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Haßfurt
Alte Betschwestern? Von wegen! So blicken 5 Haßfurterinnen auf ihren Katholischen Frauenbund
Es geht den Mitgliedern um Gemeinschaft, Bildung und Vertretung ihrer Interessen in Politik, Gesellschaft und Kirche. Auch konfessionsübergreifend.
Sie sind eng verwurzelt mit dem Katholischen Frauenbund Haßfurt (von links): Rosi Eck, Elisabeth Stegner, Kathrin Wolf, Uta Voll und Monika Oeynhausen.
Foto: Martin Sage | Sie sind eng verwurzelt mit dem Katholischen Frauenbund Haßfurt (von links): Rosi Eck, Elisabeth Stegner, Kathrin Wolf, Uta Voll und Monika Oeynhausen.
Martin Sage
 |  aktualisiert: 03.12.2024 04:00 Uhr

Sie sind verwurzelt in ihrem katholischen Glauben, beheimatet in ihrer Kirche. Aber mit dem Bild von "alten Betschwestern" wollen sie nichts zu tun haben. Und sie wehren sich gegen die Rolle, auf die sie manch Konservativer gerne beschränken würde – auf das berüchtigte "Kinder, Kirche, Küche". Uta Voll (82), Rosi Eck (75), Monika Oeynhausen (71), Elisabeth Stegner (69) und Kathrin Wolf (48) sind Mitglieder mit teils langjähriger Vorstandstätigkeit beim Katholischen Frauenbund Haßfurt, der im Dezember seinen 100. Geburtstag feiert.

Die fünf Haßfurterinnen, sie alle sind Mütter, lassen im Gespräch mit der Redaktion im November erkennen, dass sie die Gemeinschaft lieben, das Zusammensein mit Gleichgesinnten, den gemeinsamen Weg der Frauen über viele Lebensstationen hinweg oder den Austausch zwischen Jung und Alt. Doch bedeutet ihnen ihr Frauenbund viel mehr als "Kaffeekränzchen, die liebevolle Mitgestaltung eines Gottesdienstes oder ein Gebet am Sterbebett", was freilich alles auch wichtig sei.

Die Gesprächsrunde stellt die Bedeutung des Frauenbundes bei der Aus-, Weiter- und Persönlichkeitsbildung der Mitglieder heraus. "Wir sind ein Bildungsverband", sagen sie, weisen auf die vielen Vorträge, Seminare oder sonstigen Veranstaltungen im Jahresprogramm hin, die der Haßfurter Zweigverband anbieten kann, weil er groß und stark genug ist.

Und dann ist da noch die Rolle ihres Frauenbundes und aller Frauenbünde, vom Zweigverein über den Landes- bis zum Bundesverband, als Vertreter der Fraueninteressen in Politik, Gesellschaft und – keine Frage – in der Kirche selbst.

Kein Frauenbild aus längst vergangenen Zeiten

Wie sehr sich hier wie dort das Bild der Frau geändert hat beziehungsweise welch andere Vorstellungen Frauen selbst heute von ihrem Leben haben, verdeutlicht an diesem Novembernachmittag ein Satz von Monika Oeynhausen: "Es kann nicht der Sinn des Lebens sein, dass der Haushalt perfekt ist und die Kinder in alle Richtungen gefördert werden."

Gerade für die Jüngeren im Frauenbund sei es heute eine Selbstverständlichkeit, zu arbeiten, ein emanzipiertes Leben zu führen, sich selbst zu verwirklichen. Von der aus dem Epheserbrief abgeleiteten Interpretation, dass die Frau dem Manne untertan sei, distanziert sich die Gruppe entschieden. Diese Vorstellung komme aus längst vergangenen Zeiten.

Dass Frauen Diakonninen und eines Tages auch Priesterinnen werden können, wie hier auf dem Archivfoto von 2018 gefordert, das wünscht sich auf der Katholische Frauenbund Haßfurt.
Foto: Patrick Seeger, dpa | Dass Frauen Diakonninen und eines Tages auch Priesterinnen werden können, wie hier auf dem Archivfoto von 2018 gefordert, das wünscht sich auf der Katholische Frauenbund Haßfurt.

Aber wie anders war noch die Welt, als laut Chronik 51 mutige Frauen im Mai 1924 den Haßfurter Zweigverein des Katholischen Frauenbundes gründeten: Erst sechs Jahre zuvor hatten Frauen in Deutschland das aktive und passive Wahlrecht erhalten. Und es sollte noch 38 Jahre dauern, bis Ehefrauen ihr eigenes Konto eröffnen dürfen, und weitere 15 Jahre, bis sie ohne Erlaubnis des Ehemannes einer Arbeit nachgehen können.

