zurück
Kreis Haßberge
Ein Minus von 7,5 Millionen Euro: Wie es jetzt mit den Haßberg-Kliniken weitergehen soll
Interimsvorständin Regina Steenbeek-Schacht und Landrat Wilhelm Schneider geben im Interview einen Überblick über die aktuelle Lage der Haßberg-Kliniken.
Interimsvorständin Regina Steenbeek-Schacht und Landrat Wilhelm Schneider blicken im Gespräch mit der Redaktion unter anderem auf die finanzielle Situation der Haßberg-Kliniken.
Foto: Torsten Leukert | Interimsvorständin Regina Steenbeek-Schacht und Landrat Wilhelm Schneider blicken im Gespräch mit der Redaktion unter anderem auf die finanzielle Situation der Haßberg-Kliniken.
Rebecca Vogt
 |  aktualisiert: 13.02.2024 01:21 Uhr

Die Haßberg-Kliniken schreiben erneut rote Zahlen, und dieses Mal recht deutlich: Für das vergangene Jahr steht ein Minus von rund 7,5 Millionen Euro zu Buche. Auch 2023 rechnen die Verantwortlichen mit einem großen Defizit. Interimsvorständin Regina Steenbeek-Schacht und Landrat Wilhelm Schneider (CSU) blicken im Gespräch mit der Redaktion auf die aktuelle finanzielle Lage des Kommunalunternehmens, aber auch darüber hinaus.

Frage: Das Minus der Haßberg-Kliniken liegt im Geschäftsjahr 2022 bei rund 7,5 Millionen Euro. Mit Blick auf den Krankenhaus-Betrieb: Was verursacht eigentlich die meisten Kosten?

Regina Steenbeek-Schacht: Ein Krankenhaus ist grundsätzlich ein Dienstleistungsbetrieb, das heißt, die höchsten Kosten, die wir haben, liegen immer im Bereich des Personals, das ist einfach so. Hier sind zuletzt, wie überall, die Kosten ständig gestiegen. 2023 wird dieser Schub durch tarifliche Lohnsteigerungen noch einmal deutlich höher ausfallen. Außerdem fallen allgemein mehr Sachkosten an. Wir haben zum Beispiel viel höhere Ausgaben im Bereich Hygiene. Die Energiekosten sind ebenfalls deutlich gestiegen. Gleichzeitig hat aber das Aufkommen von stationären Patientinnen und Patienten noch nicht wieder das Vor-Pandemie-Niveau von 2019 erreicht. Auch die Fallpauschalen, die wir über das sogenannte DRG-System für die Behandlungen erhalten, sind nicht im gleichen Maß gestiegen wie unsere Kosten und reichen daher nicht, um diese abzudecken.

Wilhelm Schneider: Die Haßberg-Kliniken sind ein Haus der Grund- und Regelversorgung. Es werden hier also generell einfachere Operationen getätigt. Deren Vergütung fällt jedoch geringer aus als die Vergütung komplexer OPs. Deswegen haben unter den Kliniken auch in erster Linie die Häuser der Grund- und Regelversorgung große finanzielle Probleme.

Wie wollen Sie dafür sorgen, dass nicht erneut ein derart großes Defizit in der Bilanz der Haßberg-Kliniken zu Buche schlägt?

Steenbeek-Schacht: Ein wichtiger Punkt ist, dass wir ein Mehr an Leistung erbringen wollen, indem wir noch mehr Patientinnen und Patienten für uns gewinnen. Hierfür brauchen wir die Unterstützung der Menschen aus dem Landkreis. Ich glaube, jedem ist es wichtig, dass es das Krankenhaus vor Ort gibt. Aber leider orientieren sich Bürgerinnen und Bürger, wenn sie es sich aussuchen können, dann doch oft in Richtung der größeren Häuser, nach Bamberg oder Schweinfurt. Unsere Aufgabe ist es hier zum Beispiel, einen guten Kontakt zu den Zuweisern zu pflegen. Viele Menschen kommen auf Empfehlung ihrer Hausärztin oder ihres Hausarztes zu uns. Natürlich prüfen wir auch, wo wir Kosten senken und Leistungen günstiger erbringen können.

Schneider: Viele Faktoren können wir von Haus aus gar nicht beeinflussen, da uns ganz einfach die Rahmenbedingungen vorgegeben sind. Wo wir aber etwas machen können, und daran arbeiten wir auch bereits, ist zum Beispiel der Bereich der Organisation. Wenn die OPs gut durchgeplant sind, so dass kein Leerlauf entsteht, können unter dem Strich mit demselben Personal mehr Operationen durchgeführt werden. Irgendwann ist hier aber natürlich auch eine Grenze erreicht.

"Es nützt nichts, wenn wir ein Defizit von zwei Millionen veranschlagen, aber bereits wissen, dass das nicht funktionieren wird."
Wilhelm Schneider, Landrat
Wie sehen die Planungen für das aktuell laufende Geschäftsjahr 2023 aus?

Schneider: Es ist ein Minus von fünf Millionen Euro eingeplant, das am Ende der Landkreis und die Kommunen – über die Kreisumlage – ausgleichen müssen. Es nützt nichts, wenn wir ein Defizit von zwei Millionen veranschlagen, aber bereits wissen, dass das nicht funktionieren wird. Januar und Februar sind unter Plan verlaufen, der März planmäßig. Aufgrund der Feiertage fällt der April meist etwas schwächer aus, davon darf man sich nicht schrecken lassen. Wir müssen jetzt einfach versuchen, unseren Plan bis Jahresende aufzuholen. Wenn wir die Zielvorgaben nicht ganz erreichen, bricht die Welt nicht zusammen, aber der Wirtschaftsplan ist für uns eine wichtige Orientierung.

Das Krankenhaus in Haßfurt aus der Luft (Archivbild aus dem Jahr 2020). Die Haßberg-Kliniken versuchen ihre Finanzlage aufzubessern, unter anderem soll dazu die OP-Planung überarbeitet werden.
Foto: René Ruprecht | Das Krankenhaus in Haßfurt aus der Luft (Archivbild aus dem Jahr 2020). Die Haßberg-Kliniken versuchen ihre Finanzlage aufzubessern, unter anderem soll dazu die OP-Planung überarbeitet werden.
Was die Zukunft vieler Krankenhäuser betrifft, haben die Reformpläne des Gesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) für Wirbel gesorgt. Bislang ist das nur ein erster Entwurf. Aber: Welche Vor- und Nachteile würden sich daraus für die Haßberg-Kliniken ergeben?

Schneider: Als Haus der Grund- und Regelversorgung bieten wir eine entsprechende medizinische Versorgungsstruktur, ohne dass diese aktuell entsprechend vergütet wird. Es braucht daher eine Basisvergütung und aufbauend darauf die Fallpauschalen. Das ist ein positiver Aspekt des Reformvorschlags. Probleme bereiten würde uns aber zum Beispiel, dass für Einrichtungen des Levels 1n – und wir gehen davon aus, dass das Haus Haßfurt diesen Status erreichen würde – nur noch bestimmte Abteilungen vorgesehen sind. Wir könnten dann einzelne Leistungen nicht mehr anbieten. Das wäre zum einen wirtschaftlich schlecht für uns, zum anderen würde es aber vor allem die medizinische Versorgung im Landkreis verschlechtern.

"Es braucht zwingend eine pauschalisierte Grundabsicherung der Krankenhäuser. Das ist das, was uns am Reformvorschlag gefällt."
Regina Steenbeek-Schacht, Interimsvorständin

Steenbeek-Schacht: Es braucht zwingend eine pauschalisierte Grundabsicherung der Krankenhäuser. Das ist das, was uns am Reformvorschlag gefällt. Sobald die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte am Freitagnachmittag ihre Türen schließen, herrscht in unserer Notaufnahme Hochbetrieb. Wir halten die Notfallversorgung selbstverständlich vor, obwohl sie uns ohne stationäre Aufnahme aktuell finanziell wenig bringt. Es wäre gut, wenn sich das in Zukunft ändern würde. Einschränkungen der Leistungen, die wir erbringen dürfen, fände ich hingegen sehr unglücklich. Das Implantieren von Hüft- und Kniegelenken ist zum Beispiel für Level 1n nicht mehr vorgesehen. Es handelt sich dabei aber um etwas, was wir aktuell mit großer Expertise und Erfolg anbieten. Warum sollten wir das in Zukunft nicht mehr machen?

