken...
Man sollte aber immer im Blick haben, welche Verarmung und Gleichmacherei unser Lebensraum in den letzten Jahrzehnten dank grosskotziger Flurbereinigung (echt übles Wort!) erlitten hat.
Da war stets die Größe irgendwelcher Maschinen Ausschlag gebend und die bequeme Bewirtschaftung, Artenreichtum und Achtung für die Natur waren stets lästige Faktoren.
Streuobstwiesen sind toll, aber ich denke, ein grossangelegtes Programm zur Neuanlage von Feldhecken wäre gleichzeitig auch dringend nötig.