Das Bayerische Justizministerium bezeichnet den Freistaat als Land der Ehrenamtlichen und der Vereine. In Bayern engagiere sich fast jeder Zweite über 14 Jahren ehrenamtlich in Rettungsdienst oder Kirche, im Sport- oder Musikverein - oder in einem der vielen anderen Vereine. Handelsregister und Amtsgerichten zufolge gibt es alleine in Unterfranken 9200 Vereine.
Seit einem Jahr aber macht ihnen allen die Corona-Pandemie zu schaffen: Wegen der Einschränkungen war das gewohnte Vereinsleben im vergangenen Jahr gar nicht, kaum oder nur sehr eingeschränkt möglich. Keine Treffen der Blaskapelle, kein Training im Fußballverein.
Und viele Vereine decken mehr oder weniger große Teile ihres Etats durch die Erlöse bei Festen, mit Verkaufsständen an Weihnachtsmärkten oder Faschingsveranstaltungen. All das fiel in den vergangenen zwölf Monaten aus. Hat das langfristige Auswirkungen? Folgt auf die Pandemie ein Vereinssterben?
Belege dafür gibt es nicht. Vom Landratsamt Würzburg beispielsweise heißt es indes, dass bei den Vereinen im Landkreis die Mitgliederzahlen im Corona-Jahr zurückgegangen seien. Beim bayerischen Landessportbund, dem die meisten Sportvereine angehören, stagniert den Angaben zufolge die Zahl der Vereine. Die Zahl der Abteilungen in den Sportvereinen sei im vergangenen Jahr sogar leicht gestiegen. Ähnliches zeigen die Zahlen des Handelsregisters.
Corona beutelt die Vereine indes nicht nur finanziell. Mitgliederversammlungen und Neuwahlen mussten online stattfinden. Immerhin hat der Gesetzgeber hier kurzfristig entsprechende Regelungen getroffen: Wo Online-Versammlungen nicht möglich sind, können sie auch aufgeschoben werden.
Neue Mitglieder zu gewinnen, ist dafür ein Problem. Ganze Jahrgänge von Kindern, die normalerweise neu in den Musikverein, den Sportverein oder die Feuerwehr eintreten, fallen weg, weil durch die Pandemie kein normales Vereinsleben möglich ist. Im Sport zeigt sich das auch in einer bundesweiten Studie der Deutschen Sporthochschule in Köln. Glichen die Neuanmeldungen die Abmeldungen in Sportvereinen während des ersten Lockdowns vor einem Jahr aus, geht die Schere jetzt auseinander. 44 Prozent der Vereine meldeten bis Januar einen Rückgang der Mitglieder. Steigende Mitgliederzahlen hatten nur 29 Prozent verzeichnet.
Sich einen Überblick über das Vereinswesen in Unterfranken insgesamt zu verschaffen - fast nicht möglich. Das kritisiert auch Kerstin Gressel, Ehrenamtsbeauftragte des Landkreises Würzburg: "Wir wissen nicht, wie viele Vereine wir hier haben oder aus welchen Bereichen sie kommen", sagt Gressel. Informationen zu Mitgliederzahlen, dem Gründungsjahr der Vereine oder der Anzahl der Abteilungen in einem Verein könne keine staatliche Einrichtung liefern.