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Bad Kissingen
Zentrum für Telemedizin: Warum innovative Projekte aus Bad Kissingen bundesweit im Trend liegen
Nach zehn Jahren Laufzeit ist das ZTM auf Erfolgskurs. Was schon alles auf den Weg gebracht wurde und wer von den telemedizinischen Lösungen profitiert. 
Im Telemedizin-Zentrum Bad Kissingen ist nach dem Umzug noch nicht alles genau an seinem Platz. Im Bild ZTM-Geschäftsführer Sebastian Dresbach und Prokurist Steffen Schmitt im Showroom.
Foto: Isolde Krapf | Im Telemedizin-Zentrum Bad Kissingen ist nach dem Umzug noch nicht alles genau an seinem Platz. Im Bild ZTM-Geschäftsführer Sebastian Dresbach und Prokurist Steffen Schmitt im Showroom.
Isolde Krapf
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:09 Uhr

Das Zentrum für Telemedizin (ZTM), einst als Start-up gegründet, ist den Kinderschuhen längst entwachsen. Die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzutreiben, lautete der Auftrag. Was von Bad Kissingen aus im Jahr 2010 gestartet wurde, hat heute bayern-, ja bundesweite Wirkung. Dresbach: "Was zum Beispiel die digitale Vernetzung von Kliniken mit den Rettungsdiensten angeht, sind wir inzwischen Marktführer."

Dieser wirtschaftlichen Bedeutung entspricht nun auch die neue räumliche Ausstattung. Denn die ZTM Bad Kissingen GmbH ist Anfang Januar 2023 vom Rhön-Saale Gründer- und Innovationszentrum (RSG) ins sanierte frühere Telekomgebäude umgezogen.

"Der Umzug war ein Motivationsschub für die Truppe."
Sebastian Dresbach, ZTM-Geschäftsführer

Das bedeutet eine Verdoppelung der Büro- und Konferenzflächen. Während die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im RSG auf 510 Quadratmetern und vier Etagen verteilt waren, stehen ihnen jetzt 1150 Quadratmeter auf zwei Stockwerken zur Verfügung, sagt der Bad Kissinger Geschäftsführer Sebastian Dresbach im Gespräch mit dieser Redaktion.

"Als das ZTM im RSG in Betrieb ging, war ich der einzige dort", erinnert sich Dresbach an den 15. Mai 2012. Im dritten Jahr kam Steffen Schmitt dazu, der seit kurzem als Prokurist fungiert. Heute arbeiten 31 Personen im Ex-Telekomhaus in Bad Kissingen. Es steht dort jetzt, neben freundlichen Büros und dem Showroom, auch ein großer Konferenzraum zur Verfügung sowie Aufenthaltsräume für die Beschäftigten. Dresbach: "Der Umzug war ein Motivationsschub für die Truppe."

Fabian Head überwacht an der großen Schalttafel die digitalen Systeme des ZTM Bad Kissingen, die bundesweit im Einsatz sind.
Foto: Isolde Krapf | Fabian Head überwacht an der großen Schalttafel die digitalen Systeme des ZTM Bad Kissingen, die bundesweit im Einsatz sind.

Insgesamt sind inzwischen im ZTM bundesweit 60 Personen in verschiedenen Arbeitszeitmodellen mit an Bord. Etliche arbeiten im Mobile Office, so zum Beispiel zwei Software-Ingenieure aus Berlin. Ein zweites Büro betreibt das ZTM in Karlsruhe, wo Geschäftsführer Asarnusch Rashid die Fäden in der Hand hält. "Dort geht’s in erster Linie um Software-Entwicklung und Innovationsmanagement", sagt Dresbach. In Bad Kissingen hingegen haben die Beschäftigten vor allem die praktische Vernetzung von Ärzten, Kliniken, Pflegeeinrichtungen und Rettungsdiensten durch spezielle telemedizinische Systeme im Blick.

