Zwölf Punkte für TRONG! Als Marijke Amado die Entscheidung der Niederlande verkündete, war er nicht mehr zu halten: Trong Hieu Ngyuen jubelte in der TV-Show "Unser Song für Liverpool" ausgelassen über diesen Erfolg. "Das war mein ESC-Moment", erzählt er einen Tag später.
"Zwölf Punkte von Marijke Amado. Sie ist die Legende der Mini Playback Show", so der 30-Jährige. "Und dann noch zehn Punkte von der Musiknation England zu bekommen, das ist ein riesiges Kompliment."
Hamburger Rock-Band "Lord of the Lost" fährt zum Eurovision Song Contest
Gereicht für den großen Traum vom Eurovision Song Contest hat es für den Bad Kissinger trotzdem nicht. Nach einer bunten Show stand um 0.30 Uhr schließlich fest, wer Deutschland am 13. Mai in Liverpool beim ESC in Liverpool vertritt: die Hamburger Rock-Band "Lord of the Lost" mit ihrem Lied "Blood & Glitter".
Traurig sei er "überraschenderweise" nicht, erklärte der Unterfranke noch in der Nacht gegenüber der Redaktion. "Aber das kommt bestimmt noch, wenn man überlegt, wie viel Energie und Arbeit man reingesteckt hat." Doch nach der Show war er vor allem eines: sehr glücklich. "Ich habe meinen Traumauftritt gehabt."
Aber von Anfang an.
Der 30-Jährige aus Bad Kissingen ist seit er 2015 "Vietnam Idol" gewonnen hat, im Heimatland seiner Eltern ein Star. Sein Foto prangt von großen Werbeplakaten im Land, Securitys müssen ihn auch schon mal durch kreischende Fanmassen eskortieren und im vietnamesischen TV tritt er als prominentes Jury-Mitglied auf. Nun will er auch in Deutschland auf die ganz großen Bühnen – und trat am Freitagabend als TRONG beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an.
Auf diesen Moment hat der Sänger und Tänzer lange gewartet: "Das ist einer meiner großen Träume." Sechsmal hatte er sich bereits für die ESC-Teilnahme beworben, bis es geklappt hat. Und er sorgte für eine Premiere in der deutschen ESC-Geschichte. Der Bad Kissinger, der als als Sohn vietnamesischer Einwanderer in der Kurstadt geboren wurde und aufwuchs, war der erste Deutsche mit asiatischen Wurzeln, der am Wettbewerb teilnahm. Dafür fand er deutschlandweit große Beachtung.
Moderatorin Barbara Schöneberger eröffnete die ESC-Sendung "Unser Lied für Liverpool"
In einem Kostüm, das an eine Mischung aus Kapellmeisterin und Zirkusdirektorin erinnerte, hatte Barbara Schöneberger die Live-Sendung "Unser Lied für Liverpool" in der ARD um 22.20 Uhr eröffnet. Unter dem Motto "Lasset die Spiele beginnen" durften in den ersten Minuten alle Kandidatinnen und Kandidaten schon einmal Bühnenluft schnuppern und sich präsentieren.
Neben den Musikacts begrüßte Barbara Schöneberger zudem ihre prominenten Gäste Florian Silbereisen, Ilse DeLange und Riccardo Simonetti. Dann ging es ganz schnell – und der Bad Kissinger durfte als erster Act ins Rampenlicht. In einem eingeblendeten Video-Interview wurde er vorgestellt.
"Neben dem Singen ist das Tanzen meine Leidenschaft", so Trong Hieu Nguyen. Er zeigte Bilder seiner Familie und seines Zuhauses im Bad Kissinger Stadtteil Garitz, wobei ihm die Tränen kamen, als er von seinem größten Fan, seinem 2021 verstorbenen Vater, sprach.
