Die Präsidentin des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), Martina Rosenberg, hat vor einer zunehmenden Aktivität gegnerischer Nachrichtendienste in Deutschland gewarnt. Die Bedrohungsszenarien für die Bundeswehr seien dabei vielfältig, sagte die Chefin des Militärgeheimdienstes. "Staatlich gelenkte Nachrichtendienste nutzen alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel, um Informationen zu erlangen, Einfluss auszuüben und die Interessen ihres Landes zu verfolgen", sagte Rosenberg.
Vorfälle in Wildflecken weiter ungeklärt
Der MAD registriere "zahlreiche Auffälligkeiten und Ausspähversuche". Mit dem russischen Angriff auf die Ukraine und der veränderten Sicherheitslage in Europa gewinne die Abwehr von Spionage wieder an Bedeutung.
In Deutschland wurden zuletzt wiederholt Drohnenflüge über Militärgelände der Bundeswehr bemerkt, ohne dass die Hintergründe geklärt sind. In mehreren Nächten sind Anfang Oktober über dem Truppenübungsplatz im unterfränkischen Wildflecken (Lkr. Bad Kissingen) Drohnen gemeldet worden. Um die Flugobjekte abzuwehren, habe die Bundeswehr "anlässlich der Sichtungen spezielle Maßnahmen ergriffen", so ein Sprecher. Die Bundeswehr bilde auf dem Truppenübungsplatz in Wildflecken ukrainische Soldaten aus. Zu Details wollte er aus Sicherheitsgründen keine Angaben machen.
Die Generalstaatsanwaltschaft München, Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus, ermittelt aufgrund der Drohnensichtungen eigenen Angaben zufolge gegen Unbekannt wegen des "Verdachts des sicherheitsgefährdenden Abbildens". Wer von einer militärischen Einrichtung oder einem militärischen Vorgang eine Abbildung anfertigt und dadurch die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder die Schlagkraft der Truppe gefährdet, kann laut Strafgesetzbuch mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft werden.
Ende August sollen russische Geheimdienste nach früheren Berichten versucht haben, die Ausbildung ukrainischer Soldaten an westlichen Waffensystemen in Deutschland auszuspähen. Der MAD bemerkte im Umfeld der Militärstandorte Idar-Oberstein in Rheinland-Pfalz und Grafenwöhr in Bayern verdächtige Fahrzeuge.
Spionage-Aktivitäten schon vor dem Angriff auf die Ukraine auf einem "hohen Niveau"
Expertinnen und Experten sprechen davon, dass Spionageaktivitäten stark zugenommen hätten und häufiger seien als im Kalten Krieg, auch weil es über das Internet und soziale Medien neue Angriffspunkte gebe. Nach Einschätzung Rosenbergs waren die Aktivitäten fremder Nachrichtendienste gegen die Bundeswehr bereits vor dem 24. Februar 2022 – also vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine – auf einem "hohen Niveau".
Der MAD ist die kleinste Organisation der drei Geheimdienste in Deutschland. Er arbeitet mit dem Bundesnachrichtendienst (BND) als Auslandsdienst und dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) als Inlandsdienst zusammen. Dabei ist der MAD als "abwehrender" Dienst angelegt, der Informationen sammelt und Spionage verhindern soll.
Mit Informationen von dpa