Der Krieg in der Ukraine hat auch in Deutschland vieles verändert. Unter anderem hat er das Thema Militär wieder auf die Tagesordnung gebracht. Gedanken an Landesverteidigung und Wehrpflicht schienen gerade den jüngeren Generationen zuletzt sehr fremd. Krieg war in der Wahrnehmung der Menschen etwas, das auf anderen Kontinenten stattfindet, nicht im heimischen Europa. Im Jahr 2011 wurde in Deutschland die Wehrpflicht ausgesetzt, seitdem müssen sich Schüler im Abschlussjahrgang auch nicht mehr mit der Frage beschäftigen: Gehe ich zur Bundeswehr oder verweigere ich?
Doch was halten Jugendliche kurz vor dem Schulabschluss heute von Dingen wie Militär und Wehrpflicht? Hat sich ihre Meinung vielleicht auch durch den russischen Angriff auf die Ukraine verändert? Die Redaktion hat Schülerinnen und Schüler der Abschlussklasse des Regiomontanus-Gymnasiums Haßfurt dazu befragt.
1. Maximilian Issing, 18 Jahre, aus Knetzgau
Ich stehe der Einführung der Wehrpflicht kritisch gegenüber – dies nicht aus nur pazifistischen Gründen, sondern eher bedingt durch das Gefühl, dass es die falsche Lösung für ein reales Problem ist. Der Zwang, junge Menschen wie mich gegen ihren Willen und Moralvorstellungen zur Waffe zu bringen, überbrückt nur das eigentliche Problem: Die Bundeswehr als Institution/Arbeitgeber ist zu unattraktiv.
Lange hat man es verschlafen, im 21. Jahrhundert anzukommen, und dieser Personalmangel sind die Früchte dessen. Dass man sich nun im Gegensatz zu anderen nicht kritisch hinterfragt und stattdessen auf Pflicht setzt, ist ein Armutszeugnis für eine Armee eines großen Industrielandes. Nichtsdestotrotz würde ich im Ernstfall zur Waffe greifen, da ich es als patriotische Pflicht ansehe – gleichzeitig verstehe ich Bedenken dagegen jeglicher Art. Die Vorstellung, ein Staat habe das Recht, über Leben und Tod seiner Bürger zu entscheiden, sagt mir nicht zu – in unserer Zeit sollte man weg kommen von dem Modell der Politik, das über einem steht anstatt für einen zu sein. Prinzipiell geändert hat der Krieg meine Meinung nicht, nur die Aktualität scheint beängstigend.
2. Eric Stevanovic, 18 Jahre, aus Knetzgau
"Wenn Sie mich als Zivilisten fragen, als Staatsbürger, als Politiker, würde ich sagen: Es war ein Fehler, die Wehrpflicht auszusetzen." So sprach Verteidigungsminister Pistorius in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung über die Wehrpflicht und eine mögliche Wiedereinführung dieser.
Prinzipiell stimme ich seiner Aussage zu. Dennoch ist zu bedenken, dass eine Wiedereinführung der Wehrpflicht Probleme mit sich bringen würde. Ein Naheliegendes ist zunächst die Überforderung des bereits überfüllten Kasernensystems. Zwar besitzt die Bundeswehr insgesamt 1500 Liegenschaften mit 33.000 Gebäuden, die jedoch nicht nur Kasernen, sondern auch Lager, Reparaturstätten etc. miteinschließen. Doch sind viele dieser Objekte marode und haben beispielsweise keine intakten sanitären Einrichtungen oder sind gar kaum noch bewohnbar.
So wäre es zum jetzigen Zeitpunkt aus offensichtlichen Gründen nicht möglich, eine Wehrpflicht einzuführen. Daneben fehlt es schlichtweg an Kapazitäten, hunderttausende Wehrpflichtige auszurüsten. Dies alles könnte sich natürlich durch das bewilligte Sondervermögen von 100 Milliarden Euro ändern.
Ich persönlich bin für die Wehrpflicht und würde Deutschland im Falle eines Angriffs auch verteidigen. Der Krieg in der Ukraine hat vielen, unter anderem mir, erneut aufgezeigt, dass Frieden selbst heutzutage keine Garantie ist. Es ist zweifellos besser, auf den Ernstfall vorbereitet zu sein, als von ihm überrascht zu werden. So halte ich trotz all der Probleme eine Wehrpflicht für sinnvoll.
3. Thea Hiernickel, 17 Jahre, aus Haßfurt
Meiner Meinung nach widerspricht ein verpflichtender Wehrdienst der Idee der Freiheit und Selbstbestimmung jedes Einzelnen. Daran ändert auch ein Krieg nichts. Die Entscheidung, ob man bereit ist, im Militärdienst zu dienen oder nicht, sollte eine persönliche Entscheidung sein, die frei von äußeren Zwängen getroffen wird. Ein freiwilliger Wehrdienst würde sicherstellen, dass nur diejenigen, die wirklich bereit sind, in der Bundeswehr zu dienen, sich dafür entscheiden. Es ist wichtig, dass jeder Bürger seine Verantwortung für ein gewaltfreies Zusammenleben in unserer Gesellschaft wahrnimmt (beispielsweise auch durch das Engagement als Bundesfreiwilligendienstleistender).
