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Obertheres
Flüchtlingsunterkunft im Schafhof in Obertheres: Bürgermeister stellt Verfassungsklage in den Raum
Die Gemeinde will sich weiter gegen den Plan des Landratsamts zur Wehr setzen, im ehemaligen Gasthof eine Unterkunft für Geflüchtete einzurichten.
Geht es nach dem Eigentümer, soll der Schafhof in Obertheres zur Unterkunft für bis zu 60 Geflüchtete werden (Archivbild). Bürgermeister und Gemeinderat wollen das verhindern.
Foto: Lukas Reinhardt | Geht es nach dem Eigentümer, soll der Schafhof in Obertheres zur Unterkunft für bis zu 60 Geflüchtete werden (Archivbild). Bürgermeister und Gemeinderat wollen das verhindern.
Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:17 Uhr

Es ist ein Problem, mit dem derzeit viele Kommunalpolitikerinnen und -politiker zu kämpfen haben: Unter anderem aufgrund von Kriegen und Terrorismus kommen viele Geflüchtete aus verschiedensten Ländern nach Deutschland, die irgendwie untergebracht werden müssen. Die Landkreise sind in der Verantwortung, Unterkünfte zur Verfügung zu stellen – notfalls auch gegen den Willen der Standortkommunen. Die Folge: Die Bevölkerung vor Ort fühlt sich oft übergangen und vor vollendete Tatsachen gestellt. Und so gibt es auch in Stadt- und Gemeinderäten im Landkreis Haßberge Widerstand gegen die Einrichtung von Gemeinschaftsunterkünften.

Zuletzt stand das Thema im Gemeinderat Theres auf der Tagesordnung. Denn dort soll im ehemaligen Gasthof Schafhof eine Flüchtlingsunterkunft mit 60 Plätzen entstehen, der Gemeinderat hingegen lehnt diese Pläne weitgehend ab. In der Sitzung am Dienstag sprach Bürgermeister Matthias Schneider (CSU) über den aktuellen Sachstand. Dabei wurde sowohl bei ihm als auch bei vielen anderen Ratsmitgliedern der Unmut über Entscheidungen des Landratsamtes sowie über die aktuelle Gesetzeslage deutlich.

Ein Paragraf, der eine schnelle Flüchtlingsaufnahme ermöglichen sollte

Kritisch äußerte sich Schneider vor allem zu einem Paragrafen: "Paragraf 246 des Baugesetzes sollte bei den Kommunen für eine Erleichterung sorgen. Bei uns hat er zum Gegenteil geführt." Der Paragraf regelt, an welchen Orten unter Einhaltung welcher Bestimmungen Flüchtlingsunterkünfte errichtet oder bestehende Gebäude zu Unterkünften umgenutzt werden dürfen. Viele Regelungen darin stammen aus einer Zeit, als es nötig wurde, viele Geflüchtete in kurzer Zeit unterzubringen. Um das möglich zu machen, erlaubt der Paragraf, für solche Einrichtungen gewisse Ausnahmen vom Bebauungsplan zu machen.

"Paragraf 246 des Baugesetzes sollte bei den Kommunen für eine Erleichterung sorgen. Bei uns hat er zum Gegenteil geführt."
Matthias Schneider (CSU), Bürgermeister von Theres

Ursprünglich sollte das Kommunen, die schnell Menschen unterbringen wollten, die Möglichkeit geben, ein langwieriges Verfahren zur Änderung von Bebauungsplänen zu umgehen. Faktisch habe das nun aber dazu geführt, dass Landratsämter die Kommunen sehr schnell vor vollendete Tatsachen stellen können.

Bedenken beim Brandschutz: Zufahrt nur über öffentlichen Grund möglich

Der ehemalige Gasthof in Obertheres befindet sich in Privatbesitz, der Eigentümer möchte das Gebäude zur Nutzung als Flüchtlingsunterkunft an die Regierung von Unterfranken vermieten. Die Gemeinde hat dabei kaum etwas mitzureden. Zwar gab es im Gemeinderat im Oktober eine Abstimmung über das Einvernehmen mit dem Projekt. Doch dafür gelten klare Regeln: Die Frage, ob die Mitglieder des Gremiums die Einrichtung an dieser Stelle für sinnvoll halten, darf keine Rolle spielen. Es geht lediglich um das baurechtliche Einvernehmen. Sprich: Ein Ratsmitglied, das die Flüchtlingsunterkunft eigentlich ablehnt, diese Ablehnung aber nicht mit dem Baurecht begründen kann, wäre eigentlich dazu verpflichtet, zuzustimmen.