TRONG überzeugte in der Sendung mit einer Bühnenshow
Passend zur Eröffnung des Wettbewerbs startete TRONG die Sendung mit einer bunten Bühnenshow. Zusammen mit vier Tänzern und viel Glitzer performte er auf der Bühne. Sein Auftritt, der deutsche und vietnamesische Elemente vereinte, begeisterte das Publikum und die Promi-Gäste.
Nach der ersten Strophe seines Songs "Dare to be different" riss sich TRONG die Jacke vom Körper und zeigte sein darunterliegendes silberfarbenes Crop Top – ein Kleidungsstück, das er im vietnamesischen Fernsehen nicht tragen darf. Er spielt immer wieder mit der Symbolik beider Geschlechter und setzt sich für Toleranz ein.
"Ich möchte die Freiheit aus Deutschland mit den Traditionen aus Vietnam kombinieren", sagte er vor der Sendung. Für seinen Live-Auftritt hatte er extra seinen englischen Song abgeändert und je eine Zeile auf Vietnamesisch sowie auf Deutsch eingefügt.
Auf Deutsch sang er die Botschaft "Danke Deutschland, dass ich bei dir meinen Traum leben kann!" – Ein berührender Satz, wenn man bedenkt, dass er die ersten sieben Jahre seines Lebens im Asylbewerberheim aufgewachsen ist und im Alter von zehn Jahren auch von der Abschiebung bedroht war.
Standing Ovations für TRONG von Publikum und Promi-Jury
"Als ich performt habe und meine letzte Pose gemacht, sind die Promis und die Zuschauer im Studio aufgestanden und es gab Standing Ovations", erzählt Trong Hieu Nguyen am Samstag und wird emotional: "Der Applaus war so herzlich. Das fand ich so schön!" All die harte Arbeit habe sich in dem Moment für ihn gelohnt.
Riccardo Simonetti hatte nur Lob für den 30-jährigen Unterfranken: "Ich finde das so krass. Egal, wie dieser Abend ausgeht. Das ist auf jeden Fall ein Popstar!" Ihn habe der Auftritt umgehauen, so der Influencer und Moderator.
Nachdem alle acht Acts aufgetreten waren – die Band Frida Gold musste ihre Teilnahme wegen Krankheit absagen – wurde es beim Voting spannend. Zuerst vergaben die internationalen Fach-Jurys aus acht Ländern die Punktzahlen.
Auch wenn die Niederlande schließlich das einzige Land blieben, das die Höchstpunktzahl zwölf an den Unterfranken vergab, konnte er ein beachtenswertes Ergebnis erzielen. Nach der Punktevergabe der Jurys lag er mit 52 Punkten auf dem vierten von acht Plätzen.
Ikke Hüftgold und "Lord of the Lost" Sieger beim ESC-Publikumsvoting
Die anderen 50 Prozent der Entscheidung setzten sich aus dem Publikumsvoting zusammen – das das Ergebnis noch einmal drehte: 101 Punkte für Ballermann-Ikone Ikke Hüftgold beförderten ihn vom letzten Platz weit nach vorne. Die Band "Lord of the Lost" bekam vom Publikum 146 Punkte – und war so mit insgesamt 189 Punkten mit Abstand klarer Gewinner der Show.
Das Publikumsvoting lief enttäuschend für TRONG, der hier nur 19 Punkte bekam. Trotzdem reichte es mit insgesamt 71 Punkten für einen guten dritten Platz, wobei Ikke Hüftgold und Will Church sich den zweiten Platz mit jeweils 111 Punkten teilen mussten.
Nur einen Tag nach der Show hat der Musiker schon weitere Pläne, verrät er: "Es kommt auf jeden Fall mehr Musik für Deutschland und Europa. Es ist einfach ein sehr schönes Gefühl in der Heimat Musik machen zu dürfen. Ich habe Blut geleckt!"
Und der Traum von der großen Bühne beim Eurovision Song Contest ist für den Bad Kissinger noch lange nicht ausgeträumt: "Ich habe noch den Traum vom ESC und werde dafür arbeiten. Irgendwann wird es funktionieren!"