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Bad Kissingen
Warum die Erinnerung wichtiger denn je ist
Auch in den Ratsgremien im Landkreis Bad Kissingen wird über die Gepäckstücke für die Aumühle diskutiert. In etlichen Kommunen war man sich zu diesem Thema schnell einig.
Mehr als 3000 Menschen, darunter auch etliche aus dem Landkreis Bad Kissingen, kamen im Mai 2011 in Würzburg zusammen, um gemeinsam den Weg abzulaufen, den die Juden damals von ihren Sammelorten aus zum Ladehof Aumühle gehen mussten.
Foto: Theresa Müller | Mehr als 3000 Menschen, darunter auch etliche aus dem Landkreis Bad Kissingen, kamen im Mai 2011 in Würzburg zusammen, um gemeinsam den Weg abzulaufen, den die Juden damals von ihren Sammelorten aus zum Ladehof ...
Isolde Krapf
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:23 Uhr

Die Würzburger Initiative zum Gedenken an die 2069 deportierten Juden aus Unterfranken hat in den vergangenen Jahren Kreise gezogen. Es fanden vor Ort etliche Gedenkveranstaltungen statt. So machten sich zum Beispiel im Mai 2011 mehr als 3000 Menschen, darunter auch etliche aus dem Landkreis Bad Kissingen,  auf den "Weg der Erinnerung": Die Juden mussten nämlich damals, streng bewacht von der Gestapo, von den Sammelplätzen aus- das war meist der Platz'sche Garten am heutigen Friedrich-Ebert-Ring– zum Bahnhof Aumühle laufen. Auch in den Ratsgremien der Kommunen im Landkreis Bad Kissingen stößt der geplante DenkOrt Aumühle inzwischen auf allgemeines Interesse.

In Maßbach ist man dem Thema durch die noch bestehende Synagoge eng verbunden, sagt beispielsweise Bürgermeister Matthias Klement. Im Gemeinderat sei man sich daher "schnell einig" gewesen, bei der Drechslerei Müller in Maßbach vier Holzkoffer in Auftrag zu geben. Gerade in der heutigen Zeit, in der wieder, wie damals, judenfeindliche Äußerungen gemacht werden, sei ein Mahnmal, wie der in Würzburg geplante DenkOrt, wichtig für die Nachkommen.

 

Rucksack vor der Synagoge in Oberthulba

Im Gemeinderat Oberthulba kam man schnell überein, dass die Kunstschmiede Georg Mützel aus Eibelstadt zwei Rucksäcke aus Kupferblech anfertigen soll, sagt Bürgermeister Gotthard Schlereth. Eines dieser Gepäckstücke soll dann vor der ehemaligen Synagoge in der Ledergasse platziert werden, wenn die geplante Gartenanlage dort fertig ist. An die Gräueltaten von damals mahnend zu erinnern, hält Schlereth in einer Zeit, in der Individualisierung und Egoismus zunehmen, "für wichtiger denn je". Junge Leute hätten jetzt bald keine Bezugspunkte mehr zu dieser Zeit über ihre eigenen Familien. Deshalb müsse man das Gedenken an damals hochhalten.

Deportation in Würzburg: Die Juden mussten zum Sammelpunkt Platz'scher Garten kommen.
Foto: Staatsarchiv Würzburg | Deportation in Würzburg: Die Juden mussten zum Sammelpunkt Platz'scher Garten kommen.

In Wartmannsroth stehen schon drei Koffer aus Holz bereit, die Hobbyschreiner Kurt Müller gefertigt hat. Zwei davon sollen am DenkOrt in Würzburg die jüdischen Gemeinden Dittlofsroda und Völkersleier repräsentieren, sagt Bürgermeister Jürgen Karle. Der dritte Koffer wird – so beschloss es der Gemeinderat – am Rathaus in Wartmannsroth aufgestellt, wenn der Platz dort fertig saniert ist. Anfangs habe man sich freilich überlegt, ob nun noch ein weiterer Gedenkort für die jüdischen Mitbürger notwendig sei, sagt Karle. Doch dann sei allen relativ schnell klar geworden, dass dieses Thema gerade jetzt, wo der Antisemitismus gelegentlich wieder um sich greife, "besondere Tragweite" habe.

