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Haßfurt
Haßfurt: Warum es am Bahnhof bald wieder Fahrkarten gibt
Die Bahn eröffnet in der Kreisstadt ein Video-Reisezentrum, in dem ein Bahnmitarbeiter Kunden bei der Buchung ihrer Fahrkarten hilft. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich.
In den Video-Reisezentren wird modernste Technik genutzt: Eine professionelle Kameratechnik mit Lautsprecher und Mikrofon ermöglicht eine störungsfreie Kommunikation, verspricht die Bahn. Ein solches Video-Reisezentrum ist nun auch für den Bahnhof in Haßfurt geplant.
Foto: Günther Bauer, Bahn AG | In den Video-Reisezentren wird modernste Technik genutzt: Eine professionelle Kameratechnik mit Lautsprecher und Mikrofon ermöglicht eine störungsfreie Kommunikation, verspricht die Bahn. Ein solches ...
Wolfgang Sandler
 |  aktualisiert: 09.02.2024 18:06 Uhr

Seit dem Jahreswechsel gibt es am Haßfurter Bahnhof keinen Fahrkartenschalter mehr. Dies rief in der Kreisstadt den Protest mehrerer Organisationen und zahlreicher Privatleute hervor, die sich dafür stark machten, dass eine Nachfolgeeinrichtung gefunden werden müsse. Schließlich seien viele Menschen mit den Touchscreens der Automaten überfordert, hätten keine Möglichkeit, sich online Karten zu besorgen oder benötigten einen Rat, den ihnen ein Automat schlicht und einfach nicht geben kann. Für alle diese potenziellen Bahnfahrer gibt es nun eine gute Nachricht. Im Haßfurter Bahnhof soll demnächst ein Video-Reisezentrum eröffnet werden.

"Kompetente Beratung zu Reise und Buchung über den Bildschirm."
Sprecher der Deutschen Bahn

"Kompetente Beratung zu Reise und Buchung über den Bildschirm", nennt der Bahnsprecher diesen Service. Das erste Video-Reisezentrum eröffnete die Bahn übrigens im Jahre 2013. Inzwischen ist die Zahl dieser Beratungs- und Verkaufsstellen auf über hundert in zehn Bundesländern gestiegen. Auch in Bad Kissingen und in Bad Neustadt sind solche Zentren mittlerweile in Betrieb. Mit einem solchen Zentrum soll der Spagat zwischen Fahrkartenschalter und Automatisierung gelingen. Und der Erfolg gibt der Bahn Recht. Bei etwa 80 Prozent der Beratungsgespräche wird eine Fahrkarte verkauft, so die Bahn. Im Jahr 2019 seien 13 800 Aufrufe pro Monat in den damals 100 Videozentren getätigt.

Im Dialog mit einem lebendigen Mitarbeiter

Das Reisezentrum soll möglichst dort eingerichtet werden, wo sich vorher der Fahrkartenschalter befand, nämlich im Haßfurter Bahnhof. Es muss auch niemand Angst haben vor zu viel Technik. Es ist beinahe genauso, als würde man an einem "normalen" Schalter mit einem Berater der Bahn von Angesicht zu Angesicht verhandeln. Und eigentlich ist es auch nichts anderes. In der Kabine gibt es zwei Bildschirme, Mikrofon, Lautsprecher und Fahrkartendrucker. So können sich die Fahrgäste vor Ort live von einem lebendigen Mitarbeiter der Bahn - also weder Siri noch Alexa - beraten lassen, direkt ihre Fahrkarte kaufen und auch gleich ausdrucken lassen. Der Fahrgast muss sich um nichts kümmern, eigentlich nur seine Wünsche äußern und erhält das gleiche Angebot wie in einem herkömmlichen Reisezentrum.

Hier - im westlichen Teil des Haßfurter Bahnhofs - soll in rund einem halben Jahr das Video-Reisezentrum der Bahn seine Arbeit aufnehmen.
Foto: Gerald Schneider | Hier - im westlichen Teil des Haßfurter Bahnhofs - soll in rund einem halben Jahr das Video-Reisezentrum der Bahn seine Arbeit aufnehmen.

