Es dämmerte bereits, als der erste Verhandlungstag im Falle der erschossenen Hündin Mara gegen den Jäger, der 2022 den tödlichen Schuss auf das Tier abgegeben hatte, am Amtsgericht Haßfurt vor knapp zwei Wochen zu Ende ging. Alle Prozessbeteiligten hatten da schon einen siebenstündigen Verhandlungsmarathon hinter sich gebracht. Geklärt werden soll, ob der Schuss auf den Hund der Rasse Alaskan Malamute jagdgerecht gewesen ist, weil dieser – wie der angeklagte Jäger und Jagdpächter sagt – einen Hasen gehetzt habe und kurz davor gewesen sei, den Hasen zu reißen. Und: Stimmt diese Schilderung des Jägers überhaupt?
Vor Gericht gelandet war der 77-Jährige, weil er gegen einen ausgestellten Strafbefehl wegen Tötung eines Wirbeltiers ohne vernünftigen Grund Einspruch eingereicht hat. Nun wird der mutmaßliche Verstoß gegen das Tierschutzgesetz in einer Hauptverhandlung komplett aufgerollt. Eine Entscheidung ist derweil noch nicht gefallen, eine Tendenz ließ sich aber nach Tag eins erkennen.
Für den Angeklagten sieht es wohl nicht gut aus, denn keiner der Zeuginnen und Zeugen, von denen ein Großteil selbst im Besitz eines Jagdscheins ist, so deren Aussagen, hätte in einer vergleichbaren Situation auf den Hund geschossen, auch im Falle einer Jagd auf einen Hasen nicht. Und die Schilderung, wie sich der Vorfall dem Angeklagten zufolge abgespielt haben soll, scheint dem Gericht nicht plausibel. Zu viele Unstimmigkeiten bleiben nach dem ersten Prozesstag zurück.
Freispruch, Verurteilung oder Strafbefehl: Das ist möglich
Was also, wenn Richter Patrick Keller am Ende zur Überzeugung gelangt, dass der Jäger nicht freigesprochen werden könne? Dann gibt es wohl zwei Möglichkeiten: Der 77-Jährige wird verurteilt, oder er nimmt den Einspruch gegen den Strafbefehl zurück. Wie Christoph Gillot, Direktor des Amtsgerichts Haßfurt, auf Nachfrage dieser Redaktion erklärt, könne grundsätzlich der Einspruch gegen den Strafbefehl bis zur Verkündung des Urteils im ersten Rechtszug zurückgenommen werden. Nach Beginn der Hauptverhandlung sei jedoch die Zustimmung der Staatsanwaltschaft dazu erforderlich. "Der dann rechtskräftige Strafbefehl mit den darin enthaltenen Rechtsfolgen steht einem rechtskräftigen Urteil gleich", so Gillot.
Sollte der Jäger wegen des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz verurteilt werden, sehe das Gesetz für das "Töten eines Wirbeltieres ohne vernünftigen Grund" eine Geldstrafe von fünf bis zu 360 Tagessätzen oder eine Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu drei Jahren vor. "Bei der Geldstrafe schlägt sich in der Tagessatzanzahl der Unwertgehalt nieder, während sich die Tagessatzhöhe nach den wirtschaftlichen Verhältnissen richtet", erklärt Gillot.
In Verfahren wegen des Tötens oder quälerischen Misshandelns eines Wirbeltiers ist es laut Gillot nicht selten, dass es zu einer aufwändigen Beweisaufnahme kommt. Einer Bewertung des konkreten Falls enthält sich der Amtsgerichts-Chef. Er erklärt, dass im Falle einer Verurteilung oder eines Strafbefehls die Gerichtskosten für das Verfahren vom Angeklagten getragen werden müssten, im Falle eines Freispruchs diese von der Staatskasse getragen werden.
Welche Folgen hätte ein Urteil auf den Jagdschein des Angeklagten?
Für den angeklagten Jäger, der in der Vergangenheit schon des Öfteren mit Hundehalterinnen und Hundehaltern aneinander geraten ist, hätte eine Verurteilung wie auch ein Strafbefehl von 60 Tagessätzen oder höher die Auswirkung, dass er seinen Jagdschein verlieren könnte. Dieser ist bisher vom Landratsamt aufgrund des Gerichtsverfahrens nicht verlängert worden. Wie die Behörde mitteilt, werden Jagdscheine üblicherweise entweder für ein Jahr oder für drei Jahre erteilt.
"Für eine Neuerteilung muss der Bewerber – genau wie bei der Ersterteilung – zuverlässig sein. Das wird vor Erteilung entsprechend geprüft", schreibt Monika Göhr, Pressesprecherin des Landratsamts Haßberge auf Anfrage. Um diese Zuverlässigkeit zu prüfen, würden Anfragen beim Bundeszentralregister, dem Verfahrensregister der Staatsanwaltschaft, der örtlichen Polizeibehörde und auch dem Landesamt für Verfassungsschutz gestellt, wie sie weiter erklärt. Außerdem müsse der Jäger eine ausreichende und gültige Jagdhaftpflicht nachweisen. Eine Fortbildung oder andere Vorschriften müssten Jägerinnen und Jäger nicht erfüllen, um ihren Jagdschein zu behalten.
Beim angeklagten Jäger, der eigenen Angaben zufolge seit 60 Jahren einen Jagdschein besitzt, könnte der Ausgang des Verfahrens dazu führen, dass die geforderte Zuverlässigkeit nicht mehr vorliegt. Göhr schreibt: "Eine Entscheidung wird erst nach Abschluss des Gerichtsverfahrens getroffen" und "eine Aussetzung der Jagdscheinerteilung bis zur Beendigung eines mitgeteilten, noch nicht abgeschlossenen Verfahrens entspricht unserer derzeitig geübten Verwaltungspraxis."
Ob der Jäger seinen Jagdschein behalten darf, entscheidet am Ende also das Landratsamt beziehungsweise die Untere Jagdbehörde. Denn eine Verurteilung löst nicht automatisch den Entzug der Jagdlizenz aus. Es kommt laut Behörde auf die betroffenen Rechtsbereich – ob Jagdrecht oder Waffenrecht – an. Häufig jedoch sei eine rechtskräftige Verurteilung in Höhe von 60 Tagessätzen oder höher Auslöser für ein Einziehungsverfahren. Zudem: "Erfolgen innerhalb von 5 Jahren zwei oder mehr Verurteilungen, so löst auch ein jeweils niedrigeres Strafmaß das Einziehungsverfahren aus", schreibt Göhr. Ein Urteil im Strafprozess im Falle der erschossenen Hündin Mara fällt hingegen das Amtsgericht. Hier wird das Urteil an diesem Montag erwartet.