Insgesamt kann eine sichere und friedliche Gesellschaft nicht nur durch den Einsatz von Waffen erreicht werden, sondern durch die Förderung von Toleranz, Verständnis und gegenseitiger Hilfe. Ich persönlich finde, dass Wehrdienst in Deutschland ein freiwilliges, individuelles Engagement sein sollte, das für alle – egal ob männlich oder weiblich, schwarz oder weiß – zugänglich ist.
4. Benedikt Voll, 18 Jahre, aus Haßfurt
Ich stehe einer allgemeinen Wehrpflicht mit gemischten Gefühlen gegenüber. Kritisieren lässt sich meiner Meinung nach das Konzept einer Pflicht zum militärischen Dienst, da niemand gezwungen sein sollte, an Kriegsakten teilzunehmen. Jedoch sehe ich hier gerade den Zivildienst als Möglichkeit, seinen Dienst zu tun und andere Probleme wie beispielsweise den Pflegenotstand zu lösen.
Persönlich glaube ich, dass ich, sollte es zu der Notwendigkeit kommen, mein Land mit der Waffe verteidigen würde, gerade um die Menschen und Werte Deutschlands zu verteidigen. Dies wäre nur der Fall, wenn vorher alle friedlichen Konfliktlösungen gescheitert wären.
Durch den Ukrainekrieg hat sich meine Meinung zwar nicht verändert, allerdings verstärkt. Der Krieg hat mir persönlich nochmals vor Augen geführt, dass für die friedliche Situation, in der sich Deutschland mittlerweile schon seit längerer Zeit befindet, keine Garantie besteht. Und gerade daran hat sich gezeigt, dass es auch für eine friedliche Nation wichtig ist, ein funktionierendes Militär zu besitzen.
5. Julian Feix, 18 Jahre, aus Knetzgau
Meines Erachtens ist die allgemeine Dienstpflicht keine gute Idee. Dadurch würde sich zunächst mein Studium und damit der Eintritt in das Berufsleben um entsprechende Zeit verschieben. Gerade im Hinblick auf den Fachkräftemangel, wodurch jedes Jahr Arbeit im selbst gewählten Beruf immer wichtiger wird, wäre die Dienstpflicht widersprüchlich. Des Weiteren verkennen die Befürworter sowohl die Herausforderungen der Bundeswehr als auch die sozialer Berufe. Denn eine mögliche Einführung von wenigen Wochen, insofern hierfür überhaupt Ressourcen vorhanden wären, würde nicht dazu führen, dass wir mehr qualifizierte Sozialarbeiter oder ein leistungsstarkes Heer hätten.
Gerade der Ukrainekrieg hat aufgezeigt, dass ein gut ausgebildeter Soldat professioneller und effizienter unser Land verteidigen könnte als jener, der nur die Wehrpflicht abgeleistet hat. Auch mit einer einjährigen Ausbildung im Rahmen der Wehrpflicht würde ich mich nicht ausreichend qualifiziert fühlen, aktiv mit einer Waffe zu kämpfen. Allerdings wären Aufgaben wie die Lebensmittelversorgung der Soldaten für mich selbstverständlich.
6. Linus Wunderlich, 17 Jahre, aus Hofheim
Ich bin kein Befürworter der Wehrpflicht – zumindest nicht in der Form, in der es sie noch vor einigen Jahren gab. Die Wehrpflicht wurde aus guten Gründen abgeschafft: Sie war nicht zeitgemäß, zu teuer, ungerecht und vor allem nicht von Vorteil für die Bundeswehr. Diese benötigt gut ausgebildete Soldaten. Dem wird ein einjähriger Pflichtdienst nicht gerecht.
Außerdem wäre für mich aus persönlichen Gründen ein Kriegsdienst unvorstellbar. Worin ich jedoch eine Bereicherung sehe, ist ein allgemeiner Gemeinschaftsdienst, wahlweise in Feldern wie Klimaschutz, Altenpflege, Sozialdiensten oder eben im Militärischen.
Ich bin unsicher, ob ich selbst mein Land mit der Waffe verteidigen würde, hoffe aber, dass es nicht so weit kommt. Ich bewundere alle Ukrainer, die sich täglich in Todesgefahr begeben. Man muss auch wertschätzen, dass die Ukraine infolge ihrer Annäherung an den Westen auch unsere europäischen Werte im Kampf gegen den Aggressor Russland vertritt.
Aber man darf nie vergessen, dass bei einer kriegerischen Auseinandersetzung keine Soldaten fallen, sondern Menschen sterben. Ich bin mir nicht sicher, ob ich in der Lage wäre, das Leben eines Menschen nur aufgrund verschiedener politischer Meinungen zu beenden.
Zumindest hat mich der Krieg in der Ukraine dafür sensibilisiert, dass der Frieden in Europa keine Selbstverständlichkeit ist und es diesen zu verteidigen gilt. Dennoch ist in meinen Augen die Wiedereinführung der Wehrpflicht der falsche Weg. Stattdessen müsste man auf tiefgreifende Wirtschaftssanktionen gegen Russland setzen.
Nein, der Staat (unser Gemeinwesen) ist nicht nur für Euch da, Ihr müsst auch was für Ihn leisten: z.B. Steuern zahlen, Politik aktiv mitgestalten, wählen gehen, sich zivilgesellschaftlich engagieren und zur Not eben auch bereit sein, die Waffe in die Hand zu nehmen!
Die Betonung liegt auf "müssten"...
Ich bin voll und ganz für eine Dienstpflicht für Jeden.
Egal welches Geschlecht, jeder sollte eine Zeit lang verpflichtet sein einen Dienst für die Gesellschaft abzuleisten. Ob das nun im sozialen Dienst oder im Wehrbereich ist, dafür sollte sich jeder frei entscheiden.
Wie lange? mindestens 6 Monate. Für zukünftig Studierende könnte man den Pflichtdienst sogar über Teilzeit oder Ferienzeit ableisten.
Vielleicht gibt es dann auch wieder genug Interessenten für Pflege und Wehrdienst.
dass es sich so ergeben hat, dass nur eine Frau dabei ist, fand ich persönlich auch schade. Ursprünglich hatte uns die Schule mitgeteilt, dass fünf Schüler und drei Schülerinnen uns Textbeiträge liefern würden. Leider haben dann aber zwei Frauen den angekündigten Text nicht geliefert, und ich musste mit den Texten arbeiten, die wir hatten.
Was die Reihenfolge der Texte angeht: Es sollten nicht zu viele gleiche Meinungen aufeinander folgen, sondern ich habe versucht, Befürworter und Gegner der Wehrpflicht abwechselnd zu Wort kommen zu lassen. Da bei den Antworten die Gegner in der Überzahl waren, war es sinnvoller, mit einem von ihnen anzufangen. Nebenbei bemerkt: Hätte ich die Texte einfach in der Reihenfolge veröffentlicht, in der ich sie bekommen habe, wäre es deutlich extremer ausgefallen, denn die beiden Wehrpflicht-Befürworter waren die letzten von den sechs Personen, die uns ihre Texte geschickt haben.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Schmieder, Redakteur
Der neu eingeführte § 2 Wehrpflichtgesetz (WPflG) setzt die gesetzliche Verpflichtung zur Ableistung des Grundwehrdienstes zum 1. Juli 2011 aus. Damit ist die Wehrpflicht nicht abgeschafft, lebt aber nur auf, wenn der grundgesetzlich geregelte Spannungs- oder Verteidigungsfall festgestellt wird.
Technik sollte möglichst aus dem Hinterzimmer bedient werden. Vielleicht würde, dass ein paar junge Erwachsene begeistern.
Kein Deutscher Soldat sollte irgendwo sein Leben risikieren müssen wenn seine Aufgaben die Technik übernehmen kann.
Aber anscheinend darf man hier nicht für eine Allgemeine Wehrpflicht für ALLE werben und plädieren, ohne von den Sinnenden der Mainpost zensiert zu werden.
Ich habe wie viele gedient und ja, es war unangenehm, der Wehrsold lag bei 119 DM im Monat und das Essen war nicht immer das gelbe vom Ei. Putzen und Ordnung hat nicht die Familienbedienstete geleistet und die Kameradschaft war top.
Die Eigensinnigkeiten und Befindlichkeiten jeder Generation wird immer besser. Hauptsache work life balance.... Leistung sollen andere bringen.
sie haben ja jetzt schon unter sehr vielen Artikeln der Main-Post kommentiert, angeblich würden wir Kommentare löschen, die uns nicht ins Weltbild passen. Ich würde mal sagen: Die Tatsache, dass all diese Kommentare nicht gelöscht wurden, ist doch der beste Beweis dafür, dass ihre Anschuldigung gegen uns völlig haltlos ist.
Wir haben auch die Schülerinnen und Schüler, die uns für diesen Artikel Textbeiträge schicken sollten, nicht nach ihrer Meinung ausgewählt - wie die sechs Personen zu dem Thema stehen, habe auch ich als derjenige, der den Artikel letztlich zusammengestellt hat, erst in dem Moment erfahren, als die Texte bei mir ankamen.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Schmieder, Redakteur
Was wird heute in den Schulen vermittelt?