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Haßfurt
Wie geht es mit seinem Jagdschein weiter? Amtsgericht Haßfurt verurteilt den Jäger, der Hündin Mara erschoss
Mehr als ein Jahr nach dem tödlichen Schuss auf einen freilaufenden Hund bei Knetzgau hat das Amtsgericht Haßfurt jetzt den Jäger verurteilt. Wie die Strafe lautet.
Am Montag fiel am Amtsgericht Haßfurt das Urteil gegen den angeklagten Jäger, der die freilaufende Hündin Mara im Sommer 2022 erschossen hat.
Foto: Heiko Becker | Am Montag fiel am Amtsgericht Haßfurt das Urteil gegen den angeklagten Jäger, der die freilaufende Hündin Mara im Sommer 2022 erschossen hat.
Michael Endres
 |  aktualisiert: 25.11.2023 03:09 Uhr

Am Amtsgericht Haßfurt ist an diesem Montag der Jäger verurteilt worden, der im Juli 2022 Hündin Mara bei Knetzgau (Lkr. Haßberge) erschossen hat. Richter Patrick Keller hat den 77-jährigen Angeklagten der Tötung eines Wirbeltiers ohne vernünftigen Grund schuldig gesprochen. Der Jäger muss dem Urteil zufolge 140 Tagessätze zu je 40 Euro Strafe bezahlen sowie die Verfahrenskosten tragen. Außerdem wird die Waffe eingezogen, mit der er geschossen hatte.

Nach zwei Verhandlungstagen steht fest: Richter Patrick Keller glaubt den Ausführungen des Jägers und Jagdpächters nicht. Der 77-Jährige hatte vor über einem Jahr auf die freilaufende Alaskan-Malamute-Hündin eines österreichischen Ehepaars geschossen, das mit dem Schleusen seines Kanus beschäftigt war. Seiner Aussage nach hatte Mara einen Hasen gehetzt und sei kurz davor gewesen, das Tier zu reißen. Gegen den zunächst ausgestellten Strafbefehl hatte der 77-Jährige Einspruch eingelegt.

Vier Sachverständige, zwei Polizisten, eine Tierärztin sowie Maras Besitzer Birgit Brunner und Oswald Helm sagten in dem Prozess aus. Außerdem der Angeklagte und seine Frau. Geklärt werden sollte, ob der Schuss auf den Hund jagdgerecht gewesen war. Und: Stimmt die Schilderung des Jägers überhaupt?

Richter mit klaren Worten: "Ich habe aber keine Zweifel"

Richter Patrick Keller sagt: Nein. Er ist nach vielen Stunden Verhandlung davon überzeugt, dass der Hund keinen Hasen gehetzt hatte. "Hätte ich Zweifel gehabt, hätte ich Sie freigesprochen", so Keller am Montag in seiner Urteilsbegründung. "Ich habe aber keine Zweifel." 

Mara, der Alaskan Malamute eines Ehepaars aus Österreich, wurde im Juli 2022 bei Knetzgau von einem Jäger erschossen.
Foto: Birgit Brunner | Mara, der Alaskan Malamute eines Ehepaars aus Österreich, wurde im Juli 2022 bei Knetzgau von einem Jäger erschossen.

Das Jagdrecht erlaubt zwar den Schuss auf einen wildernden Hund. Wo aber kein Wild ist, könne es keine Wilderei geben und dürfe somit auch kein Schuss fallen, so die Argumentation des Gerichts.

Lizenz ausgelaufen: Verliert der Jäger nun seinen Jagdschein?

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Bleibt es bei der Entscheidung, dürfte dies Auswirkungen auf den Jagdschein des 77-Jährigen haben. Die Lizenz ist seit März abgelaufen, das Landratsamt hat sie wegen des laufenden Verfahrens bisher nicht verlängert.

Der Behörde zufolge ist eine rechtskräftige Verurteilung in relevanten Rechtsbereichen in Höhe von 60 Tagessätzen oder mehr häufig Anlass für ein Einziehungsverfahren. Die Erteilung des Jagscheins könnte grundsätzlich bis zum rechtskräftigen Abschluss des Gerichtsverfahrens ausgesetzt werden, teilt Monika Göhr, Pressesprecherin des Landratsamts mit. 

Ein rechtskräftiges Urteil bedeute aber nicht zwangsläufig die Entziehung des Jagdscheins, sagte Göhr am Montag auf Anfrage. Es komme auf die Rechtsgrundlage an. Genaueres könne die Behörde erst nach Durchsicht des Urteils und Prüfung der Rechtsgrundlagen mitteilen. "Alles andere wäre im Moment unseriöse Spekulation."

Urteil noch nicht rechtskräftig: Verteidiger will Rechtsmittel einlegen

Bis zu einer Entscheidung über den Jagdschein, könnte noch einige Zeit vergehen: Der Verteidiger des Angeklagten kündigte bereits im Gerichtssaal an, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen. Näheres wolle man entscheiden, wenn das Urteil schriftlich vorliegt, sagte Anwalt Oliver Heinekamp.

Große Aufmerksamkeit: Der Saal am Amtsgericht Haßfurt war am Montag wie schon am ersten Verhandlungstag, voll besetzt. 
Foto: Heiko Becker | Große Aufmerksamkeit: Der Saal am Amtsgericht Haßfurt war am Montag wie schon am ersten Verhandlungstag, voll besetzt. 

