Eberns Bürgermeister Jürgen Hennemann spricht von einem "Jahrhunderthochwasser". Sein Zeiler Amtskollege Thomas Stadelmann wählt den Begriff "Wahnsinnshochwasser", während der Knetzgauer Rathauschef Stefan Paulus immer wieder das Wort "Katastrophe" in den Mund nimmt: Alle drei Kommunen liegen im Landkreis Haßberge, den die Unwetter über Franken am Freitag mit am stärksten getroffen haben.
Ebern, Zeil und Knetzgau waren auch für Ralf Dressel, Kreisbrandrat in den Haßbergen, die Schwerpunkte des Einsatzgeschehens. "So ein Hochwasser habe ich noch nie erlebt", sagt der Feuerwehrmann, – eines nämlich, das sich über große Flächen des Haßbergkreises verteilt und dementsprechend viele Ortschaften in Mitleidenschaft zieht.
Es war schwer für alle Beteiligten, sich ein Bild von der Gesamtlage zu machen, es gab zu viele Notfälle an zu vielen Orten, verteilt über den gesamten Landkreis. "Zwei Drittel unserer Feuerwehren sind im Einsatz", sagte Dressel am Freitagnachmittag.
Im Morgengrauen hatten die Regenfälle begonnen und waren im Laufe des Vormittags immer stärker geworden. Die Intergrierte Leitstelle Schweinfurt verortete einen ersten Einsatzschwerpunkt in der Gemeinde Knetzgau, wo in den Ortsteilen Westheim, Hainert, Oberschwappach und Zell vor allem entlang von Bachläufen Anwesen und Straßen überflutet wurden.
Schon gegen 9 Uhr war von 70 Einsätzen von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk (THW) die Rede. Gegen 4 Uhr habe der Regen begonnen, dann seien innerhalb weniger Stunden "gut und gerne 70 Liter pro Quadratmeter gefallen", schätzten Bürger in Westheim, die sich daran beteiligten, ein Grundstück vor den Wassermassen zu schützen.
Sorgenvoller Blick auf den Knetzgauer Damm
Während in Zell am Ebersberg ein Pkw in den Fluten versank, schien der Hauptort Knetzgau zunächst von größeren Überflutungen verschont zu werden - dank eines Hochwassersammelbeckens für den von Südwesten kommenden Westheimer Bach. Am Nachmittag spitzte sich die Lage für Knetzgau allerdings zu: Wasser begann über den Damm zu fließen, weswegen Bürgermeister Paulus die Bevölkerung aufrief, die Keller zu räumen.
Am späten Nachmittag hatte sich die Situation nicht weiter zugespitzt, aber auch nicht entschärft. Paulus sagte am Freitagabend, was er den ganzen Tag über schon mehrfach gesagt hatte: "Da hilft nur noch beten."
Ein paar Kilometer entfernt, in Zeil am Main, brauchte sich niemand mehr die Frage zu stellen, ob das Hochwasser kommt. Wohl aber, welche Schäden es hinterlässt: Die Altach hatte weite Teile der malerischen Altstadt überflutet. Und trotz einer speziellen Hochleistungspumpe, mit der das THW Forchheim Wasser wegbeförderte, wollte sich bis zum späten Nachmittag die Lage nicht so recht entspannen.
Bürgermeister Stadelmann sprach von Naturgewalten, gegen die man nur wenig tun könne, zeigte sich aber erleichtert, dass keine Menschen verletzt wurden. "Einsatzkräfte und Stadt haben getan, was getan werden kann. Jetzt müssen wir abwarten", sagte Stadelmann am Abend mit Blick auf die weitere Entwicklung des Wetters.
Auch die Stadt Ebern wurde vom Unwetter hart getroffen. Hier war der Angerbach über das Ufer getreten und hatte neben Teilen der tiefer gelegenen Stadt auch den Keller der Dr.-Ernst-Schmidt-Realschule überflutet, die gerade erst für rund sieben Millionen Euro saniert worden war. Bis zu einem Meter hoch stand das Wasser in den Klassenzimmern. Zwischen 10 und 11 Uhr sei klar geworden, dass es sich zu einer Katastrophe entwickelt, sagte Schulleiter Hartmut Weis.
Schüler schreiben Prüfung trotz Hochwassers in der Schule weiter
370 Schülerinnen und Schüler befanden sich zu diesem Zeitpunkt im Gebäude. Sie wurden in den höher gelegenen Stockwerken in Sicherheit gebracht. Die Abschlussprüfungen im oberen Stock mussten trotz des Ausnahmezustandes zu Ende geschrieben werden.
Das genaue Bild der Überschwemmungen und der dadurch entstandenen Schäden wird sich erst in den nächsten Tagen zusammensetzen lassen, wobei nicht auszuschließen ist, dass die Lage durch weitere Niederschläge kritisch bleibt oder noch dramatischer wird.
Auch in anderen Teilen der Region sorgte der Starkregen für einen Dauerdienst der Feuerwehren. Rund 160 Einsätze zählte Alfred Schubert von der Berufsfeuerwehr Würzburg am Freitagnachmittag für sein Leitstellengebiet. Bedrohlich war die Situation in Reichenberg (Lkr. Würzburg), wo die Straßen in der Dorfmitte überflutet waren. Anwohner berichteten, dass sie so etwas seit über 30 Jahren nicht erlebt hatten.
In Wiesentheid (Lkr. Kitzingen) wurden die Bürger von der Gemeinde aufgefordert, Sandsäcke aus abzuholen, um überschwemmungsbedrohte Gebiete zu sichern. Drastisch formulierte Klaus Wörner von der Integrierten Leitstelle in Schweinfurt die Situation: "Wir ertrinken in Einsätzen." 180 mal mussten die Kameradinnen und Kameraden bis zum Freitagnachmittag ausrücken.
In Gerolzhofen waren rund 300 Helfer von Feuerwehren und THW im Einsatz, um Straßen zu sperren, Keller auszupumpen, Sandsäcke zu füllen und vom Wasser bedrohte Anwesen zu schützen. Menschen kamen bei den unwetterartigen Niederschlägen und Überschwemmungen nach bisherigen Informationen in der Region nicht zu Schaden.