Dreitagesfahrten als Schritt in Richtung Emanzipation

Uta Voll und Rosi Eck erinnern sich noch an Zeiten, an denen es Frauen praktisch unmöglich war, alleine ins Wirtshaus zu gehen. Gerade die älteren Katholikinnen sprechen den Frauenbünden deshalb – trotz ihrer von Männern dominierten Kirche – eine wichtige Rolle bei der Emanzipation zu. Sie denken im Haßfurter Falle etwa an die Dreitagesfahrten, die zum festen Jahresprogramm gehören.

"Viele von uns waren da das erste Mal von zuhause und den Kindern weg", blickt Rosi Eck zurück. Was nur ging, weil die Fahrten "ganz und gar unschuldig" gewesen seien, "wir waren ja nicht auf Männerfang", ergänzt Monika Oeynhausen.

Sie sei nicht mitgefahren, weil sie so gerne Kirchen angeschaut habe, sondern weil sie endlich einmal Haus und Hof verlassen konnte, verrät eine der fünf. "Heute gehen Frauen halt eher auf Wellness", stellt Kathrin Wolf fest; für die jüngere Generation gebe es so viele Angebote, dass der Frauenbund vielleicht nicht die erste Wahl sei. Die Altersspanne der 158 Mitglieder reicht von um die 40 Jahre bis weit über 90. 

Es gibt sogar evangelische Mitglieder

Geschrumpft ist der Frauenbund Haßfurt in den letzten Jahren indes nicht, ganz anders als die katholische Kirche Deutschlands insgesamt. "Wir haben sogar evangelische Mitglieder", verkündet Elisabeth Stegner. An Mitgliedern, die aus der Kirche ausgetreten sind oder seit jeher konfessionslos waren, scheint niemand Anstoß zu nehmen, "sofern sie unsere Werte mittragen". Die Mehrheit stehe zum katholischen Glauben, "aber wir leben keine kniefällige Gläubigkeit", sagt Monika Oeynhausen. "Wenn wir bei unseren Fahrten morgens ein Gebet sprechen, steht es jedem frei, mitzubeten."

Das Katholische komme bei den Veranstaltungen zum Tragen, die den Glauben zum Inhalt haben: Bei den gemeinsamen Gottesdiensten, bei Maiwanderungen, Marienandachten oder dem Gehen von Kreuzwegen, führt Ute Voll aus. Wer das akzeptiert, den akzeptiert auch der Frauenbund. Lieber evangelisch, weil in der evangelischen Kirche Frauen das Priesteramt ausüben dürfen, was Katholikinnen verwehrt ist, wären die Gesprächspartnerinnen nicht. "Höchstens, weil die nicht knien müssen", scherzen sie.

Diakonat der Frau bleibt auf dem Wunschzettel

Das Diakonat der Frauen steht dennoch auf dem Wunschzettel der Runde im Pfarrheim St. Kilian. Eines Tages wird auch das Priesteramt für Frauen kommen, ist man sich sicher. Auch wenn die Runde weiß, dass das so schnell nicht der Fall sein dürfte: Papst Franziskus, von dem sie sich mehr versprochen hatten, müsse für die Weltkirche entscheiden, nicht für Deutschland. Und anderswo tickten die Uhren wohl noch anders, schätzen die Frauen. Darüber hinaus: "Wir befürchten, dass der nächste Papst noch konservativer ist", meint Elisabeth Stegner. 

Mit der Situation vor Ort, mit der eigenen Pfarrei, ist das Quintett zufrieden. Von Pfarrer Reinhold Schmitt und Stephan Eschenbacher fühlten sie sich wahrgenommen, respektiert, beide Geistliche hätten in Frauenangelegenheiten sehr fortschrittlich gedacht. Doch seit Eschenbachers Wechsel zur Pfarrei Heilig Geist Schweinfurt im Herbst vergangenen Jahres ist die Pfarrstelle unbesetzt. Und so ist es einer der Wünsche des Frauenbundes Haßfurt, dass alsbald ein neuer Pfarrer kommt und er ebenfalls aufgeschlossen ist für die Belange der weiblichen Pfarreimitglieder wie seine Vorgänger.

"Frauenrechte sind keine Selbstläufer"

Auf der größeren Ebene wünschen sich die Frauen, dass die Frauenvertretungen überall im Lande, keinesfalls nur die katholischen, stark bleiben mögen. "Frauenrechte sind keine Selbstläufer, sie müssen jeden Tag aufs Neue erkämpft werden", fasst es eine von ihnen für alle zusammen. Auf Haßfurt bezogen hoffen die Frauen, dass sich auch in Zukunft starke Persönlichkeiten finden, die bereit sind, ehrenamtlich im Vorstand Verantwortung zu übernehmen.

 
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