Ein seltenes Zeugnis jüdischen Lebens in Westheim soll erhalten bleiben. Kreisheimatpflegerin Cornelia Mence warb im Stadtrat dafür, eines von dort ursprünglich zwei Mikwaot vor dem endgültigen Verfall zu bewahren. Der Stadtrat plädierte dafür, diese bedeutsame Erinnerung an die jüdische Gemeinde vor Ort zu erhalten. Die Ritualbäder seien auch deshalb eine Besonderheit, weil sie, nahe der Kirche, jüdisch-christliches Zusammenleben vor dem Dritten Reich dokumentiert.
In einem ersten Schritt beschloss der Stadtrat, das Gartengrundstück mit einer der beiden Mikwaot darauf zu erwerben und das Dach zu sichern, um weitere Feuchteschäden zu verhindern. Dann sollen, in Zusammenarbeit mit Cornelia Mence, ein Konzept und ein Zeitplan für das weitere Vorgehen und die künftige Präsentation erarbeitet werden. Zudem muss dann der Kostenrahmen abgesteckt werden, der bis zu mehreren Zehntausend Euro gehen könnte.
Einbindung in einen Wanderweg
Cornelia Mence kann sich die Einbindung in einen kulturhistorischen Wanderweg und Führungen vorstellen. Seit Jahren sammelt sie mit ihrem Mann im Landkreis Zeugnisse der jüdischen Kultur. Gemeinsam haben sie zu den beiden Häuschen in der Paulsstraße, die fast ein bisschen wie Gartenhäuschen wirken, Fakten zusammengetragen. Die ältere Mikwe, aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, ist ein kleiner, verputzter Bruchsteinbau mit kräftigen Blockrahmen aus Sandstein. Das Innere besteht aus einem Flur und drei Räumen mit einigen Ausstattungsresten, sowie einem steinernen Ausguss und farbigen Wandfassungen. Dieses Badehaus diente ursprünglich allen Gemeindemitgliedern.
Um 1900 wurde eine weitere kleinere, wesentlich schlichtere Mikwe, ausschließlich für Frauen, errichtet. Sie ist weiter in Privatbesitz.
Gedenken an die Deportation
Auch das Gedenken an den Holocaust soll stärker im Stadtbild verankert werden. Einig waren sich die Stadtratsmitglieder, das Leid, angesichts steigender Geschichtsvergessenheit unter jungen Menschen, möglichst anschaulich darzustellen. Dazu beteiligt sich die Stadt mit Zustimmung des Stadtrates am DenkOrt Aumühle. Von dem inzwischen aufgelösten Verladebahnhof in Würzburg wurden 1941/42 insgesamt 2069 unterfränkische Juden in die Konzentrationslager deportiert – auch aus Hammelburg und seinen Stadtteilen.
An dem DenkOrt sollen, mit einem historischen Foto als Grundlage, symbolisch Gepäckstücke drapiert werden. Decken, Rucksäcke und Koffer waren alles, was die Nazis den Juden auf dem Weg in die Todeslager ließen. Als Pendant soll in möglichst allen Gemeinden, aus der Juden deportiert worden sind, je so ein Gepäckstück an die Gräuel erinnern. Weil es in Hammelburg, Westheim und Untererthal je eine jüdische Gemeinde gab, will man dort jeweils ein Gepäckstück aufstellen. Auf rund 9000 Euro werden die Kosten geschätzt. Stadtrat und Bauunternehmer Alexander Stolz bot an, das Vorhaben mit der Fertigung symbolischer Koffer im Betonwerk Untererthal zu unterstützen. An der Ausarbeitung des Konzeptes wird sich Cornelia Mence beteiligen. Erst am vergangen Sonntag wurde der Beitrag zu dem DenkOrt in Gerolzhofen eingeweiht.
Zu den Kosten warnte Bürgermeister Armin Warmuth im Zuge der weitgehend einvernehmlichen Aussprache vor einer unwürdigen Debatte in der Öffentlichkeit, wenn anderseits Wünsche nach Investitionen in manches Vereinsheim unerfüllt bleiben müssen. "Wir setzen hier ein Zeichen, das sind wir den Nachkommen schuldig". Das dunkelste Zeugnis deutscher Geschichte dürfe sich nicht wiederholen.