"Wir hatten vor zehn Jahren die richtige Vision, denn die Digitalisierung ist der Zahn der Zeit"
Sebastian Dresbach, ZTM-Geschäftsführer

"Wir hatten vor zehn Jahren die richtige Vision, denn die Digitalisierung ist der Zahn der Zeit", sagt Dresbach im Hinblick auf die fruchtbare Entwicklung des ZTM in diesem Zeitraum. Entwickelt wurde beispielsweise im ZTM eine digitale Plattform zur Vernetzung von Leistelle, Rettungsdienst und Klinik, die mittlerweile in 6000 Rettungswagen Anwendung findet. Das heißt, im Rettungswagen ist entsprechende Software installiert, mit der Daten bezüglich des Patienten und dessen, was vorgefallen ist, erfasst und automatisch an die Klinik versendet werden können.

Digitale Unterstützung für 320 Kliniken

Im ZTM erdacht und praktisch umgesetzt wurde zudem eine digitale Plattform, auf der sich Kliniken untereinander fachlich vernetzen können. Dafür ist eine Software-Firma in Gießen zuständig, sagt Prokurist Steffen Schmitt im Gespräch mit dieser Redaktion. Haben in diesem digitalen Netzwerk im Jahr 2012 zunächst drei Kliniken miteinander kommuniziert, sind es bundesweit aktuell bereits 320.

Kliniken können sich so auch auch mal den Rat eines außenstehenden Facharztes einholen. Mit den sogenannten Telekonsil-Möglichkeiten, die das ZTM entwickelte, ist das kein Problem, sagt Dresbach und gibt eine Beispiel: Ein Krankenhaus hat selbst vor Ort keinen Neurologen. Für den eingewiesenen Patienten ist aber der fachliche Rat eines niedergelassenen Kollegen notwendig.

Wendeltreppe zur Förderung der Kommunikation: So gelangen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (im Bild Sebastian Tröster) schnell mal vom einem zum anderen Stockwerk und ersparen sich weite Wege übers Treppenhaus.
Foto: Isolde Krapf | Wendeltreppe zur Förderung der Kommunikation: So gelangen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (im Bild Sebastian Tröster) schnell mal vom einem zum anderen Stockwerk und ersparen sich weite Wege übers Treppenhaus.

Per Knopfdruck kann man dann den Spezialisten von außerhalb  zuschalten – persönlich und in hoher Bild- und Video-Qualität. Das Rhön-Klinikum hat beispielsweise eine solche Kooperation mit dem Klinikum Gießen/Marburg, sagt Prokurist Schmitt. Und in der Region München arbeiten Kliniken in Bezug auf die Schlaganfall-Diagnostik zusammen.

"Es geht um die Ressource Zeit."
Sebastian Dresbach, ZTM-Geschäftsführer

Etwas zögerlich angenommen wird immer noch die digitale Vernetzung von medizinischen Fachkräften mit den Hausärztinnen und Hausärzten, bedauert Dresbach. Das System MIA (früher MONA) ist dennoch bundesweit gut nachgefragt und wird immerhin schon je einmal in den Landkreisen Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen genutzt. Statt des Arztes oder der Ärztin macht jetzt die medizinische Fachkraft Hausbesuche und schließt sich vor Ort dann per Tablet mit dem Hausarzt/der Hausärztin kurz. Nach ZTM-Angaben führen heute schon 170 Arztpraxen Televisiten und Videosprechstunden durch.

Heißt das nun also, dass der Hausarzt/die Hausärztin künftig ersetzbar sind? Dresbach verneint. Aber man könne den Ärzten Hausbesuche ersparen. "Es geht um die Ressource Zeit." Denn vor allem in den Praxen auf dem Land seien die Wartezimmer stets voll, da könnten diese medizinische Fachkräfte im Außendienst entlastend wirken.

Wohin geht die digitale Reise im Gesundheitswesen?

Wie angesichts des digitalen Fortschritts die Zukunft für kranke und ältere Menschen aussieht, darüber lässt sich nur spekulieren. "Ziel muss es sein, den Status quo zu erhalten und mit der Technik zu unterstützen", lautet Dresbachs Kredo.

Wird es irgendwann vielleicht überall nur noch Roboter geben? "In manchen Hotels bekommt man den Kaffee schon von einem Roboter an den Tisch gebracht", sagt Prokurist Schmitt. Auch in Pflegeheimen werde es Roboter geben, glaubt er und weiß, dass es auch in einigen Krankenhäusern Roboter gibt, die die Zimmer reinigen. "Aber keine Technik wird den Menschen ganz ersetzen können."

 
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