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Oberthulba
Wie kommt die Vier-Tage-Woche an? Das sagen der Chef und Beschäftigte einer Sanierungsfirma aus Oberthulba
Die Firma "Rainbow Sanierungen" testet seit Februar die Vier-Tage-Woche. Mit Erfolg? So sehen Inhaber Heino Löber, seine Prokuristin und zwei Mitarbeiter den Versuch bisher.
Schildern ihre Eindrücke von der Vier-Tage-Woche : (v.li.) Jana Löber, Randolf Sell, David Preuß und Heino Löber.
Foto: Simon Snaschel/René Ruprecht | Schildern ihre Eindrücke von der Vier-Tage-Woche : (v.li.) Jana Löber, Randolf Sell, David Preuß und Heino Löber.
Simon Snaschel
 |  aktualisiert: 18.07.2024 02:40 Uhr

Seit Februar 2024 beteiligt sich die Sanierungsfirma "Rainbow International" aus Oberthulba (Lkr. Bad Kissingen) an einer Studie der Universität Münster zur Vier-Tage-Woche. Die Firma mit rund 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern testet seitdem das Arbeitszeitmodell. 

Inhaber Heino Löber hat sich für das Modell "Reduzierte Arbeitszeit bei gleichem Lohn" entschieden. Das heißt für die 20 Mitarbeitenden, die sich an dem Test beteiligen, konkret: 36 statt 40 Stunden pro Woche arbeiten, das Einkommen bleibt, dafür gibt es zwei Urlaubstage weniger.

Vier Monaten Vier-Tage-Woche bei "Rainbow Sanierungen" sind um - bis August 2024 läuft das Projekt noch. Wie kommt das neue Arbeitszeitmodell bei den Beschäftigten an? Und wie wirkt es sich auf das Unternehmen aus? Firmenchef Heino Löber und drei Beschäftigte berichten.

1. Randolf Sell, 50, Schreiner: "Für mich gibt es eigentlich nichts Besseres"

Schreiner Randolf Sell findet die Vier-Tage-Woche klasse. 
Foto: René Ruprecht | Schreiner Randolf Sell findet die Vier-Tage-Woche klasse. 

"Ich bin komplett zufrieden. Ich arbeite in der Woche vier Stunden weniger für das gleiche Geld und habe mehr Freizeit. Die halbe Stunde, die ich an den vier Tagen jeweils länger arbeite, macht mich nicht kaputt. Für mich gibt es von daher eigentlich nichts Besseres.

Wenn wir die vier Stunden nicht von der Firma geschenkt bekommen würden, müsste ich aber schon überlegen. Dann würde ich statt 8,5 Stunden zehn Stunden am Tag arbeiten, da wäre ich schon kaputt, wenn ich abends nach Hause komme. Wenn ich für die verringerte Arbeitszeit auch weniger verdienen würde, wäre ich wahrscheinlich raus. Das könnte ich mir nicht leisten.

Die Variante, die wir hier im Unternehmen aktuell umsetzen, wäre für mich aber auf jeden Fall ein Grund, dort zu arbeiten. Wenn es nach mir geht, behalten wir die Vier-Tage-Woche bei. Man muss natürlich auch sehen, dass die Firma das Geld kostet. Bevor mein Job in Gefahr gerät, würde ich selbstverständlich zurück zur Fünf-Tage-Woche gehen."

2. Jana Löber, 27, Büroleiterin und Prokuristin: "Ich sehe den großen Kostenfaktor"

Prokuristin Jana Löber, Tochter von Inhaber Heino Löber, blickt aus Unternehmenssicht auf das Modell.
Foto: Simon Snaschel | Prokuristin Jana Löber, Tochter von Inhaber Heino Löber, blickt aus Unternehmenssicht auf das Modell.

"Ich bin die negative Stimme im Unternehmen. Aus Mitarbeitersicht ist das Modell natürlich super. Ich habe aber eher die unternehmerische Sicht und ich sehe den großen Kostenfaktor. Wir schenken jedem Mitarbeiter pro Woche quasi vier Stunden. Wenn man das hochrechnet, muss man das erstmal aushalten können und es muss sich bezahlbar machen.

An vier Tagen können wir weniger Baustellen einplanen. Dementsprechend können weniger Rechnungen geschrieben werden. Ich muss auch sagen, dass wenige Leute von sich aus auf uns zukommen und nach Jobs fragen. Da hatte ich mir mehr erhofft, auch wenn wir mit dem Arbeitszeitmodell während der Testphase noch nicht aktiv werben.

