Stehen die Zeichen auf Annäherung? An diesem Mittwoch will sich Ebelsbachs Bürgermeister Martin Horn (SPD) mit Vertretern des Bürgerbegehrens "Am Herrenwald" zusammensetzen. Beide Seiten haben im Vorfeld die Bereitschaft signalisiert, aufeinander zuzugehen. Aus Sicht der Gemeinde bedeutet das: Horn kann sich, anders als zuletzt sein Vorgänger, vorstellen, vom Landratsamt prüfen zu lassen, ob und unter welchen Bedingungen eine Westanbindung an das geplante Baugebiet Herrenwald möglich wäre. Genau das ist die Forderung des Bürgerbegehrens. Dessen Verantwortliche wiederum könnten in Aussicht stellen, die Klage gegen die Unzulässigkeitserklärung ihres Begehrens zurückzunehmen.
Das sind viele Konjunktive. Aber am Freitag bekräftigten Holger Kelle und Katharina Dorsch als Hauptverantwortliche des Bürgerbegehrens gegenüber dieser Redaktion, sie wollten auf jeden Fall eine Deeskalation. Am Montag erwiderte Bürgermeister Horn, er bemühe sich nach Kräften, eine gemeinsame Lösung zu finden.
Der "Fluch" der enormen Attraktivität
Die Lösung eines Problems, das so oder ganz ähnlich in vielen Maintal-Kommunen auftreten könnte: Ebelsbach ist ein attraktiver Wohnort, die gute Infrastruktur mit Autobahnanschluss, Bahnhof und Einkaufsmöglichkeiten "haben unseren Ort seit dem Krieg regelrecht explodieren lassen", wie es Horn ausdrückt. Diese "Explosion" hat eine bevorzugte Richtung: Die Haßberge hinauf, die hier den Schönberg bilden. Mittlerweile hat die Siedlungsgrenze fast den Höhenrücken erreicht, das geplante Baugebiet "Am Herrenwald" wird genau dies tun. Das Problem nun ist, dass es keine wirklich leistungsfähige Verkehrsanbindung der jüngeren Siedlungsteile gibt. Aller Verkehr quält sich durch durch wenige Nadelöhre vom Tal hinauf und über teils kritische Steilstrecken nach oben.
"An der Belastungsgrenze" versus "Zumutbar"
Für die 482 Männer und Frauen, die beim Begehren unterschrieben haben, ist die Belastungsgrenze für den Ebelsbacher und Gleisenauer Altort und die Hanglagen spätestens erreicht, wenn "Am Herrenwald" Baubeginn ist. "Das hat auch nichts mit der Nicht-in-meinem-Vorgarten-Mentalität zu tun, irgendwann ist es einfach zu viel", meinte am Freitag Wolfgang Kaiser, Sprecher der Initiative. "Sind Sie dafür, dass die derzeitige Straßenführung zum Baugebiet am Herrenwald nicht realisiert und stattdessen eine alternative Planung erarbeitet wird", hatte die Frage zum Ebelsbacher Bürgerbegehren daher im Frühjahr gelautet. Bürgermeister Horn, der erst seit Mai im Amt ist, gibt zu, dass die Altanlieger, sobald oben am Berg gebaut wird, Einiges aushalten müssen; nach der Ausbauphase sei das Verkehrsaufkommen aber zumutbar. So hat sich zwar an der Grundposition hier wie dort seit der Kommunalwahl im März nicht viel geändert.
Doch will Martin Horn einlenken und die vom Bürgerbegehren erhoffte Westanbindung - eine völlig neue, von der ehemaligen B26 abzweigende Erschließungsstraße den Haßberg-Trauf hinauf bis zum Herrenwald - vom Landratsamt prüfen lassen, wenn es sein muss auch per Bauvoranfrage. Damit wäre der Vorwurf des Begehrens entkräftet, dass es keine ernsthafte Prüfung dieser Alternative gegeben habe. Das ändert nichts daran, dass Horn der Westanbindung keine Chance gibt. Sie würde durch einen Natur- und Landschaftsraum mit so hohem Schutzwert verlaufen, dass eine Genehmigung Skeptikern wie ein Sechser im Lotto erscheint.
Landratsamt: Einfache Lösungen wird es nicht geben
Die Vertreter des Bürgerbegehrens haben sich inzwischen selbst mit Landrat Wilhelm Schneider und dem Unteren Naturschutz getroffen. Die Behörde hat sie, wie Pressesprecherin Moni Göhr dieser Redaktion bestätigte, über zwei grundsätzliche Möglichkeiten aufgeklärt. Bei Verwirklichung der Westanbindung müsste die Gemeinde zum Ausgleich entweder ein gleichartiges Biotop (dieselbe Flächengröße und dieselben spezifischen Standorteigenschaften) schaffen. Auch ohne Detailprüfung hält der Naturschutz diese Variante aufgrund der hohen Anforderungen für "wohl nicht realisierbar".
Einfacher wäre es, wenn Ebelsbach die Anerkennung der Westanbindung als in öffentlichem Interesse dringend notwendige Maßnahme gelänge. Hier müsste der beeinträchtigte Teil nur gleichwertig ersetzt werden. Die Verfechter des Begehrens schöpfen Hoffnung daraus, dass das Landratsamt betont habe, das Ergebnis einer solchen Prüfung sei derzeit nicht vorhersehbar, denn dazu bedürfe es der offiziellen Prüfungsanfrage seitens der Gemeinde. "Einfache Lösungen" wird es aber auf keinen Fall geben, stellte die Behörde gegenüber der Redaktion heraus, eben weil es sich beim Haßberg-Trauf um ein so "schützenswertes und sensibles Landschaftsgebiet handelt."
Selbst eine Million Euro wäre schon "kritisch"
Doch selbst wenn sich eine einfache Lösung abzeichnen würde, bleiben für Martin Horn die 2,5 Millionen Euro, die grob über den Daumen gepeilt für eine Westanbindung veranschlagt sind. Viel zu viel für Ebelsbach, meint der Bürgermeister, "selbst eine Millionen wäre da schon kritisch." Denn auf den Kosten würde die Gemeinde alleine sitzen bleiben, da gäbe es nichts umzulegen. "Und da sind die Mittel für die Ausgleichsmaßnahmen noch nicht mal drin". Auch diese Haltung ist nicht neu.
Am Runden Tisch am Mittwoch werden auch die Fraktionsvorsitzenden im Ebelsbacher Gemeinderat teilnehmen, ferner Mathias Stretz von der Bauverwaltung der Verwaltungsgemeinschaft Ebelsbach. Selbst in Kreisen des Bürgerbegehrens will derzeit niemand so recht daran glauben, dass es im Rat plötzlich eine Mehrheit für die Alternativplanung gibt. Die CSU (sechs Sitze) dürfte auf ihrer Seite stehen, Bürgernahe Liste BNL (fünf Sitze) und SPD (fünf Sitze plus Bürgermeister) wie bisher gegen sie.
"Schwert nicht vorschnell aus der Hand geben"
Aber da ist ja noch die Klage vor dem Verwaltungsgericht. Bei "Am Herrenwald" ist man zuversichtlich, dass die Unzulässigkeitserklärung vor Gericht keinen Bestand hat. "Dieses Schwert werden wir nicht vorschnell aus den Hand geben", machte Wolfgang Kaiser klar, welches Druckmittel er zu haben glaubt: Sollte es doch noch zu einem Bürgerentscheid über die Verkehrsanbindung des Neubaugebietes kommen, dann könnte das Votum der Ebelsbacher die Entscheidung des Gemeinderats schnell kippen.
Vielleicht wäre es da der einfachere Weg, der Alternativplanung stattzugeben, so aussichtslos das den meisten Beobachtern auch erscheinen mag. Sollte das Landratsamt die Westanbindung dann verwerfen, wäre das Bürgerbegehren auch bereit, sich bei der weiteren Routenplanung in das Neubaugebiet einzubringen. Denn es gibt zwar Entwürfe, aber keine Beschlüsse. Genau genommen hat die Gemeinde noch nicht einmal die Grundstücke erworben, sondern lediglich Gespräche mit den vier Eigentümern geführt.
Einen Kommentar zu diesem Thema finden Sie hier.