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Bad Kissingen
Von großen Ambitionen zu Verlusten: Was aus dem Glasfaserprojekt der Stadtwerke Bad Kissingen wurde
Die Stadtwerke wollten Glasfaser für die ganze Stadt, scheiterten aber an steigenden Kosten und Desinteresse. Fazit: Ernüchterung und viel Geld, das verpuffte.
Das Betriebsgelände der Stadtwerke Bad Kissingen. 
Foto: Wolfgang Dünnebier (Archiv) | Das Betriebsgelände der Stadtwerke Bad Kissingen. 
Benedikt Borst
 |  aktualisiert: 17.03.2025 02:35 Uhr

Ein flächendeckendes Glasfasernetz für ganz Bad Kissingen: Im Herbst 2022 stellten die Stadtwerke die ambitionierte, aber im weiteren Verlauf gescheiterte Initiative "Kissconnect" vor. Ziel war ein Glasfaserausbau im ganzen Stadtgebiet, auch in abgelegeneren und kleineren Stadtteilen. Eine Grundversorgung für alle Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen mit schnellem Internet, in der Hand der städtischen Tochter.   

Nachgefragt: Was hat "Kissconnect" gekostet?

Um das Projekt anzuschieben und zu realisieren, haben die Stadtwerke einigen Aufwand betrieben. Es gab große Vermarktungskampagnen, am Salinenparkplatz stand über Monate ein Beratungsbüro und das Unternehmen hielt Infoveranstaltungen ab: Alles, um möglichst viele Bad Kissinger von dem Projekt zu überzeugen. Was haben diese Bemühungen den Versorger gekostet? Die Redaktion hat nachgefragt.

Im Juni 2023 wurde das Projekt nach Auskunft von Geschäftsführerin Anja Binder offiziell beendet. Im Februar 2024 haben die Stadtwerke die interessierten Kunden per Anschreiben über das endgültige Aus des Glasfaserprojekts informiert. Rund 1350 Kundinnen und Kunden hatten einen Vorvertrag abgeschlossen.

Eine Million Euro für Planung und Vermarktung des Glasfaserausbaus

"Insgesamt entstanden Aufwendungen für die Anschubfinanzierung des gesamten neuen Geschäftsfelds in Höhe von rund einer Million Euro", berichtet Binder. Das Geld wurde verwendet für die technische und betriebswirtschaftliche Planung, für das Marketing und dafür die Umsetzung zu planen. Wäre der Ausbau realisiert worden, hätten die Stadtwerke eine Summe in Höhe von 35 Millionen Euro investiert.  

Zur grundsätzlichen Lage bei den Stadtwerken: Dass der Versorger durch Coronapandemie und Energiekrise wirtschaftlich schwere Zeiten erlebte, hatte sich länger abgezeichnet und entsprach der Lage, in der sich deutschlandweit viele kommunale Versorger befanden.

Krisenjahre bei den Stadtwerken Bad Kissingen

Im Dezember 2024 informierte Oberbürgermeister Dirk Vogel (SPD) darüber, dass die Stadtwerke auch aufgrund von Fehlern in der Geschäftsführung 2021 ein Defizit von 2,6 Millionen Euro und 2022 ein Defizit in Höhe von 22,9 Millionen Euro geschrieben hatten. Der langjährige Geschäftsführer Manfred Zimmer war bereits zuvor abgesetzt worden. Seit Oktober 2023 führen Anja Binder und Ralf Merkl das Unternehmen. Gegen Zimmer steht in der Frage um ein mögliches Fehlverhalten in der Geschäftsführung ein Zivilprozess im Frühjahr an.

Der Start der Glasfaserinitiative fällt zeitlich zwar in das Krisenjahr 2022 hinein, steht aber aufgrund der langjährigen Vorlauf- und Planungszeiten nicht in Zusammenhang mit der finanziellen Misere. Der Projektbeginn war lange vorher, das Scheitern ist unternehmerisches Risiko.    

OB Dirk Vogel: "Glasfaser-Stagnation"

"Wir wollten ganz Bad Kissingen mit Glasfaser versorgen. Das ist nicht gelungen, weil nicht genügend Menschen mitgemacht haben und gleichzeitig die Bau- und Finanzierungskosten gestiegen sind", sagt Oberbürgermeister Dirk Vogel (SPD).

Bei dem geringen Interesse spiele mit hinein, dass die Stadt an sich gut mit schnellem Internet aus Kupferleitungen versorgt ist. Das Desinteresse lasse sich als "Glasfaser-Stagnation" bezeichnen. Der OB betont: "Insofern war es richtig, dass wir uns damals die Signale nicht schöngeredet und stattdessen für ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende entschieden haben."

 
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Kommentare
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  • Roland Albert
    Dieser Artikel ist in einigen Teilen fachlich falsch.
    Die Stadtwerke haben seinerzeit unter der Ägide Zimmer (der mit Verlaub ein „Technikdepp“ war/ist, einen ihrer fähigsten Köpfe derart vergrault, dass er zu einem Mitbewerber gewechselt ist.
    Dieser hatte die Projektierung und dann kamen derart Unfähige an der technischen Hotline, dass selbst die wechselwilligen lieber das beständige Kupfer belassen haben, als Vorverträge zu unterschreiben.
    Als IT Dienstleister hatte ich seinerzeit glühende Ohren, da mich sehr viele Leute in Bezug auf ihre Infrastruktur befragt haben.
    Die Stadtwerke haben Dinge versprochen, welche selbst mit einfachster gockelrecherche als falsch lokalisiert werden konnten.
    Die Kardinalfehler und die Situation mit Zimmer haben auch viele Bestandskunden Strom und Gas wechseln lassen.
    Das Vertrauen war einfach verbraucht.
    Ein verlässlicher Partner war/sind die Stadtwerke kG nicht mehr.
    Im Gegensatz zu den Alten, die nie nachgefragt hatten, stellt der mündige Bürger Fra
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  • Gerlinde Conrad
    Und wer saß da im Aufsichts- oder Stadtrat?? K.-H. Conrad
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  • Roland Albert
    Der Stadtrat in KG hat sich in Sachen Stadtwerke nie eingemischt und dem damaligen GEFü ALLES überlassen und nicht kontrolliert, ausser die „vorgelegten“ Geschäftsabschlüsse abzunicken. Es hätte sicher mehr Kontrolle stattfinden müssen, das haben sich alle damaligen und noch heute drinsitzenden Protagonisten zuzuschreiben.
    Warum die damalige geschäftsführende Person der Stadt (der sich ja dann auch zur Bürgermeisterwahl gestellt hatte und Gottseidank oder in weiser Voraussicht nicht gewählt wurde) seinen Job nicht korrekt ausgeführt hat, prüft in D halt niemand. Diese Posten in Kommunen sind hochdotiert und mit keinerlei Konsequenzen behaftet, wenn man Schei…baut.
    Das ist leider so, dass eine Krähe der anderen kein Auge aushackt, um das Tierreich zu zitieren.
    Das Beamtentum sollte grundlegend restauriert werden, nur wer soll seinen eigenen Untergang beschliessen?
    Finde den Fehler.
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