Im Grunde genommen ist es eine ganz einfache Rechnung, sagen Vater Horst und Sohn Jürgen Espig. Die Energiekosten für ihre alteingesessene Ebelsbacher Metzgerei seien im Zuge des Ukrainekrieges so in die Höhe geschossen, "dass wir die Ausgaben unternehmerisch nie und nimmer hereinholen können."
Also hat die Rechnung ein einfaches Ergebnis, das laut Jürgen Espig (44) wie folgt lautet: "Wir mussten einfach einen Schlussstrich ziehen." In wenigen Wochen, voraussichtlich Ende November, schließt das Traditionsgeschäft in der Georg-Schäfer-Straße. Die Eheleute Jürgen und Juliane Espig, die den 1950 gegründeten Betrieb in der dritten Generation führen, haben Insolvenz angemeldet.
Damit reiht sich Espig in die Vielzahl von handwerklich betriebenen Fleischereien ein, die in diesen schwierigen Zeiten landauf, landab aufgeben oder kurz davorstehen. Um die 60.000 Euro hat die Ebelsbacher Metzgerei im vergangenen Jahr für Strom und Gas gezahlt, in diesem Jahr werden es an die 150.000 Euro sein, gewährt Jürgen Espig Einblick in diesen so entscheidenden Haushaltsposten. Das ist der K.O.-Schlag.
Dabei sind es bei den Espigs bislang "nur" die Stromkosten, die die Ausgaben haben aus dem Ruder laufen lassen. Beim Gas profitieren sie noch von einem längerfristigen Liefervertrag. Doch auch hier könnte passieren, was beim Strom schon geschehen ist: dass der Anbieter kündigt.
Zwar hat die Metzgerei einen neuen Stormversorger gefunden, doch der verlangt ein Vielfaches des bisherigen Preises. Eine Katastrophe für einen Betrieb, der vor allem für die Kühlung, aber auch fürs Kochen viel Energie aufwenden muss.
Horst Espig (75), der 1970 in die damalige Metzgerei Hauff seines Schwiegervaters eingeheiratet und den Betrieb später übernommen hat, hat zum Gespräch mit der Redaktion Zeitungsausschnitte mitgebracht, die belegen, dass die Ebelsbacher Metzgerei kein Einzelfall ist. Darunter Ausgabe 19 der Deutschen Handwerks Zeitung (DHZ) vom 7. Oktober, mit dem Beitrag "Metzgereien in Not". Keine Woche vergehe, in der nicht irgendwo in Deutschland eine Metzgerei zumache, heißt es in dem Beitrag. Vor allem, weil sich für viele Betriebe die Stromkosten nicht nur verdoppelt, sondern gar vervier- oder verfünffacht hätten.
Mittelstand und Handwerk würden kaputt gemacht: Kritik an der Politik
Horst und Jürgen Espig schließen sich voll und ganz der Kritik an, die Herbert Dohrmann, Präsident des Deutschen Fleischer-Verbandes, in der DHZ äußert: Dass nämlich in der gegenwärtigen Energiekrise industrielle Schlachtbetriebe, die teilweise in direkter Konkurrenz zu den Metzgereien stünden, mit Millionenbeträgen unterstützt würden, während das Bäcker- und Metzgerhandwerk leer ausgehe. "Die Politik macht den Mittelstand und das Handwerk komplett kaputt", sagt Präsident Dohrmann in der DHZ.
Schwere Zeiten hat die Metzgerei Espig schon durchlebt. Vor zehn Jahren, damals hatte das Unternehmen noch 16 Filialen in Unter- und Oberfranken, war es zu einer ersten Insolvenz gekommen. Strengere Hygienevorschriften der EU hatten die Espigs zu einer Millioneninvestition in ein neues Gebäude mit moderner Schlachteinrichtung veranlasst – damit hatte sich der Familienbetrieb letztlich überhoben.