Heinekamp hatte in seinem Plädoyer einen Freispruch gefordert. Sein Mandant habe "nichts Unrechtes getan", sagte der Verteidiger und stellte die Frage in den Raum, warum ein "körperlich und geistig fitter Jäger" seinen Jagdschein abgeben solle. Am ersten Prozesstag hatte Richter Keller dem Angeklagten vorgehalten, dass andere mit 77 Jahren ihren Führerschein abgeben würden, weil es ihnen zu unsicher sei. "Sie laufen mit einer geladenen Waffe herum", fügt er damals an.

Mit der Art der Verhandlung und dem Verfahrensverlauf sei er nicht immer einverstanden gewesen, machte der Anwalt in seiner Schlussansprache deutlich. Er habe auf Befangenheitsanträge verzichtet, weil er davon ausgegangen sei, dass das Gericht sich um umfassende Aufklärung des Vorfalls bemühe.

Mehrfach hatte der Richter darauf hingewiesen, dass die Lage für den Angeklagten nicht gut aussieht, und ihm nahegelegt, angesichts des fortgeschrittenen Alter den Jagdschein von sich aus abzugeben. 

Tief in der Jagd-Materie: Komplexe Verhandlung, simples Urteil

Für Richter Keller sind es vielen Kleinigkeiten, die nicht passten. Die Aussagen des Angeklagten hätten nicht mit den Einschätzungen der Gutachter übereingestimmt. Und gegenüber der Polizei und vor Gericht hätten der Jäger und seine Ehefrau unterschiedliche Angaben gemacht.

Die Justiz war tief in die Jagd-Materie eingestiegen und hatte sich von Sachverständige ausführlich erklären lassen, wie weit sich ein angeschossener Hund schleppen könne und welches Fluchtverhalten Hasen haben. 

Doch so komplex das Verfahren, so simpel am Ende das Urteil: Wo kein Hase ist, dort gibt es auch keinen Grund auf einen Hund zu schießen.

 
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  • Irmgard Lexa-Hofmann
    Ich war am 20.11. im Gerichtssaal. Respekt vor der akribischen Recherche und Beweisführung des Richters. Das Urteil sehr klar. Erschrocken war ich über die Verfassung des 77jährigen. Es wundert mich nicht, das es zu Jagdunfällen kommen kann wenn jemand derart beeinträchtigt mit einer Flinte hantiert.
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  • Edith Kram
    @GF: Jeder Lkw- und Busfahrer muss zur Ausübung seines Berufes die Fahrerlaubnis verlängern. Hierfür bedarf es u.a. eines Sehtestes.
    M.E. müßte es also für Waffenscheinbesitzer auch diese Tests geben - oder eine grundsätzliche Altersbeschränkung.
    Achtung Ironie: Im übrigen hätte der Jäger mal besser den Hasen erschossen! Oder hat er etwa daneben geschossen?
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  • Thomas Rückoldt
    Ich finde auch das diesem Mann der unsere Zunft ins negative Licht rückt die komplette Lizenz entzogen werden sollte . Jagdschutz hin oder her , was dieser Mann abgelassen hat wurde von dem Richter schon richtig durchleuchtet .
    In meinem Revier gehen auch Unmengen von Leuten mit ihren Hunden spazieren was mich auch überhaupt noch stört und ich hab auch noch nie erlebt das mal irgendwann ein Hund dem Wild nachgestellt hätte.
    Der Mann ist ganz einfach ein Greiser verbohrter alter „Jäger“ der glaubt sein Revier vor allen Eindringlingen zu schützen.
    Diese Verhaltensform habe ich schon öfter festgestellt , aber man darf nicht vergessen der Jagdpächter hat nur das Jagdrecht gepachtet nicht das Landrecht
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  • Ulrich Wilhelm Kretzer
    Danke für diese ehrliche Meinung.
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  • Walter Seubert
    Leider sehen das nicht alle Ihrer Kollegen so.
    Da wird schon mal mit "abknallen" gedroht wenn ein Hund frei läuft und kein Wild weit und breit zu sehen ist.
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  • Georg Ries
    Mehr als 90 Tagessätze bedeutet, dass er keinen Jagdschein mehr bekommt.
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  • Michael Endres
    Hallo Herr Ries,

    vielen Dank für Ihren Kommentar. Nach unserem Kenntnisstand ist das kein Automatismus, wenn eine gewisse Anzahl an Tagessätzen überschritten wird. Das hat auch das Landratsamt Haßberge auf Anfrage bestätigt.

    Grundsätzlich lautet die Antwort vom Landratsamt auf die Frage, ab welcher Höhe des Strafmaßes Jäger:innen ihren Jagdschein bei einer rechtskräftigen Verurteilung verlieren, wie folgt: "Häufig ist eine rechtskräftige Verurteilung in relevanten Rechtsbereichen in Höhe von 60 Tagessätzen oder höher der Auslöser für eine Einziehungsverfahren. Erfolgen innerhalb von 5 Jahren zwei oder mehr Verurteilungen, so löst auch ein jeweils niedrigeres Strafmaß das Einziehungsverfahren aus."

    Mit freundlichen Grüßen

    Michael Endres, Redaktion Haßberge
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  • Karlheinz Bartel
    Das Urteil finde ich in Ordnung. Der Jagtschein sowie die anderen Waffen sollten auch eingezogen werden.
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  • Heike Dürr
    Endlich. Wäre schlimm gewesen wenn der wieder davon gekommen wäre. Hoffe den Jagdschein bekommt er nie wieder. Kann man endlich wieder ohne Angst mit dem Hund gehen.
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  • Florian Stenger
    Der Jagdschein gehört auch noch eingezogen von diesem bonierten Rentner.
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  • Das Wort, was Sie auch beim letzten Beitrag dazu gesucht haben, heißt boRniert.
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