Nimmt die Pandemie im Landkreis Haßberge einen immer rasanteren Verlauf? Dass die Zahl der nachgewiesenen Infektionen steigt (sie hat am Freitag 320 erreicht), mag weniger beunruhigen als die Tatsache, dass die 7-Tage-Inzidenz in den vergangenen sieben Tagen unaufhörlich nach oben geklettert ist: Von 35,0 vor dem letzten Wochenende auf jetzt 68,73, wie das Gesundheitsamt Haßberge am diesen Freitag bekannt gab. Das bedeutet: Gemessen in gleichen Zeitabständen stecken sich mittlerweile mehr Männer, Frauen und Kinder mit der Lungenkrankheit an also zuvor.
Über 700 Personen in häuslicher Isolation
Nach dem Lagebericht sind dem Gesundheitsamt noch 77 Personen bekannt, die es als (noch) infiziert einstuft ("aktive Fälle"). 237 Bürgerinnen und Bürger seien mittlerweile gesund, sechs Menschen waren im Zusammenhang mit der Lungenkrankheit verstorben. Mittlerweile sind es 700 Personen, die Haus oder Wohnung nicht verlassen dürfen, weil ihnen die Behörden Quarantäne auferlegt haben.
Beim jüngsten Infektionsgeschehen hat sich die Gemeinde Ermershausen (rund 630 Einwohner) als Hotspot herauskristallisiert. Hier listet das Gesundheitsamt 17 "aktive Fälle" auf, mehr als in jeder anderen Kommune im Haßbergkreis. Selbst in der von der Einwohnerzahl her mehr als 20 mal größeren Kreisstadt Haßfurt gelten aktuell nur 10 Personen als infiziert.
"Das waren keine wilden Feten"
Günter Pfeifer, Bürgermeister von Ermershausen, vermutet, dass drei Veranstaltungen am vorvergangenen Wochenende die Ursache für die hohe Infektionsrate sind: Eine private Feier, eine Wanderung Einheimischer mit Auswärtigen und ein Fußballspiel. Im Gespräch mit dieser Redaktion stellte sich das Gemeindeoberhaupt am Freitag vor die Teilnehmer der besagten Events: "Das waren keine wilden Feten, hier wurden auch keine Fehler gemacht, sondern alle Hygiene-Richtlinien eingehalten."
Pfeifer ahnt, warum sich dennoch so viele Bürger anstecken konnten. Bei keinem der positiv Getesteten seien Symptome aufgetreten, und wenn doch, dann habe die Krankheit einen sehr milden Verlauf genommen. "Die haben sich alle selbst gewundert, als sie ihre Testergebnisse bekommen haben." Dass sich die Betroffenen kaum bewusst sein konnten, das Virus übertragen zu können, hat zwei Aspekte. "Das macht es natürlich sehr schwer, die wirklichen Infektionsketten zu erforschen", stellte Pfeifer heraus, dass das mit den drei Veranstaltungen keine endgültig gesicherte Erkenntnis ist. Zum anderen aber sei es doch positiv, dass viele Infizierte offenbar nicht schwer an Corona erkranken.
Ermershausen zählt jetzt die meisten Fälle pro Einwohner
Der Blick auf die Landkreiskarte mit den nach Gemeinden aufgeschlüsselten Corona-Fällen lässt neben Ermershausen und Haßfurt auch Maroldsweisach mit sechs aktuellen Fällen und Knetzgau mit gegenwärtig noch sieben Betroffenen zwei weitere Schwerpunkte des gegenwärtigen Infektionsgeschehens erkennen. Setzt man die Gesamtzahl in Verhältnis mit der Einwohnerzahl, so ist Ermershausen nun der traurige Spitzenreiter. Hier hat sich seit Ausbruch der Pandemie umgerechnet etwa jeder 30. Bürger angesteckt, bei der bisherigen "Nummer Eins" Maroldsweisach über den Daumen gepeilt jeder Hundertste. In Haßfurt, mit 56 Fällen an erster Stelle bei den absoluten Zahlen, kommt ein Infizierter auf 240 vom Virus bis dato verschonter Kreisstädter.
Landrats- und Gesundheitsamt wollen die Infektionszahlen aus den Städten und Gemeinden aber keinesfalls falsch verstanden wissen. Will heißen: "Aus der Tatsache, dass in einer Gemeinde keine Infektionen nachgewiesen sind, sollte nicht geschlossen werden, dass diese corona-frei ist. Das Virus kann in jeder Kommune des Kreises jederzeit auftreten", mahnte Pressesprecherin Moni Göhr in der jüngsten Verlautbarung. Achtsamkeit sei für den gesamten Landkreis geboten. Inzwischen gibt es allerdings keine einzige Kommune mehr, bei der nicht wenigstens ein Bürger positiv getestet worden wäre. Untermerzbach mit nur einem Fall, Breitbrunn mit zwei sowie Stettfeld und Wonfurt mit jeweils drei Fällen stehen diesbezüglich am besten da.
Corona-Ampel zeigt weiterhin auf Rot
Die aktuelle 7-Tage-Inzidenz von beinahe 70 bedeutet im Haßbergkreis auch das Fortdauern der Stufe Rot auf der Corona-Ampel der Bayerischen Staatsregierung mit den bekannten Folgen: Egal wo, keine privaten Feiern mit mehr als fünf Personen oder maximal zwei Hausständen, Maskenpflicht für alle Schüler im Unterricht, Mund-Nase-Bedeckung ferner in allen öffentlich zugänglichen Räumen dort, wo sich Menschen länger oder auf engem Raum begegnen, und die Sperrstunde für die Gastronomie von 22 bis 6 Uhr. Es bleibt allerdings auch dabei, dass der Landkreis noch keine öffentlichen Plätze ausweist, auf denen Maskenpflicht herrscht und der Konsum von Alkohol untersagt ist.