Jürgen und Juliane Espig übernahmen danach die Geschäftsführung, hatten zwischenzeitlich noch bis zu acht Läden, heute ist es nur noch das Stammgeschäft in der Georg-Schäfer-Straße. Dass die goldenen Jahre für Metzgereien, die 70-er und 80-er Jahre, längst vorbei sind, das ist den Espigs wohl bewusst: Sinkender Fleischkonsum, die Billigmentalität vieler Konsumentinnen und Konsumenten, steigende Rohstoffpreise und die allgegenwärtige Konkurrenz durch die Fleisch- und Wursttheken und -regale in den Supermärkten und Discountern setzten den traditionellen Betrieben auch ohne Energiekrise schon genug zu.
"Es wäre blauäugig zu behaupten, ohne Energiekrise wäre die Zukunft rosig gewesen", sagt Jürgen Espig. Aber sie hätten es schon irgendwie geschafft, mit der einen oder anderen Marktanpassung, glaubt er. Immer wieder hat sich die Metzgerei ein Stück weit neu erfunden, einen Partyservice eingeführt, im Geschäftshaus in der Georg-Schäfer-Straße ein Imbiss-Restaurant eingerichtet, Schulen und Kindergärten mit Essen beliefert. Espig ist mit einem Frühstücksmobil in Bamberg unterwegs, ein Grillmobil fährt im Wechsel verschiedene Standorte an.
Die Metzgerei betreibt sogar ein eigenes Blockheizkraftwerk
Auch in Sachen Energie waren die Ebelbacher Geschäftsleute nicht untätig: Sie haben Fotovoltaik installiert und erzeugen in einem eigenen Blockheizkraftwerk Strom. Doch das dürfe per Gesetz nur so viel sein, dass die Abwärme – die sie zur Heißwassergewinnung nutzen – vollständig im Betrieb bleibt, erklären die beiden Metzgermeister: keine Entlastung, die ihnen aktuell entscheidend weiterhelfen würde.
"Und mittlerweile treffen uns die explodierenden Stromkosten gewissermaßen doppelt", sagt Jürgen Espig. Und meint damit, dass ja auch die Kundinnen und Kunden für Energie viel tiefer in die Tasche greifen müssen. Mit der Konsequenz, die die Metzgerei inzwischen spürt, egal ob im Laden, am Frühstücksmobil oder dem fahrbaren Grill: Die Bürgerinnen und Bürger sparen an den Lebensmitteln.
Jammern will Jürgen Espig aber keinesfalls. Er selbst wird versuchen weiterzumachen, in einer Kombination aus Anstellung in Teilzeit und Selbstständigkeit. Von den 17 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Unternehmens seien einige bereits anderswo untergekommen. Und Espig ist überzeugt, dass jeder, der will, angesichts von Fachkräftemangel in der Branche und Personalknappheit in der Gastronomie auch einen neuen Job kriegt. Was aus dem Geschäftshaus wird, scheint derzeit in den Sternen zu stehen.
Der Ratschlag der Familie Espig: So schnell als möglich professionelle Hilfe holen
Metzgereien, die befürchten, in die gleiche Lage zu kommen wie nun seine, rät er, sich so schnell als möglich professionelle Hilfe zu holen. Wer rechtzeitig seine prekäre Lage erkenne, über den könne ein Insolvenzverwalter unter Umständen einen wirksamen Schutzschirm spannen. Doch für die Metzgerei Espig ist es zu spät, der Schlussstrich ist gezogen.
Für Vater und Sohn Espig heißt es unterm Strich indes nicht nur, dass ein Weitermachen betriebswirtschaftlich unmöglich gewesen wäre. Sondern es steht hier auch die Erkenntnis, dass sie ihren Beruf mit Begeistererung und Leidenschaft ausgeführt haben. Es am Ende "aber niemanden interessiert, dass ich jeden Tag um 3 Uhr aufgestanden bin und bis 20 Uhr gearbeitet habe", wie Senior Horst Espig feststellt.
Doch das ist beschönigt, denn die explodierenden Energiekosten sind eine Folge der verfehlten Politik der Regierung.
Die Überschrift sollte also heißen: "Verfehlte Politik der Merkel-Regierung zwingt Metzgerei Espig in Ebelsbach zur Aufgabe"
Der hat klug gerettet der Kinderbuchautor.
Jetzt haben wir das Schlamassel😭