Erst der "Ritterschlag" vor gut drei Jahren, dann die Feinarbeit – und jetzt geht es richtig los mit dem Nationalen Tumorzentrum (NCT) an der Würzburger Uniklinik. Erste klinische Studien laufen an, neue Therapieverfahren kommen zur Anwendung.
Patientenstudien für Immuntherapien und seltene Tumore
Patienten und Patientinnen aus ganz Deutschland werden hier behandelt. Für viele könnte das Tumorzentrum zur letzten Hoffnung werden, wenn es um seltene oder "ausbehandelte" Tumore geht.
Hochspezialisiert sind die Würzburger Uni-Mediziner auf innovative Behandlungen, vor allem Immuntherapien bei endokrinen Tumoren, Brustkrebs, Lungenkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs, Kopf-Hals-Tumoren, dem Prostata-Karzinom, Nierenzellkarzinom oder Multiplen Myelom.
Im Verbund "WERA" mit den Uniklinika Erlangen, Regensburg und Augsburg ist Würzburg einer von nur sechs deutschen Standorten des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) – und der einzige in Bayern.
Das "WERA"-Herz schlägt in Würzburg, Sprecher ist der bekannte Hämatologe Prof. Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II am Uniklinikum. Der Krebsforscher setzt auf eine starke Beteiligung der Patientinnen und Patienten. Man wolle sie mit ihren Wünschen und Vorstellungen aktiv in die Studien und Forschung einbeziehen.
Einsele hatte die Bewerbung als NCT-Standort federführend vorbereitet und organisiert – jetzt beschäftigt ihn die konkrete Umsetzung, "wir sind in der Spur." Einsele weiß um die Bedeutung des Zuschlags für Würzburg: "Damit spielen wir in der Champions League. Würzburg wird für die Krebsforschung und -behandlung ein Magnet werden."
Und das spürt er schon jetzt, sieht es an der Zahl steigender Bewerbungen von Ärztinnen und Ärzten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Über 100 Stellen sollen in den kommenden Jahren am Tumorzentrum entstehen, es wird schrittweise aufgebaut.
Dafür braucht es Platz. In Würzburg hat die Universität für das NCT ab April Räume im Europa-Haus an der Schweinfurter Straße angemietet – als Interimslösung für die nächsten Jahre, bis das eigene NCT-Gebäude auf dem Klinik-Campus steht. Zu einem Neubau hat sich der Freistaat ebenso wie die anderen vier NCT-Sitz-Länder an ihren Standorten verpflichtet.
Neubau für das Tumorzentrum bis 2030 auf dem Uniklinik-Campus
90 Millionen Euro hatte das bayerische Wirtschaftsministerium als Bauherr dafür bereits zugesagt. Nach Auskunft eines Ministeriumssprechers soll der Bau "voraussichtlich bis zum Jahr 2030 errichtet und so konzipiert werden, dass Forschung und Patientenversorgung unter einem Dach stattfinden können." Dazu liefen derzeit Abstimmungsgespräche auf verschiedenen Ebenen.
Erst im November haben die fünf NCT-Bundesländer und das Bundesforschungsministerium eine Bund-Länder-Vereinbarung unterzeichnet. Neue Standorte (nach Heidelberg und Dresden) sind Berlin, "SüdWest" (Tübingen/Stuttgart-Ulm), "West" (Essen/Köln) und eben WERA mit seiner Würzburger Zentrale.
Nach dem Vollausbau wird das Nationale Tumorzentrum mit knapp 100 Millionen Euro im Jahr gefördert. 90 Prozent kommen vom Bund, zehn Prozent von den Ländern. Der WERA-Verbund soll 14,5 Millionen Euro jährlich erhalten, 70 Prozent davon gehen laut Einsele nach Würzburg.
Als Schwerpunkte in Würzburg nennt Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) innovative Immuntherapien und die Entwicklung neuer molekularer Therapeutika. "Sie versprechen schon bald eine Verbesserung der Behandlung", sagte sie auf Anfrage. Krebspatienten könnten durch Studien eine personalisierte Behandlung auf dem neuesten Stand der Wissenschaft erhalten und schneller von der Forschung profitieren.
Die Bundesministerin verweist darauf, dass der von Würzburg aus gesteuerte NCT-Verbund WERA ein Versorgungsgebiet von rund acht Millionen Menschen abdeckt, gerade auch im ländlichen Raum. "So haben mehr schwer erkrankte Patientinnen und Patienten unabhängig von ihrem Wohnort die Chance auf Heilung."