zurück
Albersdorf
Albersdorf bei Ebern: Wie ein aussterbender Ort plötzlich wieder aufblüht
Lange Zeit sorgten sich die Albersdorfer, dass ihre Ortschaft ausstirbt. Doch statt Leerstand und Wegzug gibt es mittlerweile neues Leben im Dorf. Was ist passiert?
Werner Riegel ist der Ortssprecher von Albersdorf. Er hat das Dorfgeschehen im Blick.
Foto: René Ruprecht | Werner Riegel ist der Ortssprecher von Albersdorf. Er hat das Dorfgeschehen im Blick.
Johanna Heim
 |  aktualisiert: 08.02.2024 13:35 Uhr

Mitten in den Haßbergen, eingebettet zwischen Feldern, Wäldern und Burgruinen, liegt der kleine Ort Albersdorf, ein Stadtteil von Ebern. Drei schmale Straßen führen durch die ruhige Ortschaft, vorbei an gepflegten Häusern, einem Gutshof, der Kirche St. Michael und dem alten Feuerwehrhaus.

Viele Einwohner gab es in dem Dorf noch nie – doch vor allem in den letzten Jahren trieb die Bewohner die Sorge um, dass ihr Heimatort zukünftig aussterben wird. Aber genau das Gegenteil ist eingetreten. Albersdorf blüht wieder auf. Die Geschichte eines Ortes, der den Kampf gegen das Dorfsterben gewonnen hat.

Einer, der sich in Albersdorf ganz genau auskennt, ist Werner Riegel. Der 64-Jährige ist seit 1996 Ortssprecher des Dorfes. Der Mann mit der ruhigen Stimme und den freundlichen blauen Augen ist engagiert. Er setzt sich für die Dorfgemeinschaft ein. Riegel weiß, was die Dorfbewohner antreibt und was sie umtreibt. Doch auch der Rentner hatte Sorgen – und bangte die letzten Jahre um das Leben in der Ortschaft.

Albersdorf von oben. Neben dem aktuellen Neubaugebiet gibt es noch ein weiteres ausgewiesenes Baugebiet im Dorf - dort gibt es noch freie Bauplätze.
Foto: René Ruprecht | Albersdorf von oben. Neben dem aktuellen Neubaugebiet gibt es noch ein weiteres ausgewiesenes Baugebiet im Dorf - dort gibt es noch freie Bauplätze.

"Die jungen Albersdorfer haben geheiratet und sind fortgezogen", berichtet Riegel. "Überall waren die Albersdorfer dann, außer im Ort, und die Alten sind weggestorben. Irgendwann war dann fast keiner mehr da."

Über die Jahre hatte das Folgen. Das Wirtshaus machte dicht, die beiden Gemischtwarenläden schlossen und auch die Flaschenbierhandlung musste aufgeben. Neben dem Dorfleben schlief auch das Vereinsleben ein. Zuletzt löste sich sogar der Feuerwehrverein auf, berichtet Riegel. "Wir hatten zu wenig Mitglieder."

Das Albersdorfer Feuerwehrhaus: Der Verein wurde vor einigen Jahren aufgelöst, da er zu wenig Mitglieder hatte. Mittlerweile befindet sich das Haus in Privatbesitz.
Foto: René Ruprecht | Das Albersdorfer Feuerwehrhaus: Der Verein wurde vor einigen Jahren aufgelöst, da er zu wenig Mitglieder hatte. Mittlerweile befindet sich das Haus in Privatbesitz.

Zwischenzeitlich zählte der Ort nur noch an die 70 Einwohner. Zusätzlich trieb ein Zwist innerhalb der Dorfgemeinschaft die Bürger auseinander. Es gab Querelen am Stammtisch und Streitigkeiten wegen Bauplätzen, erklärt Riegel. "Das hat der Gemeinschaft nicht gutgetan."

Doch nicht nur die alten dorfeigenen Streitereien und die sinkenden Einwohnerzahlen, sondern zuletzt Corona hätten dem Dorf- und Vereinsleben einen Strich durch die Rechnung gemacht, ist sich Werner Klemm sicher. Der 68-Jährige stammt aus Hofstetten, mit seiner Frau ist er 1997 nach Albersdorf gezogen. "Ich bin damals gleich gut im Ort integriert worden", erinnert er sich.

Werner Klemm in der alten Schule. Hier fand der Stammtisch der Albersdorfer statt - bis Corona kam.
Foto: René Ruprecht | Werner Klemm in der alten Schule. Hier fand der Stammtisch der Albersdorfer statt - bis Corona kam.

Nun vermisse er vor allem den Stammtisch in der alten Schule des Dorfes, der mehrmals im Monat stattgefunden habe. Die Versammlungen hätten das Miteinander gestärkt, ist Klemm überzeugt. "Jeder der wollte, konnte dazu kommen." Für junge Leute wurde gar ein Jugendraum in dem Gebäude eingerichtet, auf der Wiese daneben ein Spielplatz für die Kinder. Doch Klemm ist zuversichtlich, dass das Vereinsleben nach der Pandemie wieder aufblüht. 

Die neuen Albersdorfer sind ein bunter Mix

Denn seit einiger Zeit weht ein frischer Wind durchs Dorf. Mittlerweile gibt es nicht nur Zuzug aus anderen Orten in den Haßbergen und dem Maintal, sondern auch aus Nürnberg, Fürth, Frankfurt und Suhl.  Über 30 neue Anwohner sind laut Riegel in den letzten fünf Jahren nach Albersdorf gezogen, haben leerstehende Häuser restauriert und ihnen neues Leben eingehaucht.