Mit dem Unterschied, dass der Reiseberater eben nicht vor Ort sitzt, sondern in einer Video-Zentrale – im Falle Haßfurt wäre das in der Nachbarstadt Schweinfurt, wie ein Sprecher der Bahn auf Anfrage dieser Redaktion mitteilt. "Guten Tag, was kann ich für Sie tun?", fragt der Reiseberater, der auf einem der beiden Bildschirme zu sehen ist, nachdem der Kunde den grünen Knopf gedrückt hat. Und als "Schnüdel" darf der Berater durchaus auch fränkisch angesprochen werden. Ein wesentlicher Vorteil für den Kunden: Die Mitarbeiter in der Zentrale werden im Schichtdienst eingesetzt. Dadurch können die Öffnungszeiten im Video-Reisezentrum deutlich verlängert werden, verglichen mit der Situation des kleinen Ein-bis-Zwei-Mann-Reisezentrums vorher. Das Zentrum in Haßfurt wird 70 Stunden pro Woche geöffnet sein, werktags von 7 bis 19 Uhr, samstags von 8 bis 15 und sonntags von 9 bis 14 Uhr.

Fahrkarten werden sofort ausgedruckt

Beim Beratungsgespräch, bei dem sich Kunde und Berater quasi Auge in Auge gegenüberstehen, gibt der Bahn-Mitarbeiter dem Fahrgast über den Monitor im Dialog Auskünfte zu allen möglichen Reiseverbindungen, Preisen und Angeboten. Der Kunde verfolgt die Verbindungssuche auf dem zweiten Monitor mit der Menüführung eines Fahrkartenautomaten. Er kann also immer genau beobachten, was der Berater gerade tut. Gezahlt wird bar, mit EC- oder Kreditkarte. Verbindungsinformationen und Fahrkarten werden sofort ausgedruckt.

Laut Bahn sind es häufig ältere Kunden, die diese Form der persönlichen Beratung schätzen, weil sie dem Fahrkartenkauf am Schalter sehr nahe kommt. Aber auch Touristen oder Gelegenheitsreisende, die sich etwa mit dem Verbundtarif vor Ort - gerade im Landkreis Haßberge relevant - nicht gut auskennen, bevorzugen häufig die persönliche Beratung per Video-Konferenz gegenüber dem "nackten" Automaten. Durch die Video-Reisezentren haben sie einen persönlichen Ansprechpartner, der den Automaten quasi für sie bedient.

Senkt die Hemmschwelle

So verbindet das Video-Reisezentrum die Vorteile der Digitalisierung mit den Annehmlichkeiten einer persönlichen Beratung. Den Kunden wird gleichzeitig ein einfacher Zugang zum öffentlichen Verkehr ermöglicht. Und ein weiterer positiver Nebeneffekt, so die Erfahrung der Bahn: Dadurch, dass die Kunden die Angebotssuche des Reiseberaters auf dem Monitor verfolgen, sinkt bei vielen die Hemmschwelle, selbst eine Fahrkarte am Automaten zu kaufen, wenn es einmal keine persönliche Beratung gibt.

"Als Nachfolge eines Schalters war das die beste Lösung."
Günther Werner, Bürgermeister

Nach der Schließung des Schalters am Haßfurter Bahnhof versuchte die Bahn, einen Nachfolger zu finden, der diese Aufgaben übernimmt, teilt der DB-Sprecher mit. Nachdem dieses Vorhaben gescheitert war, habe die Bahn der Stadt Haßfurt angeboten, hier am Bahnhof ein Video-Reisezentrum zu errichten. Und damit bei Bürgermeister Günther Werner offene Türen eingerannt. "Als Nachfolge eines Schalters war das die beste Lösung", so der Bürgermeister, dem vor allem gefällt, dass die Serviceeinrichtung 70 Stunden wöchentlich geöffnet ist - also auch an Sonn- und Feiertagen. "Für so etwas braucht man auch Fachleute", sieht Günther Werner einen absoluten Vorteil darin, dass die Beratung nun durch geschulte Mitarbeiter der Bahn erfolgt.

Fachleute müssen vorher auch noch für die nötigen Voraussetzungen - Beispiel Datenkabel - sorgen. Nach Auskunft des Bahnsprechers werde es noch rund ein halbes Jahr dauern, bis das Video-Reisezentrum im Haßfurter Bahnhof in Betrieb genommen werden kann. Dann steht einem deutlich längeren persönlichen Kontakt der Fahrgäste, als er bisher geboten wurde, nichts mehr im Wege. Und das ohne Aufpreis. "Natürlich kostet das Ticket im Reisezentrum nicht mehr als am Automat oder bei einem Onlinekauf", so der Bahnsprecher.

 
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    Das Videoreisecenter ist eine menschenleere Einrichtung. Ich kenne es von Bad Kissingen. Kaum einer nutzt dies dort. Alles rausgeschmissenes Geld.
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