Man muss natürlich auch sagen, dass man vielen Mitarbeitern anmerkt, dass sie zufriedener sind. Wenn die Zahlen im Nachhinein stimmen, spricht trotz allem auch nichts dagegen, bei der Vier-Tage-Woche zu bleiben. Aber wenn wir einen Einbruch haben sollten, würde ich sofort abbrechen."

3. David Preuß, 45, Maler: "Für mich persönlich sehe ich überhaupt keine Nachteile"

Maler David Preuß freut sich über Freitage mit der Familie. 
Foto: René Ruprecht | Maler David Preuß freut sich über Freitage mit der Familie. 

"Es ist optimal, dass wir uns als Arbeitnehmer unsere Zeit entsprechend einteilen können. Gerade familiär ist der Freitag sehr wertvoll. Die halbe Stunde, die ich am Tag länger arbeite, stecke ich locker weg. Und die drei Tage Erholung zum Ausgleich sind optimal. Für mich persönlich sehe ich überhaupt keine Nachteile an der Vier-Tage-Woche. Ich wäre natürlich dafür, den Versuch auszuweiten.

Klar ist aber, dass wir im Unternehmen die Luxus-Variante fahren. 100 Prozent der Arbeitszeit an vier Tagen unterzubekommen, würde ich versuchen, müsste aber sehen, wie diese Belastung ist. Würde ich weniger Geld bekommen, wäre das schwierig. Die Freizeit ist ja schön und gut, aber dafür braucht man auch ein entsprechendes Einkommen." 

4. Heino Löber, 54, Inhaber: "Generell bin ich zufrieden, es gibt allerdings Stellschrauben"

Firmenchef Heino Löber will noch einmal drei Monate testen, bevor er entscheidet.
Foto: René Ruprecht | Firmenchef Heino Löber will noch einmal drei Monate testen, bevor er entscheidet.

"Generell bin ich zufrieden. Es gibt allerdings die eine oder andere Stellschraube, an der unbedingt noch gedreht werden muss. Was ich zum Beispiel völlig unterschätzt habe: Die vier Stunden, die wir vorher am Freitag gearbeitet haben, haben wir oft für kleinere Reparaturen genutzt. Das muss jetzt ins tägliche Geschäft mit eingeplant werden. Da tun wir uns noch schwer.

Von den Mitarbeitern sind inzwischen nahezu alle überzeugt. Die Leute nutzen den Freitag privat sehr intensiv, wie ich höre. Von Seiten der Kunden gab es bisher keine Beschwerden, dass wir freitags nicht arbeiten. Zumal es ja immer einen Notdienst gibt.

Wirtschaftlich hatten wir in einem Monat gewisse Einbußen, wobei das nicht an der Vier-Tage-Woche liegen muss. Das kommt vor und wir reden nur von einem Monat. Da muss man auf längere Zeiträume schauen. Zu 99 Prozent gehe ich davon aus, dass wir das Arbeitszeitmodell beibehalten. Aber ich will das nicht alleine entscheiden, das machen wir im Team. Wir werden das Modell jetzt für weitere drei Monate testen und dann eine Entscheidung treffen."

Projekt der Uni Münster zur Vier-Tage-Woche

Die Einführung einer Vier-Tage-Woche fällt vielen Unternehmen schwerer als angenommen. Zu dieser ersten Erkenntnis kommt das seit Februar laufende Projekt der Universität Münster, bei dem 45 Organisationen in Deutschland für ein halbes Jahr das Modell testen. Rund 40 Prozent der Unternehmen brauchten laut Zwischenbericht länger für die Vorbereitungen und konnten erst im März oder später starten.
Ursprünglich vorgegeben war das Konzept 100-80-100: also 100 Prozent Leistung in 80 Prozent der Zeit bei 100 Prozent Bezahlung. Fast die Hälfte der teilnehmenden Betriebe reduzierte die Arbeitszeit laut Zwischenbericht aber nur um maximal zehn Prozent.
Dafür erhielten den Forschern zufolge einige der teilnehmenden Unternehmen signifikant mehr Bewerbungen. Außerdem seien Mitarbeiter in vielen Fällen eher bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen und neue Ideen einzubringen.
Das Projekt dauert noch bis in den Sommer an. Die Veröffentlichung erster Ergebnisse ist für Ende Oktober geplant.
dpa
 
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