"Ich dachte, ich erlebe es nie mehr, dass in Albersdorf ein Haus gebaut wird."
Werner Riegel, Ortssprecher von Albersdorf

"Ich dachte, ich erlebe es nie mehr, dass in Albersdorf ein Haus gebaut wird", berichtet der Ortssprecher. Doch Riegel hat sich geirrt. 76 Einwohner zählte Albersdorf laut der Stadt Ebern im Juli 2021. "Darunter fünf Kinder und zwei Jugendliche", informiert Riegel stolz. Zwischenzeitlich gab es nur ein einziges Kind im Ort.

Am Rande des Ortes steht nun ein Neubaugebiet, drei Einfamilienhäuser wurden im vergangenen Jahr dort gebaut. Sandra Lengenfelder, ursprünglich aus Oberfranken, zog mit Freund und Tochter im Mai dieses Jahres in ihren Neubau. 

Sandra Lengenfelder hat 2021 in Albersdorf gebaut.
Foto: René Ruprecht | Sandra Lengenfelder hat 2021 in Albersdorf gebaut.

"Viele sagen, du hast hier in Albersdorf ja gar nichts", berichtet die 30-Jährige über verwunderte Stimmen aus ihrem Bekanntenkreis. "Aber es gibt alles im Umkreis." Nach Ebern, Haßfurt, Coburg und auch Bamberg sei es nicht allzu weit, die Tochter gehe in einem nahegelegenen Ort in den Kindergarten. Auch in Sachen Versorgung ist Lengenfelder zufrieden. Mittlerweile kommen jede Woche zwei Bäcker, ein Metzger und ein Bierhändler ins Dorf.

"Die Dorfgemeinschaft ist wie eine große Familie hier."
Sandra Lengenfelder aus Albersdorf

Gekannt hätte sie vorher zwar keinen der Dorfbewohner, berichtet sie. Doch wie damals schon für Klemm sei auch für Lengenfelder der Zuzug die richtige Entscheidung gewesen. "Die Nachbarn sind total offen und halten zusammen. Die Dorfgemeinschaft ist wie eine große Familie hier." Lengenfelder fühle sich wohl im Ort, sie zieht die Ruhe und die Nähe zur Natur dem Leben in der Stadt vor. Sie hofft jedoch, dass das Dorf- und Vereinsleben in Zukunft weiter an Fahrt aufnimmt, "der Kinder wegen".

Erzieher Rico Weilemann lebt seit seinem siebten Lebensjahr in Albersdorf.
Foto: René Ruprecht | Erzieher Rico Weilemann lebt seit seinem siebten Lebensjahr in Albersdorf.

Hinter der Idee steht auch Rico Weilemann. Der 27-jährige Erzieher wohnt seit seinem siebten Lebensjahr in Albersdorf und möchte auch in Zukunft im Ort bleiben. Weilemann ist der Ansicht, dass man für das Dorfleben auch etwas tun müsse. "Gemeinsame Feste wären schön, vielleicht sogar einmal im Monat."

"Gemeinsame Feste wären schön, vielleicht sogar einmal im Monat."
Rico Weilemann aus Albersdorf

Er plant deshalb, demnächst ein Fest in der alten Schule des Ortes zu organisieren. "Damit sich die Alten und die Neuen im Dorf noch besser kennen lernen können. Vielleicht bringt man damit ja etwas Neues ins Rollen." 

Der Grundstein dafür scheint allem Anschein nach auf jeden Fall gelegt. "Wir haben jetzt wieder Leben im Dorf", sagt der Riegel erfreut. Und auch die Gemeinschaft in Albersdorf sei in den vergangenen Jahren wieder näher zusammengerückt, wie Riegel, Klemm und Weilemann unisono berichten.

Albersdorf wächst wieder, wie hier am Neubaugebiet zwischen Kirche und Straße zu sehen ist.
Foto: René Ruprecht | Albersdorf wächst wieder, wie hier am Neubaugebiet zwischen Kirche und Straße zu sehen ist.

"Wenn einer abends in seinem Hof sitzt, dann sitzt er nicht lange alleine", sagt der Ortssprecher. "Die Nachbarn kommen vorbei, man unterhält sich. Das ist schön." Er sei zuversichtlich, dass das in Zukunft auch so bleibt und die Ortschaft weiter wächst. Nicht zuletzt, da noch weitere Bauplätze sowie ein ausgewiesenes Baugebiet verfügbar sind, wie die Stadt Ebern auf Nachfrage bekannt gibt.

Fotoserie
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Albersdorf
Johanna Heim
Bekanntenkreis
Burgruinen
Erzieher
Familien
Haßberge 2050
Häuser
Kinder und Jugendliche
Rentner
Stadtleben
Töchter
Wald und Waldgebiete
Werner Riegel
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Lebenhan1965
    Warum wird hier ein Neubaugebiet

    ausgewiesen und nicht innerörtliche Entwicklung gefördert?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Motorradfahrer83
    Tolle Entwicklung für den Ort.
    Aber die Bilder von der leeren Anschlagstafel, leeren Straßen oder dem Friedhof zeigen eigentlich ein anderes Bild, als es der Artikel vermitteln soll.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten