Gibt es einen Anspruch auf himmlische Ruhe? Als "Luxusproblem" hat dieser Tage ein älterer Ebelsbacher die Sorgen von "denen da oben" bezeichnet. Damit sind in erster Linie die Anwohner oberhalb der Schönbergstraße gemeint: Großzügige Anwesen, schöne Häuser, großartige Aussicht und vor allem: paradiesische Ruhe!
Kaum ein Auto außer diejenigen der Häuslebesitzer verirrt sich hierhin, ein Lieferdienst ab und an, der Wagen eines Handwerkers. Sonst kann unter Tag ohne Weiteres eine halbe Stunde vergehen, ehe der nächste Pkw durch die Haselnuss- oder Schwarzdornstraße fährt.
Mit der Ruhe könnte es aber bald vorbei sein, wenn noch weiter oben auf dem Berg das Baugebiet "Am Herrenwald entsteht". Dann würden die Paradiese zur Durchgangsstraße erst für Baufahrzeuge und dann für die Neulinge. Deshalb fordern viele derer, die sich ihr Eigenheim schon geschaffen haben, die Westanbindung des geplanten Wohngebiets, die ließe sie nämlich weitgehend ungestört. "Die da oben haben sich auch noch nie bei uns entschuldigt, dass sie durch unsere Straßen fahren", stichelte hingegen der ältere Ebelsbacher, der "unten" wohnt, im Altort, über deren Luxusprobleme.
Aber es wäre zu einfach, hier nur vom Egoismus privilegierter Wohnlagen zu sprechen, zumal die fast 500 Unterschriften für das Bürgerbegehren, eine Alternativanbindung des "Herrenwaldes" wenigstens zu prüfen, keinesfalls nur von "hangaufwärts" kommen. Irgendwann ist, was den Kraftverkehr anbelangt, die Belastungsgrenze eines Ortes einfach erreicht. Die wirklich leidtragenden nämlich wohnen unten in den Durchgangsstraßen von Ebelsbach und Gleisenau und den Abzweigungen hinauf in die neuen Siedlungen.
Über 60 Grundstücke im Ort sind "gebunkert"
Die Gemeinde Ebelsbach und ihre Bürger müssen sich, wie in anderen Kommunen auch, fragen, welchen Preis das Baugebiet für wen haben wird. Und für wen es der Preis wert ist und für wen unzumutbar. Es geht um den Preis, den die Anwohner zahlen müssen, wenn sich künftig noch mehr Kraftfahrzeuge durch die ohnehin engen und steilen Gassen bergauf oder bergab bewegen. Es geht um den Preis, den die Allgemeinheit bezahlen muss, wenn für Millionenbeträge eine völlig neue Zufahrt geschaffen würde. Und es geht um den Preis auf Kosten der Natur, denn die angedachte Erschließungstrasse würde mitten durch den Haßbergtrauf schneiden, eine Landschaft mit hohem Schutzstatus. Natur ist schön, wenn man sie als Kulisse hinter dem Garten hat. Aber nicht so wichtig, wenn es ums Autofahren geht. Landwirte beklagen oft, dass die breite Bevölkerung den Wert von Ackerland nicht mehr zu schätzen weiß. Aber auch hier würden wieder Getreidefelder versilbert, obwohl im Ort noch über 60 Grundstücke gebunkert sind, wofür die Gemeinde rein gar nichts kann.
Offene Kommunikation ist entscheidend
Es ist auf alle Fälle richtig, wenn sich jetzt die Vertreter des Bürgerbegehrens "Am Herrenwald" mit dem Bürgermeister und den Fraktionsführern im Gemeinderat an einen Tisch setzen. Es mag ein guter Weg sein, die "Westanbindung" vom Landratsamt jetzt doch offiziell prüfen zu lassen, so unwahrscheinlich ihre Realisierung auch ist. Vor allem aber muss die Lokalpolitik offen kommunizieren, welchen Preis sie wem zumutet und welchen Nutzen sie sich für die Allgemeinheit verspricht.