Dass in Deutschland viele Geflüchtete (Symbolbild) ankommen, wird für die Kommunen zur Herausforderung.
Foto: Soeren Stache, dpa | Dass in Deutschland viele Geflüchtete (Symbolbild) ankommen, wird für die Kommunen zur Herausforderung.

Doch die Thereser Ratsmitglieder sehen ebendiese baurechtlichen Bedenken, weshalb sie das Einvernehmen mit einer deutlichen Mehrheit von 12:1 verweigerten. Probleme sehen sie vor allem im Brandschutz. "Und dazu stehen wir weiter", betonte Bürgermeister Schneider in der Sitzung am Montag. Als Grund dafür nannte der Bürgermeister unter anderem, dass eine Zufahrt für Einsatzkräfte zu dem Gebäude nur über den öffentlichen Platz vor dem Schafhof möglich wäre.

Kann die Gemeinde künftig ihre Kirchweih nicht mehr vor dem Schafhof feiern?

Ebendiesen Platz nutzt die Gemeinde aber unter anderem, um dort große Feste wie die alljährliche Kirchweih zu feiern. Während solcher Veranstaltungen wäre der Brandschutz im Schafhof demnach nicht gesichert, "es sei denn, man verbietet uns, da unsere Kirchweih zu feiern", so der Bürgermeister.

"Die Frage ist immer: Was wäre, wenn nicht die Gemeinde der Nachbar wäre, sondern ein Privater?"
Matthias Schneider (CSU), Bürgermeister von Theres

Und so ging es in der Sitzung auch um die Frage, ob es überhaupt rechtens sein könne, dass eine Kommune so sehr in der Nutzungsfreiheit auf ihrem eigenen Grundstück eingeschränkt wird. "Die Frage ist immer: Was wäre, wenn nicht die Gemeinde der Nachbar wäre, sondern ein Privater?", meinte Bürgermeister Schneider. Dritter Bürgermeister Joachim Türke (SPD) berichtete, er habe den Eindruck, dass sämtliche Bedenken der Gemeinde für das Landratsamt keine Rolle gespielt hätten. "Dann brauche ich keine Bebauungspläne mehr", kommentierte er.

Könnte die Gemeinde vor Gericht gehen?

Aktuell kann die Gemeinde nicht viel mehr tun als abwarten. Das Landratsamt müsse nun das Brandschutzkonzept überarbeiten, allerdings habe die Kreisbehörde dem Bürgermeister bereits mitgeteilt, dass es keine Abstimmung im Gemeinderat mehr zu diesem Thema geben werde. Es solle lediglich noch eine Anhörung geben, bei der die Gemeinde ihre Sicht der Dinge vortragen kann. Ein Einvernehmen sei dann aber nicht mehr nötig, was der Bürgermeister recht befremdlich findet.

Aus seiner Sicht ist das alles ein "massiver Eingriff in die Planungshoheit der Kommunen", mit dem wohl auch andere Städte und Gemeinden zu kämpfen hätten. So brachte der Bürgermeister die Idee ins Spiel, dieses Vorgehen auf seine Verfassungsmäßigkeit prüfen zu lassen. Allerdings sei er noch unsicher, ob Theres diesen Schritt vor Gericht tatsächlich gehen solle. Bereits im November hatte er angekündigt, Theres werde sich "mit Händen und Füßen wehren".

Nicht der einzige Fall im Landkreis: Auch Haßfurter Stadtrat lehnt Unterkunft ab

Theres ist nicht der einzige Ort im Landkreis Haßberge, in dem sich Widerstand gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft regt. Auch in Haßfurt hat der Stadtrat im November sein Einvernehmen mit einem solchen Projekt verweigert. Dort geht es um eine Aufnahmeeinrichtung, die am Moosanger gebaut werden soll. Allerdings fiel die Entscheidung in Haßfurt mit 6:6 deutlich knapper aus – bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt. Ein weiterer Unterschied: Während der Gemeinderat Theres mit dem Brandschutz tatsächlich baurechtliche Bedenken ins Feld führen konnte, machte in Haßfurt gerade die CSU-Fraktion keinen Hehl daraus, dass es ihr bei der Ablehnung des Bauvorhabens in erster Linie darum ging, ein Zeichen zu setzen.

 
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