Dass sich am Eberner Krankenhaus einiges ändern soll, stößt bei der Bevölkerung im Raum Ebern auf großen Widerstand. "Alle Menschen, mit denen ich gesprochen habe, glauben, das Krankenhaus steht auf der Abschussliste", sagte Klaus Junge am Mittwochabend im Landratsamt in Haßfurt. Der Eberner hat Unterschriften gegen die Pläne von Landratsamt und Klinikleitung gesammelt. Und damit ist er nicht alleine: Neben der von Junge wurden noch zwei weitere Petitionen gestartet, die das gleiche Ziel verfolgen – unabhängig voneinander, da die Initiatoren nicht von den jeweils anderen Unterschriftensammlungen wussten.
Dabei verfolgten die drei Petitionen unterschiedliche Ansätze, auf welche Art die Unterschriften gesammelt wurden. Klaus Junge hatte seine Aktion gemeinsam mit dem Pfarrweisacher Gemeinderat Klaus Dünisch gestartet, die beiden arbeiteten mit Karten, die die Unterstützer der Petition ausfüllen konnten. Ralf Kestel und Wolfgang Zirbik vom Eberner Aktionsbündnis "Rettet unser Krankenhaus" setzten dagegen auf klassische Unterschriftenlisten.
Nicht mehr als 30 Minuten bis zur nächsten Klinik
Und schließlich gab es noch eine Online-Petition, die von Klaus Emmerich gestartet wurde. Dieser stammt selbst nicht aus der Region Ebern, ist allerdings was die Organisation von Krankenhäusern angeht ein Fachmann: Bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2020 war Emmerich Vorstand der Landkreiskrankenhäuser in Sulzbach-Rosenberg (Oberpfalz), nun kämpft er mit der Aktionsgruppe "Schluss mit Kliniksterben in Bayern" für das Ziel, "dass jede Bürgerin und jeder Bürger in Deutschland innerhalb von 30 Minuten ein qualitativ hochwertiges Krankenhaus erreicht, das mindestens über eine Notfallversorgung der Notfallstufe 1 verfügt".
Am Mittwochabend trafen sich die Initiatoren aller drei Petitionen im Landratsamt mit Landrat Wilhelm Schneider und Klinik-Vorstandsmitglied Wilfried Neubauer, um ihnen ihre gesammelten Unterschriften zu übergeben. Die meisten Stimmen waren bei Emmerichs Online-Petition zusammengekommen: 3046 Personen haben dort unterschrieben. Klaus Junge übergab dem Landrat 1220 ausgefüllte und unterschriebene Karten. Kestel und Zirbik hatten auf ihren Listen insgesamt 2283 Unterschriften gesammelt.
Pflegeplätze statt Chirurgie
Allerdings wäre es falsch, diese drei Zahlen einfach zusammenzuzählen, denn die Initiatoren der drei Petitionen haben ihre gesammelten Unterschriften noch nicht miteinander abgeglichen. Es dürfte also durchaus Personen gegen, die sowohl auf einer Karte, einer Liste und online unterschrieben haben. Ralf Kestel betont allerdings, dass die Schrift auf seinen Listen darauf hindeute, dass hier eher ältere Menschen unterzeichnet haben, die wenig computeraffin sind, was gegen eine allzu große Zahl an Dopplungen mit Emmerichs Online-Petition spreche.
Die Pläne des Landratsamtes und des Klinikvorstandes sehen vor, dass es in Ebern künftig keine stationäre Chirurgie mehr geben soll. Stattdessen sollen in Teilen der Krankenhaus-Räumlichkeiten Plätze für Altenpflege entstehen. Das soll zum einen dem bestehenden Mangel an Pflegeplätzen entgegenwirken, zum anderen soll das Projekt für kürzere Wege sorgen, da besonders ältere und pflegebedürftige Menschen mehr medizinische Versorgung benötigen.