Was würden die Reformvorhaben des Gesundheitsministers für das Haus Ebern bedeuten?

Schneider: So wie der Reformvorschlag aktuell gehalten ist, würde Ebern als klassische Level-1i-Einrichtung gelten. Das wäre für das Haus auch genau das Richtige und entspräche dem, wie wir es für die Zukunft aufstellen wollen, nämlich bedarfs- und zukunftsgerecht, sektorenübergreifend und mit dem Angebot der Kurzzeitpflege.

Würde mit Level 1i aber nicht die aktuell tagsüber noch vorhandene Notfallversorgung entfallen?

Steenbeek-Schacht: Solange jemand im Haus ist, sind wir auch verpflichtet, im Notfall zu helfen. Für Level 1i ist derzeit vorgesehen, dass diese Häuser nicht rund um die Uhr mit einem Arzt besetzt sein müssen, sondern mit einer leitenden Pflegekraft, die bei Bedarf einen Hintergrunddienst rufen kann, der in einer halben Stunde vor Ort sein muss. Das Ganze ist noch eine relativ theoretische Betrachtung und Zukunftsmusik. Wir könnten dann aber in Ebern zum Beispiel wieder alle Fachabteilungen aufnehmen und Patientinnen und Patienten bei Bedarf dort auch stationär behandeln, was aktuell nicht geht.

Sie haben es vorhin schon angesprochen: Teilweise zieht es die Menschen in größere Krankenhäuser außerhalb des Landkreises. Wie nehmen Sie eigentlich selbst das Image der Haßberg-Kliniken wahr?

Steenbeek-Schacht: Ich kann nur das wiedergeben, was mir entgegengebracht wird. Vorletzte Woche zum Beispiel war ich in Ebern. Dort waren die Rückmeldungen sehr positiv, was das Haus angeht. Es gibt viele Menschen, die sehr zu schätzen wissen, dass wir da sind und sie im Notfall versorgen. Genauso empfinde ich das auch hier in Haßfurt. Es kommt aber immer ein bisschen darauf an, was die Menschen gerade selbst an Erfahrungen mit uns gemacht haben. Ich glaube, dass unser Image an sich gut ist, aber wir sind eben kein Maximalversorger.

Schneider: Wir müssen vor allem daran arbeiten, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht nur gut über uns reden, sondern dass sie unser Angebot auch nutzen. Das ist ganz wesentlich, egal ob in Ebern oder in Haßfurt. Wenn die Menschen den Erhalt der Krankenhäuser vor Ort fordern, müssen sie sie auch nutzen. Wir können unsere Belegungszahlen sicher noch steigern. Ich bin guter Dinge, dass das funktioniert. Zumal wir auch den Generationswechsel geschafft haben und in vielen Bereichen junge Chefärztinnen und Chefärzte einstellen konnten.

Wo besteht Ihrer Ansicht nach noch Verbesserungsbedarf?

Steenbeek-Schacht: Oft spielt das Thema Kommunikation eine große Rolle. Das beginnt bei relativ einfachen Dingen: Wann bekommen Sie Bescheid, dass Sie entlassen werden? Wie rechtzeitig erfahren Angehörige, dass eine zu Pflegende oder ein zu Pflegender wieder nach Hause kommt? Wie sieht der Arztbrief aus? Warum werden Patientinnen und Patienten in der Notaufnahme nicht nach der Reihenfolge ihres Eintreffens behandelt? Das hat alles erstmal nichts mit der von uns geleisteten Qualität zu tun, aber es ist für die Patientin oder den Patienten und die Angehörigen wichtig zu wissen, sonst wird das schnell als negativ empfunden. Hier können wir in der Kommunikation besser werden.

