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Haßbergkreis
Corona: Club-Betreiber im Haßbergkreis hoffen auf den Herbst
Die Diskotheken in Deutschland sind seit anderthalb Jahren geschlossen. Die Betreiber haben hohe finanzielle Einbußen. Wie sieht es in den Clubs im Haßbergkreis aus?
Eine bunte Show erlebte das Partyvolk im vergangenen Sommer an zwei Abenden auf dem Parkplatz des Ballhaus in Hofheim. Die Disco selbst aber blieb damals geschlossen - und ist es bis heute.
Foto: Michael Stevenson | Eine bunte Show erlebte das Partyvolk im vergangenen Sommer an zwei Abenden auf dem Parkplatz des Ballhaus in Hofheim. Die Disco selbst aber blieb damals geschlossen - und ist es bis heute.
Felix Schwarz
 |  aktualisiert: 09.02.2024 05:36 Uhr

Wenn Andreas Semmelmann die Tür des Ballhaus Hofheim öffnet, offenbart sich ihm selbst fast anderthalb Jahre nach dem ersten Corona-Lockdown ein immer noch seltsam wirkender Anblick: Die Bartresen sind bedeckt mit einer Schicht aus Staub, Spinnweben verzieren die Ecken. Und von der letzten Privatfeier liegt noch ein Biertrichter herum – einfach traurig. Während in diesem Sommer zahlreiche Menschen in die Cafés und Restaurants strömen, bleiben die Clubs und Diskotheken in Bayern weiter geschlossen - seit dem 17. März 2020. Weil eine Wirtin aus Miltenberg einen Eilantrag gestellt hatte, dürfen seit vergangenen Freitag zwar Bars, Bistros und Kneipen in Bayern wieder öffnen. Doch Diskotheken und Clubs fallen nicht unter diese Kategorie der sogenannten Schankwirtschaften. 

Andreas Semmelmann, Besitzer der Diskothek Ballhaus in Hofheim.
Foto: Felix Schwarz | Andreas Semmelmann, Besitzer der Diskothek Ballhaus in Hofheim.

Immerhin: Nachdem die bayerische Staatsregierung den Clubbetreibern lange keine Perspektive hatten aufzeigen können, stellte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) eine Öffnung im September in Aussicht mit Eintrittserlaubnis für vollständig Geimpfte: "Ich kann mir das vorstellen, wenn genügend Zweitgeimpfte da sind", sagte er bei einer Pressekonferenz. Doch sehen sich überhaupt alle Diskotheken in Bayern und im Landkreis Haßberge in der Lage zu öffnen, wenn sie es wieder dürfen?

Alle 20 Angestellten haben ihre Jobs verloren

Semmelmann findet dazu deutliche Worte: "Wir werden auf jeden Fall wieder aufmachen." Finanzielle Probleme habe er keine – schließlich arbeitet der Ingenieur in der Qualitätssicherung im Musikhaus Thomann in Vollzeit, die Überbrückungshilfe deckt die Fixkosten der Disco. Schwieriger ist die Lage beim Personal: Alle 20 Beschäftigten haben in der Pandemie ihren Job verloren, als Aushilfskräfte haben sie keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. "Die meisten haben sich was Neues gesucht. Ich glaube nicht, dass alle zurückkehren werden", gesteht Semmelmann und zeigt sich dennoch optimistisch, dass er die offenen Stellen bis zum Herbst wird besetzen können.

Warten auf die Öffnung: In der Diskothek Ballhaus in Hofheim wäre alles bereit für die Gäste.
Foto: Felix Schwarz | Warten auf die Öffnung: In der Diskothek Ballhaus in Hofheim wäre alles bereit für die Gäste.

Wer mit dem 45-Jährigen über das Ballhaus spricht, dem wird klar: Für ihn ist die Diskothek mehr als nur eine Einnahmequelle. Ab 1996 legte Semmelmann dort mit seinem Kumpel Thorsten Ullrich jeden zweiten Freitag als DJ auf – in der Anfangszeit vor allem Indie, später auch House und Techno. Der Name der damaligen Veranstaltung wird heute oft als Synonym für das Ballhaus verwendet: D-Day.

Ballhaus-Betreiber plädiert für stufenweise Öffnung

Nachdem die beiden Freunde 2005 die Diskothek übernommen hatten, konnte Semmelmann seine Persönlichkeit in die Gestaltung des Clubs mit einfließen lassen: Ob eine Uhr, welche die Zeit von Bangkok anzeigt, mehrere Statuen oder der Name der Koh Tao Bar – der thailändische Einfluss im Hofheimer Club fällt sofort ins Auge. Nach einem Auslandssemester war der Schweinshauptener von der Leichtigkeit und Lebensfreude der Menschen in Thailand begeistert, ließ sich dort nieder und flog fortan bis 2011 für Ballhaus-Veranstaltungen nach Deutschland.

Als es nach der Finanzkrise nicht mehr so gut für den Club lief, entschied er sich dafür, in Deutschland zu bleiben. Seit 2019 ist Semmelmann der alleinige Besitzer. Obwohl er sich sehnlichst wünscht, das Ballhaus wieder aufzusperren, spricht sich Semmelmann für eine stufenweise Öffnung im Herbst aus. "Ich bin dafür, dass wir zunächst mit einer begrenzten Personenzahl starten. Die Impfquote ist unter den Jüngeren einfach noch zu gering."

Was sagt das Gesundheitsministerium?

Eine Öffnung der Diskotheken erst im Herbst? Und nur für vollständig Geimpfte? Für Thomas Geppert, Geschäftsführer des bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands, wäre das ein Unding. "Ich habe große Zweifel, ob dann wieder alle aufmachen können", sorgt sich Geppert und argumentiert, dass mit den drei G - Geimpften, Getesteten und Genesenen - bereits jetzt das Nachtleben zurückkehren sollte.

Während auch Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) diese Lösung befürwortet, hält das Gesundheitsministerium dagegen: Die Kombination aus Tanzen und Alkohol in Innenräumen erhöhe die Infektionsgefahr. "Um generell mehr Freiheiten in der Pandemie zu ermöglichen, ist eine möglichst hohe Impfquote von zentraler Bedeutung", teilt ein Sprecher mit. Geppert kann das angesichts alkoholisierter Menschenmengen in bayerischen Großstädten nicht nachvollziehen: "Die Leute feiern doch sowieso. Dann lieber mit Hygienekonzept in der Disko."

Theo Kuhn ist der Besitzer des Rainbow in Knetzgau. Er will öffnen, sobald es wieder möglich ist.
Foto: Daniel Peter | Theo Kuhn ist der Besitzer des Rainbow in Knetzgau. Er will öffnen, sobald es wieder möglich ist.

Im Gegensatz dazu plädiert Theo Kuhn, Besitzer des Rainbow in Knetzgau, für Zurückhaltung. "Natürlich warten die Leute darauf, dass es wieder losgeht. Ich finde es aber vernünftig, abzuwarten, bis die Impfquote deutlich gestiegen ist." Der 78-Jährige beschreibt seine finanzielle Situation trotz Überbrückungshilfen als angespannt – da die Hilfen nur für die Fixkosten vorgesehen sind, spricht sich Kuhn für einen Unternehmerlohn aus. Ungeachtet dessen ist für ihn klar: Sobald es wieder möglich ist, will Kuhn öffnen.

Hoffen auf eine verlässliche Perspektive

Ähnlich äußert sich Stefan Kaiser, der das U-Night in Unterpreppach führt: "Wir stehen bereit." Was die Öffnungsbedingungen angeht, widerspricht der 54-Jährige dem Ministerpräsidenten: "Sobald alle ein Impfangebot erhalten haben, sollten wir wieder öffnen dürfen. Es gibt ja auch noch Tests."

Dieser Position schließt sich auch Leonid Rosa an, Geschäftsführer des Cafe Kölsch in Schweinfurt, zu dem auch das Lokwerk in Haßfurt gehört. Vier von sechs Führungskräften sind in der Pandemie abgesprungen – wegen Perspektivlosigkeit. Immerhin: Im Sommer konnte Rosa den Stadtstrand in Haßfurt eröffnen und neues Personal an Land ziehen, welches er auch für das Lokwerk einsetzen möchte. "Ich erwarte von der Politik, dass sie uns eine verlässliche Perspektive gibt. Im September sollte es so weit sein", fordert Rosa.

Leonid Rosa ist Geschäftsführer des Lokwerks und des Stadtstrands in Haßfurt.
Foto: Steffen Krapf | Leonid Rosa ist Geschäftsführer des Lokwerks und des Stadtstrands in Haßfurt.

Bis dahin will Andreas Semmelmann das Ballhaus in Hofheim mit einer Gläserspülmaschine, berührungslosen Wasserhähnen und Desinfektionsspray Corona-tauglich aufrüsten. Ab Ende Juli soll es einen Open-Air-Barbetrieb mit DJ geben. Worin sich alle vier Clubbesitzer einig sind: Es wird Zeit, dass es wieder losgeht.

 
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