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Haßfurt
Beratung per Video-Schalte: So kommen Bahn-Kunden in Haßfurt künftig an ihre Tickets
Am Montag eröffnete die Bahn ihr Video-Reisezentrum im Haßfurter Bahnhof. Darüber freut sich der Behindertenbeauftragte der Stadt – hat aber auch Verbesserungsvorschläge.
Beratung durch eine Bahn-Mitarbeiterin am Bildschirm: Michael Schulz, Behindertenbeauftragter der Stadt Haßfurt, testet das neue Video-Reisezentrum am Bahnhof.
Foto: Peter Schmieder | Beratung durch eine Bahn-Mitarbeiterin am Bildschirm: Michael Schulz, Behindertenbeauftragter der Stadt Haßfurt, testet das neue Video-Reisezentrum am Bahnhof.
Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:06 Uhr

Früher war es nicht möglich, eine Zugreise anzutreten, ohne vorher am Schalter eine Fahrkarte zu kaufen. Heute gibt es dagegen zahlreiche andere Möglichkeiten. Seit einigen Jahrzehnten gibt es Ticketautomaten und mittlerweile können die Fahrgäste ihre Reise auch online buchen. Der Betrieb des klassischen Schalters ist für die Bahn damit unrentabel geworden – zumindest an vielen kleineren Bahnhöfen. Ein Problem ist das allerdings für ältere oder behinderte Menschen, die mit der modernen Technik oft nicht zurechtkommen. In Haßfurt wurde deshalb Abhilfe geschaffen: mit einem Video-Reisezentrum. Dieses Konzept habe sich bereits deutschlandweit bewährt, berichtet Harald Hillemeier von der Deutschen Bahn.

Seniorenbeirat kämpfte für eine Lösung

Noch bis Ende 2020 hatte es im Haßfurter Bahnhof einen Schalter gegeben. Den betrieb die Bahn aber nicht mehr selbst, sondern einer ihrer Kooperationspartner, das BahnTouristikReisebüro (BTR). Doch dieses schloss den Schalter zum Jahreswechsel. Dass es in Haßfurt somit keine persönliche Beratung und Unterstützung beim Fahrkartenkauf mehr gibt, sorgte in der Kreisstadt für einigen Unmut. Gerade der Seniorenbeirat setzte sich dafür ein, eine Lösung zu finden. Ende März kündigte die Bahn daher an, in Haßfurt ein Video-Reisezentrum einzurichten.

Das nahm die Bahn am Montag offiziell in Betrieb – im gleichen Raum im Westflügel des Bahnhofs, in dem sich bisher der Schalter befand. Das Konzept: Im Bahnhof einer größeren Stadt übernehmen einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dort normalerweise am Schalter sitzen, die Aufgabe, Kunden in kleineren Bahnhöfen in der Umgebung per Videoschalte zu beraten. Die Beratung in Haßfurt findet somit künftig von Schweinfurt aus statt. Wer in Haßfurt ein Ticket kaufen möchte, muss im Video-Reisezentrum einen Knopf drücken und wird dann mit einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter verbunden.

Beratung über günstige Angebote und Sparpreise

Für einen Zeitraum von 70 Stunden pro Woche steht dieser Service zur Verfügung. Im Gegensatz zu den üblichen Fahrkartenautomaten der Bahn müssen die Kundinnen und Kunden hier nicht ihr Reiseziel auf einer Tastatur oder einem Touchscreen eingeben. "Der Kunde muss nichts machen – er kann auch gar nichts machen. Das wird alles vom Mitarbeiter gesteuert", erklärt Harald Hillemeier, Leiter des Verkaufsbezirks Nordbayern bei der Deutschen Bahn. Nur für die Bezahlung müssen die Reisenden selbst am Automaten aktiv werden.

Die Beratung findet Michael Schulz sehr freundlich. Allerdings kritisiert er, dass die Bezahlung am Automaten gerade für Menschen mit Sehbehinderung weiterhin ein Problem darstellt.
Foto: Peter Schmieder | Die Beratung findet Michael Schulz sehr freundlich. Allerdings kritisiert er, dass die Bezahlung am Automaten gerade für Menschen mit Sehbehinderung weiterhin ein Problem darstellt.

Ähnlich wie in einem normalen Reisezentrum beraten die Video-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch über das günstigste Angebot oder mögliche Sparpreise. "So ist es doch persönlicher", freut sich Bürgermeister Günther Werner über die Verbesserung im Vergleich zu den vergangenen Monaten, in denen es am Haßfurter Bahnhof nur einen Ticket-Verkauf ohne Anleitung gab. "Und: Es ist im Warmen", ergänzt er, denn während sich die normalen Automaten im Freien befinden, steht das Video-Reisezentrum in einem Innenraum.

Den VGN-Verbundpass gibt es nicht im Video-Reisezentrum

Und was ist mit Angeboten, für die die Reisenden bestimmte Dokumente vorlegen müssen? Hierfür gibt es am Video-Reisezentrum einen Scanner, mit dem Kundinnen und Kunden beispielsweise ihren Personalausweis übermitteln können. Damit ist es beispielsweise möglich, in Haßfurt eine BahnCard zu kaufen.

Leider sei es der Bahn allerdings nicht gelungen, den Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) davon zu überzeugen, die gescannten Dokumente anzuerkennen. Wer also einen VGN-Verbundpass kaufen möchte, muss das weiterhin an einem mit Personal besetzten Schalter tun oder Dokumente per Post verschicken. Immerhin: Den Schulen, deren Schülerinnen und Schüler einen solchen Verbundpass bekommen, will die Bahn künftig Briefumschläge zur Verfügung stellen, mit denen sie die Anträge kostenlos nach Bamberg schicken können. Für die eigenen Angebote der Deutschen Bahn sind der Postweg oder der Besuch an einem Schalter hingegen nur noch nötig, wenn dafür eine Unterschrift erforderlich ist.

Für Sehbehinderte wird die Bezahlung schwierig

Als Vertreter des Seniorenbeirats der Stadt Haßfurt waren Vorsitzende Eva-Maria Schwach sowie ihr Stellvertreter Hans Weber bei der Eröffnung dabei, ebenso wie Michael Schulz, der sich in seiner Funktion als Behindertenbeauftragter der Stadt besonders dafür starkgemacht hatte, am Haßfurter Bahnhof wieder ein Beratungsangebot zu schaffen. Grundsätzlich zeigte sich Schulz dankbar für das Video-Reisezentrum, regte aber an, ein Leitsystem zu schaffen, das Sehbehinderte dort hinführt. Auf dem Rest des Bahnhofs, dessen barrierefreier Umbau sich gerade kurz vor dem Abschluss befindet, gibt es das bereits.

Außerdem merkte Schulz an, dass die Bezahlung auch an dem neuen Automaten für Menschen mit einer Sehbehinderung kaum möglich sei. Er selbst könne als Blinder zwar ohnehin kostenlos fahren, er denke dabei aber auch an Menschen, deren Sehkraft im Alter stark nachgelassen habe.

So fragte Schulz, ob es für diese Fälle nicht möglich sei, wenigstens "zu bestimmten Zeiten" die Möglichkeit zu schaffen, dass ein Bahn-Mitarbeiter nach Haßfurt kommt, um vor Ort Tickets zu verkaufen. "Diese Leute nehmen sich auch Zeit", betonte Schulz, dass auch wenige angekündigte Termine reichen würden - er erwarte gar nicht, dass ein Schalter dann täglich besetzt sei. Harald Hillemeier bezeichnete diesen Vorschlag dennoch als nicht umsetzbar. "Man wird nicht für alle Leute eine Lösung schaffen können", sagte er und rief die Betroffenen dazu auf, sich im Zweifelsfall von Angehörigen beim Fahrkartenkauf helfen zu lassen.

 
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