(Um-)Baumaßnahmen in Haßfurt und Ebern

Der OP-Trakt der Haßberg-Kliniken im Haus Haßfurt stammt aus dem Jahr 1984. 2018 hat der Verwaltungsrat des Kommunalunternehmens daher einen Neubau beschlossen. Der Baubeginn hatte sich zuletzt jedoch verzögert. "Aktuell warten wir auf die Baugenehmigung", erklärt Interimsvorständin Regina Steenbeek-Schacht. Einen genauen Termin für die Fertigstellung gebe es daher noch nicht. Als Kosten stehen Landrat Wilhelm Schneider zufolge nach wie vor rund 30 Millionen Euro im Raum.
Im Haus Ebern planen die Haßberg-Kliniken zwischen 25 und 30 Kurzzeitpflegeplätze zu schaffen. Ab Anfang 2025 sollen diese dann nach Auskunft von Steenbeek-Schacht für Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung stehen.
bex

Über die geplante Krankenhausreform

Die umstrittenen Reformvorschläge, die eine 17-köpfige Regierungskommission "für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung" erarbeitet hat, sehen unter anderem vor, dass Krankenhäuser zukünftig in drei Stufen eingeordnet und entsprechend gefördert werden, wie das Bundesgesundheitsministerium auf seiner Website informiert.
Level 1 soll dabei die Grundversorgung umfassen, das heißt, die medizinische und pflegerische Basisversorgung, zu der laut Ministerium beispielsweise grundlegende chirurgische Eingriffe und Notfälle zählen. Unterschieden werden soll dabei zwischen Krankenhäusern, die die Versorgung im Notfall sicherstellen (1n), und Krankenhäusern, die eine integrierte ambulant/stationäre Versorgung anbieten (1i).
Krankenhäuser, die im Vergleich zur Grundversorgung noch weitere (vordefinierte) Leistungen anbieten, sollen laut Bundesgesundheitsministerium – beziehungsweise den Reformvorschlägen nach – zu Level 2 zählen, welcher die Regel- und Schwerpunktversorgung abbildet. Level 3 soll für die Maximalversorgung stehen, wie sie zum Beispiel an Universitätskliniken angeboten wird.
bex

Hinweis: Das Gespräch der Redaktion mit Interimsvorständin Regina Steenbeek-Schacht und Landrat Wilhelm Schneider fand in der zweiten Maiwoche statt.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Haßfurt
Hofheim
Ebern
Rebecca Vogt
Arztpraxen
Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung
CSU
Haßberge 2050
Karl Lauterbach
Krankenhausversorgung
Pflegepersonal
Universitätskliniken
Wilhelm Schneider
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • M. S.
    Das ist ja kein Wunder,das das Minus immer mehr wird, nicht was wir Tun müssen sondern was wir machen,warum geht man nicht in die Haßberkliniken weil man nicht aufgenommen wird wegen angeblicher Überbelegung.Man wird ja gezwungen in andere Kliniken zugehen weil manche Ärzte nicht mal nötig heben auf Station anzurufen ob ein Bett frei ist.Die Bürger würden sich schon in Haßfurt behandeln lassen,aber sie werden nicht aufgenommen.So erging es mir als langjähriger Mitarbeiter.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • D. E.
    Einfache Behandlungen/Notfall in Haßberg-Kliniken ja. Schwierige und planbare Behandlung in Schwerpunktkrankenhaus.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • G. H.
    So ist es......
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • D. E.
    Was ist mit Söders Krankenhaus-Schutzschirm von 2018? Wann kommt der?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. F.
    Ein Landrat der von der Materie Krankenhaus gar keine Ahnung hat will da herum doktern. Das war bei Herrn spahn als gesundheitsminister genauso. Warum machen Leute solche Posten wenn sie keine Ahnung davon haben. Meine Meinung dazu einfach geltungsbedürfnis. Wenn es schief geht zahlt es ja der Steuerzahler.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten