Im September hat die "Akademie Barbara Stamm" auf dem Gelände des ehemaligen Klosters Maria Bildhausen in Münnerstadt (Lkr. Bad Kissingen) den Betrieb aufgenommen. Die Bildungseinrichtung hat sich zum Ziel gesetzt, zum einen professionelle Pflegekräfte fachlich weiterzubilden und ihnen Gelegenheit zum Austausch untereinander zu bieten. Zum anderen sollen Angehörige, die ihre dementen Eltern oder ihr Kind mit Behinderung betreuen, hier die Möglichkeit erhalten, sich vom kräftezehrenden Pflegealltag zu erholen. Die ersten Kurse der Pilotphase starten jetzt im Oktober, in einem Jahr soll die Einweihung gefeiert werden.
Barbara Stamm, die im Oktober 2022 verstorbene ehemalige bayerische Landtagspräsidentin und Vize-Ministerpräsidentin, war der Motor hinter dieser "Tankstelle für Körper, Geist und Seele" in Maria Bildhausen, die bayernweit als einmalig gilt. "Die Akademie ist ihr Vermächtnis, das Engagement von Barbara Stamm ist tief in den Genen der Einrichtung verhaftet", sagt Rüdiger Heining, einer der beiden Geschäftsführer der Einrichtung. Nach Stamms Tod war es denn auch schnell beschlossene Sache, dass die Akademie ihren Namen tragen wird.
Barbara Stamm: "Außergewöhnliche Frau" und ein Glücksfall für pflegende Menschen
Er selbst habe die CSU-Politikerin "leider" nur kurz kennengelernt - beim Vorstellungsgespräch, bevor er die Stelle in Münnerstadt vor einem Jahr angetreten hat, sagt Heining. "Aber wie ich sie da schon erlebt habe, was ich seitdem über sie gehört und gelesen habe, zeigt, was für eine außergewöhnliche Frau Barbara Stamm gewesen ist." Und was für ein Glücksfall für die vielen tausend Menschen, die in der Pflege beruflich oder ehrenamtlich tätig sind und sich nach Austausch und Unterstützung sehnen.
Die Akademie soll einmal täglich bis zu 100 Pflegenden die Möglichkeit bieten, Selbstfürsorge zu betreiben und zumindest kurz mal eine Pause einzulegen bei der psychisch wie physisch belastenden Betreuung hilfsbedürftiger Menschen. Sie geht zurück auf eine gemeinsame Initiative des Landkreises Bad Kissingen und des Dominikus-Ringeisen-Werkes, einer kirchlichen Stiftung, die über eine neue Nutzung des Klosters nachdachten, das jahrzehntelang Heimat der Ordensgemeinschaft St. Josefskongregation war.
Unterschiedliche Verbände beteiligen sich an der Akademie
Barbara Stamm war seit 2017/18 in alle Planungen eingebunden, sie habe frühzeitig die "steigende seelische Not vieler Pflegenden erkannt", heißt es in Maria Bildhausen. Und sie sorgte dafür, dass sich in München die Politik, konkret das Gesundheits- und das Sozialministerium, als Förderer für das Projekt gewinnen ließen. Als Träger der Einrichtung formierte sich eine gemeinnützige Gesellschaft, in der die unterschiedlichsten Akteure der Pflege zusammenarbeiten.
"Schon beeindruckend, wie Barbara Stamm hier dank ihrer Leidenschaft für das Projekt Verbände mit unterschiedlichem konfessionellen Hintergrund, aber auch Konkurrenten, die im Wettbewerb stehen, an einen Tisch gebracht hat", schwärmt Rüdiger Heining. So sind unter anderem die Diakonie Schweinfurt, die Caritas Würzburg, der Landesverband des Roten Kreuzes, die Carl von Heß Sozialstiftung Hammelburg, das Juliusspital Würzburg, das Bürgerspital Würzburg sowie die Kommunale Altenhilfe Bayern mit von der Partie. Vorsitzender der Gesellschaft ist der Bad Kissinger Landrat Thomas Bold.
Die ersten Kurse laufen, bis zum Endausbau 2028 stehe noch ein langer, kostenintensiver Weg bevor, sagt der Geschäftsführer. Es sei das Vermächtnis, der gute Geist Barbara Stamms, der Mut mache, das Projekt auch gegen Bedenken und Rückschläge voranzubringen. "Geht nicht, gibt's nicht", dieses Motto habe die Verstorbene geprägt, es treibe die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter an. Stamms Pragmatismus sei legendär, sagt Heining. Viele Weggefährten wissen: Wenn die Sozialpolitikerin von einer Idee überzeugt war, sagte sie im Zweifelsfall auch Parteifreunden ohne große Rücksichtnahme die Meinung.
Barbara Stamm ließ sich von Hierarchien nicht beeindrucken
So konsequent, manchmal auch penetrant, konnte Barbara Stamm sein. Von Hierarchien ließ sie sich nicht beeindrucken. Sie kämpfte als Politikerin mit genauso viel Herzblut für die Erweiterung der Universität Würzburg auf dem ehemaligen US-Army-Gelände oder für den milliardenschweren Ausbau des Uniklinikums wie für die Anliegen vermeintlich kleiner Leute, die sie ungerecht behandelt sah.
Da legte sie sich mit Kranken- und Pflegekassen, die einem Menschen mit Behinderung eine technische Hilfeleistung verweigerten, genauso an wie mit der Ministerialbürokratie, wenn ein gut integrierter Geflüchteter aus Bayern abgeschoben werden sollte. Und sie wusste immer sehr genau, wann es half, die Öffentlichkeit einzuschalten, oder wann Druck hinter den Kulissen erfolgversprechender war.
In Maria Bildhausen stehen in den nächsten Jahren noch Investitionen im mittleren zweistelligen Millionenbereich an. Der Ausbau der Akademie werde immer wieder auch an Hindernisse stoßen, ist Geschäftsführer Heining sicher. Aber das Vermächtnis von Barbara Stamm werde helfen, diese zu überwinden.