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Münnerstadt
Ein kleines medizinisches Wunder: Wie der 91-jährige Alois Omert in Münnerstadt weitere Lebenszeit geschenkt bekam
Die Diagnose Lungenkrebs muss auch im hohen Alter kein Todesurteil sein, wie die Geschichte von Alois Omert zeigt. Was den Ausschlag für einen riskanten Eingriff gab.
Alios Omert aus Oberelsbach wurde am Thoraxzentrum in Münnerstadt ein Lungentumor entfernt.
Foto: Simon Snaschel | Alios Omert aus Oberelsbach wurde am Thoraxzentrum in Münnerstadt ein Lungentumor entfernt.
Simon Snaschel
 |  aktualisiert: 12.07.2024 02:43 Uhr

Rüstig: So würde man Alois Omert gemeinhin wohl bezeichnen. Seine 91 Jahre merkt man dem Mann aus Oberelsbach (Landkreis Rhön-Grabfeld) nicht zwingend an. Seine Bewegungen sind flüssig, die Stimme kraftvoll und klar. Ein Mann, der sich - salopp gesagt - gut hält.

Und der doch viel durchgestanden hat. Am Thoraxzentrum in Münnerstadt (Landkreis Bad Kissingen) wurde Omert erst Ende Mai 2024 mit einem riskanten Eingriff ein Lungentumor entfernt.

Seine Krankenakte, erzählt der 91-Jährige, war schon vor dem Lungenkrebs nicht klein. Eine Darmkrebs-Erkrankung hat er schon überstanden, wie auch einen Herzinfarkt. Vor Jahren schon wurde Omert ein Stent in den Herzkranzgefäßen implantiert.

Positive Einstellung gibt Ausschlag für die Entscheidung für eine Operation

Eine Vorgeschichte, die die Entscheidung für eine Operation an der Münnerstädter Lungenfachklinik umso riskanter und deren Erfolg umso außergewöhnlicher macht. "Eine Lobektomie (Entfernung eines Lungenlappens, Anm. d. Red) in diesem Alter und mit diesen Begleiterkrankungen hatten wir hier noch nicht", erklärt Rainer Haußmann, Chefarzt Anästhesie im Thoraxzentrum. Er sei schon eine Weile im Geschäft, habe einen derartigen Eingriff aber noch nie erlebt.

"Wir hatten einen großen, einschmelzenden Tumor, bei dem das Gewebe schon zerfällt", so Haußmann. Mit Bestrahlung komme man da nicht wirklich weiter, da das Gewebe so noch mehr zerfalle. "Je früher das Stadium, desto besser für uns", hält er viel vom Lungenkrebs-Screening. Letztlich habe man sich bei Alois Omert trotz der Risiken dafür entschlossen, den Tumor chirurgisch zu entfernen. Den Ausschlag dafür habe die Einstellung des Patienten gegeben.

Das Thoraxzentrum in Münnerstadt.
Foto: Anand Anders | Das Thoraxzentrum in Münnerstadt.

Was Haußmann damit meint, merkt man im Gespräch mit Alois Omert schnell. "Ich bin 91 Jahre alt. Wenn ich nach einer Operation nicht mehr aufwache, dann ist das so und ich habe einen guten Abgang. Aber wenn es klappt, habe ich die Chance, mein selbstbestimmtes Leben weiterzuführen", erklärt Omert die Abwägung im Gespräch mit dieser Redaktion, seinem Sohn Wolfgang sowie den Chefärzten Haußmann und Grigori Petelnikow in der Klinik. "Er hat sehr vital gewirkt, war von Anfang an für die OP und davon überzeugt, dass er sie gut übersteht", sagt Rainer Haußmann.

Alois Omert nimmt die Umstände des Lebens an, wie sie kommen

Dass der Lungentumor überhaupt entdeckt wurde, sei mehr oder weniger ein glücklicher Zufall gewesen, erzählt der 91-Jährige. Mit starken Nackenschmerzen sei er in die Notaufnahme am Rhön-Klinikum in Bad Neustadt gekommen. "Er wurde dann geröntgt, weil er eben schon einmal einen Darmtumor hatte", berichtet Sohn Wolfgang. "Dabei ist aufgefallen, dass an der Lunge etwas nicht stimmt." Die Diagnose Lungenkrebs habe Alois Omert später "ganz normal" aufgenommen, wie er es selbst formuliert. "Ich war von vornherein sehr positiv, da gab es keine Probleme", erzählt er.

Alois Omert hat in seinem Leben viel gemeistert. Als Verputzer auf dem Bau, wo er zwölf Stunden am Tag hart arbeitete. Oder, als er seine inzwischen verstorbene Frau nach einem Schlaganfall zwölf Jahre lang zu Hause gepflegt hat. Er nimmt die Dinge, wie sie kommen. Ohne zu hadern. Ob er für seine Gesundheit, seine körperliche und geistige Fitness viel tut? "Eigentlich nicht", sagt er. "Ganz normal" eben, Spaziergänge im Wald vor allem.

Verbliebene Lebenserwartung wäre ohne den Eingriff sehr limitiert gewesen

Gerade im gehobenen Alter gebe es häufig Patientinnen und Patienten, die nicht mehr so positiv eingestellt sind, so Rainer Haußmann. "Wir brauchen für eine Operation einen gewissen Lebenswillen. Der Wille, wieder gesund zu werden, ist mitentscheidend. Wir operieren das Organ, aber der Patient ist der, der in der Hand hat, wie die Genesung danach verläuft."

Alois Omert hat das Krankenhaus schon eine Woche nach dem Eingriff wieder verlassen. Von der Operation merke er nichts mehr, erzählt er wiederum gut 14 Tage später. Er sei sehr dankbar, Hilfe gefunden zu haben. Und mache sich keine Gedanken darüber, dass seine Geschichte auch anders hätte ausgehen können. Seine übrige Lebenserwartung, sagt Rainer Haußmann, wäre "absolut limitiert" gewesen, hätte man den Tumor nicht vollständig entfernen können.

Zur Wahrheit gehört auch, dass man eine Rückkehr des Krebses nicht vollständig ausschließen könne. Aber: "Der Tumor wurde komplett im Gesunden entfernt", so Haußmann. Rund drei Stunden habe der Eingriff gedauert.

Wiedersehen in der Lungenfachklinik (von links): Dimitri Petelnikow (Chefarzt Thoraxchirurgie), Wolfgang und Alois Omert sowie Rainer Haußmann (Chefarzt Anästhesie).
Foto: Simon Snaschel | Wiedersehen in der Lungenfachklinik (von links): Dimitri Petelnikow (Chefarzt Thoraxchirurgie), Wolfgang und Alois Omert sowie Rainer Haußmann (Chefarzt Anästhesie).

Ob man in zwei oder drei Jahren noch einmal operieren würde? "Eher nicht", sagt der Chefarzt. "Es ist immer eine Individualentscheidung. Man muss streng abwägen. Wenn ältere Patienten im Nachgang einer OP einen wochenlangen Verlauf haben oder der Gesundheitszustand vielleicht gar nicht komplett wiederhergestellt werden kann, haben sie letztlich mehr verloren als gewonnen."

Im Fall Alois Omert könne auch er nur hoffen: "Mit etwas Glück kommt nichts zurück." Sicher wirkt nur, dass der 91-Jährige auch das wieder annehmen und das Beste daraus machen würde. Nicht nur als rüstig könnte man ihn bezeichnen. Wohl auch als unverwüstlich.

 
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