Drei Gepäckstücke aus Hammelburg

Der Hammelburger Stadtrat beschloss in diesen Tagen, drei unterschiedliche Gepäckstücke, jeweils eines in Hammelburg, Westheim und Untererthal, aufzustellen. "Es ist wichtig, dass man die Geschichte vor Ort kennt und die Erfahrung daraus zieht, dass sich so etwas nicht wiederholen darf", sagt Bürgermeister ArminWarmuth zu dieser Entscheidung. Im Stadtrat sei man sich schnell einig gewesen, das Gedenken an diese Zeit gemeinsam nach außen zu tragen. Denn es sei wichtig, diese Zeit nicht zu verschweigen. „Wir sind nicht verantwortlich für diese Taten, aber wir müssen Lehren daraus ziehen."

Im Bad Bockleter Gemeinderat soll das Thema demnächst auf die Tagesordnung kommen, sagt Bürgermeister Andreas Sandwall. Er glaubt, dass die Geschehnisse von damals für die nachfolgenden Generationen bald "nur" noch Fakten aus dem Geschichtsbuch sein werden. Deshalb sei es wichtig, immer wieder öffentlich darüber zu sprechen. "Wenn wir Rühmliches veröffentlichen, können wir doch auch über Unrühmliches sprechen, wenn es so gravierend war wie das, was damals mit den Juden gemacht wurde."

Denkmalschutz für die jüdische Schule?

Auch in Geroda wurde das Thema im Gemeinderat angesprochen. Dort will man allerdings erst abwarten, ob die einstige, denkmalgeschützte jüdische Schule des Orts im jetzigen Gewand erhalten werden muss oder ob man sie für eine moderne Nutzung umbauen darf. Sollte sie als Denkmal erhalten werden, sieht Bürgermeister Alexander Schneider dies als ausreichenden Beitrag zum Gedenken an die damalige Zeit an. Denn die Gemeinde wird dazu ihr Scherflein beitragen müssen.

In den Kommunen Riedenberg, Zeitlofs und in der Stadt Bad Brückenau ist noch keine Entscheidung zur möglichen Beteiligung am DenkOrt Aumühle gefallen. Die Stadt Bad Kissingen erarbeitet gerade eine Konzeption zu diesem Thema, sagt Oberbürgermeister Kay Blankenburg. Seiner Ansicht nach sind solche Projekte wichtig zur "Aufrechterhaltung des kollektiven Gedächtnisses an schreckliche Verbrechen".  Das Gedenken an den Massenmord an den Juden sei ein "immer währender Auftrag an unsere ganze Gesellschaft", um Tendenzen zu begegnen, die diese Geschehnisse leugnen oder relativieren.

Natürlich können auch Kommunen, in denen bis 1932 keine Juden mehr wohnten, ihren Beitrag zum DenkOrt leisten. Die Burkardrother Gemeinderatsmitglieder haben sich das zu Herzen genommen und beschlossen, einen finanziellen Obolus in Höhe von 500 Euro für die Aumühle zu leisten. Man sei im Gremium der Ansicht gewesen, dass der Massenmord an den Juden nicht in Vergessenheit geraten darf jetzt, wo es bald keine Zeitzeugen mehr gibt, und der rechte politische Rand gerade lautstark von sich reden macht, sagt Bürgermeister Waldemar Bug. "Da muss man ganz klar sagen: Wehret den Anfängen."

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Kommentare
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  • eboehrer@gmx.de
    Was ist mit "Judenschule" gemeint? Eine jüdische Schule oder eine Synagoge?

    Der Bürgermeister hält "... dies als ausreichenden Beitrag zum Gedenken an die damalige Zeit an. ..." Hoffentlich machen sie dann auch ein Schild hin und nutzen es sinnvoll.
    Trotzdem, Herr Bürgermeister, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Überlegen Sie mal...!
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