Ein Krankenhaus mit zwei Standorten
Kritiker werfen dem Landkreis und den Haßberg-Kliniken vor, das Haus Ebern sterben zu lassen: Ohne stationäre Chirurgie sei das Krankenhaus kein richtiges Krankenhaus mehr. Wilfried Neubauer, der nach dem Ausscheiden der Vorstandsvorsitzenden Dr. Vera Antonia Büchner die Haßberg-Kliniken vorerst alleine führt, hatte dagegen bereits vor dem Kreistag betont, dass es sich bei dem Kommunalunternehmen nicht um zwei Krankenhäuser handle, sondern um ein Krankenhaus mit zwei Standorten. So rechtfertigte er die Pläne, beide Häuser stärker zu spezialisieren und künftig nicht mehr alle Leistungen an beiden Standorten anzubieten.
Landrat Schneider betonte, die Umstrukturierung sei auch deshalb wichtig, weil Pflegeplätze dringend benötigt würden. Wolfgang Zirbik fragte daraufhin, warum es nicht möglich sei, beides zu verwirklichen, also Pflegeplätze am Eberner Krankenhaus zu schaffen, ohne dabei die komplette Chirurgie nach Haßfurt zu verlagern.
Klaus Emmerich kritisierte, dass durch den Abzug der Chirurgie aus Ebern die Forderung seines Aktionsbündnisses nicht mehr erfüllt werde, nach der es allen Menschen möglich sein müsse, innerhalb von maximal einer halben Stunde ein Krankenhaus zu erreichen, in dem eine Notfallversorgung angeboten wird. Zudem warnte er Schneider und Neubauer: "Klar ist: Es wird weniger Krankenhäuser in Deutschland geben." Allerdings würden dann die verbleibenden Häuser eine bessere Finanzierung bekommen. Betroffen von den Schließungen seien seiner Einschätzung nach wohl vor allem Kliniken, die keine ausreichende Notfallversorgung anbieten.
Emmerich sagte, er gehe davon aus, dass die entsprechenden politischen Entscheidungen in naher Zukunft fallen würden. So regte er an, der Landkreis solle die Pläne für eine Neuausrichtung der Haßberg-Kliniken zumindest um ein Jahr verschieben und diese Entscheidungen abwarten, anstatt jetzt schon Tatsachen zu schaffen. "Sie verbauen sich die Gelegenheit, eine Notfallstufe 1 zu bekommen."
Wilfried Neubauer verwies dagegen auf den großen Aufwand, den ein Krankenhaus schon alleine für diese Basis-Notfallversorgung leisten muss: Auf der Intensivstation muss es mindestens sechs Betten geben, dazu kommt allerhand Ausrüstung für die Versorgung der Patienten, ebenso wie das Personal für die Versorgung von Notfällen. "Diese Kriterien erfüllen wir am Standort Haßfurt mit viel Anstrengung", sagte Neubauer. Doch in Ebern sei das bei der geringen Zahl an Notfällen, die dort behandelt werden, "praktisch nicht durchführbar". Auch Landrat Schneider verwies auf die geringen Patientenzahlen in Ebern. "Jeder will die Chirurgie, aber keiner nutzt sie", sagte er.
Trotz der unterschiedlichen Ansichten lief das Gespräch zwischen Klaus Emmerich, Wolfgang Zirbik, Ralf Kestel, Wilhelm Schneider und Wilfried Neubauer ruhig ab; beide Seiten behandelten sich gegenseitig höflich und respektvoll und zeigten auch Verständnis für die Anliegen der jeweils anderen Seite.
Lediglich von Klaus Junge kamen einige Zwischenrufe, mehrfach fiel er Schneider und Neubauer ins Wort und verärgerte den Landrat auch mit dem Vorwurf: "Keiner glaubt Ihnen mehr." Wilhelm Schneider betonte abschließend: "Jeder von uns möchte den Standort Ebern so lange wie möglich erhalten." Darüber, wie dieses Ziel zu erreichen sei, sind beide Seiten allerdings weiterhin unterschiedlicher Meinung.
nur eine Anmerkung am Rande und unabhängig von jeglicher Meinung zum Krankenhaus Ebern: Landrat Wilhelm Schneider wohnt nicht im Landratsamt, auch nicht in Haßfurt oder dem in vielerlei Hinsicht privilegierten Maintal. Sondern im nordöstlichen Landkreis. Zur Erinnerung: Er vor vormals Bürgermeister von Maroldsweisach. Liebe Grüße, Martin Sage