Das Ayurveda-Zentrum gibt es jetzt seit 1. Mai 2014. Dass fast auf den Tag genau zum 5. Geburtstag der indische Generalkonsul Sugandh Rajaram (München) in Bad Bocklet seine Aufwartung machte, war einem glücklichen Zufall zu verdanken. Als die Bad Bockleter im Januar auf der Gesundheitsmesse Yoga World in München vertreten waren, machte der indische Staatsbeamte bei seinem Rundgang auch an ihrem Stand Station, erzählt Projektmanagerin Ebba-Karina Sander(Hausen), die das Zentrum in Kunzmanns Hotel einst mit viel Engagement ins Leben rief.
"Wir unterhielten uns, und dem Generalkonsul gefiel offensichtlich unser therapeutischer Ansatz des authentischen Ayurveda mit qualifizierten indischen Ärzten und Mitarbeitern." Der Arzt Jobin Joy Madukkakuzhy habe ihm spontan seine Bad Bockleter Visitenkarte gegeben und ihn eingeladen, doch mal ins Fränkische zu reisen, erzählt Sander. Natürlich habe niemand wirklich zu hoffen gewagt, dass der indische Staatsvertreter tatsächlich in das kleine fränkische Staatsbad reise.
Doch vor etlichen Wochen klingelte dann das Telefon und Rajarams Sekretär kündigte den Besuch des Konsuls schon für die kommenden Tage an. Er sei am Morgen zu Besuch in Passau und wolle mittags in Bad Bocklet vorbeischauen, hieß es. "Das ist natürlich schon eine Entfernung. Wir hatten unsere Zweifel, ob das zu schaffen sei und mailten mit dem Sekretär mehrfach hin und her", schildert Sander die Aufregung um den angekündigten Besucher. Schließlich habe der Sekretär dann wegen der weiten Entfernung doch wieder abgesagt. "Wir dachten, da hören wir jetzt nie mehr was", sagt die Geschäftsführerin schmunzelnd.
Unlängst meldete sich das Sekretariat des Botschafters dann aber erneut und kündigte den Besuch des indischen Gastes für den 10. Mai an, sagt Sander. Diesmal sei Rajaram in Würzburg und könne doch dann auch Bad Bocklet besuchen, hieß es. Die Leiterin des Ayurveda-Zentrums freut sich, dass die Bemühungen ihres qualifizierten Teams nun auch von einem Staatsvertreter Indiens wahrgenommen wurden.
Die Wissenschaft vom Leben
"Ayurveda ist die Wissenschaft vom Leben", sagte der Generalkonsulbei der Feier am 10. Mai. Dabei werden nicht nur die Seele, sondern auch Körper und Geist intensiv behandelt, so dass der Mensch letztendlich in völliger Harmonie mit sich, mit den Menschen und der Natur leben könne. Nicht nur er dankte Sander für ihre Bemühungen um den Ayurveda-Standort in Bad Bocklet. Hotelchef Gregor Kunzmann bescheinigte der Projektmanagerin "Herzblut und Leidenschaft". Bürgermeister Andreas Sandwall nannte sie eine "Powerfrau", die das Ayurveda-Zentrum zu einem Aushängeschild für den Kurort gemacht habe.
In den vergangenen fünf Jahren haben sich die Gästezahlen in Sachen Ayurveda laut Sander steil nach oben entwickelt. Bereits im ersten Jahr verbuchte man dort 2000 Übernachtungen von Menschen, die sich der Ayurveda-Therapie verschrieben haben. 2016 waren es bereits rund 700 mehr Übernachtungen. 2018 sei diese Zahl dann auf etwa 4000 Übernachtungen hochgeschnellt. "Das Zentrum hat insgesamt in den vergangenen fünf Jahren bis einschließlich April 2019 mehr als 15 000 Übernachtungen generiert", sagte Sander im Gespräch mit dieser Redaktion. Dazu rechnen müsse man noch jährlich rund 500 Gäste, die das Ayurveda-Angebot ambulant nutzten und sich beispielsweise in Ferienwohnungen einmieteten.
Anliegen an die Politik
Anfangs engagierte sich Sanders Team auch bei der Caritas in Bad Bocklet. Seit Herbst 2018 werde bei der Caritas nun ein eigenes Ayurveda-Konzept angeboten, sagt Sander. Auch im Bad Bockleter Reha-Zentrum sei das Team anfangs ein Jahr lang tätig gewesen. Inzwischen seien die Behandlungen dort jedoch eingestellt worden.
Zu der Feier am Freitag war auch Dr. Jobin aus Indien per Skype zugeschaltet. "Wir wollten Ayurveda nach Deutschland bringen. Ein Traum ist nun schließlich wahr geworden", sagte er in seiner Ansprache. Er ließ jedoch keinen Zweifel daran, dass der Weg zu diesem Erfolg sehr lang war und etliche Hindernisse zu bewältigen waren.
Den Besuch des indischen Generalkonsuls in Bad Bocklet nutzte Sander auch gleich, um zwei Anliegen zu formulieren. Es sei zunehmend schwieriger, qualifizierte indische Mitarbeiter über die deutschen Auslandsvertetungen herzuholen, sagte sie in ihrer Ansprache. Sie bat den Botschafter, sich diesbezüglich bei seinen deutschen Kollegen in Indien zu verwenden, um Termine für Visa-Anträge der indischen Mitarbeiter zu erhalten.
Anerkennung als Heilberuf wichtig
Das zweite Anliegen treibt Sander auch schon länger um. Ihrer Ansicht nach sollte der besonders qualifizierte indische Ayurveda-Arzt als Heilberuf in Deutschland anerkannt werden. Dies würde bedeuten, dass Ayurveda offiziell auch in die Rehabilitation und in die verschiedenen Präventionsprogramme eingebunden wäre, so Sander weiter. Dazu brauche man die Unterstützung der gesetzlichen Krankenkassen.
Die Akut-Medizin sei in Deutschland hervorragend entwickelt und organisiert. "Was uns allerdings fehlt, sind wirksame Konzepte bei vielen chronischen Beschwerden, wie zum Beispiel bei degenerativen und neurologischen Erkrankungen oder bei Diabetes Typ 2." Gerade innerhalb dieses Spektrums biete die ayurvedische Medizin, laut Sander, mit ihrem "multimodalen Konzept" von Ernährung, Bewegung und Behandlung einen sehr individuellen Ansatz.