Die ungewisse Zukunft des Krankenhauses sorgt für Diskussionen in der Stadt. Kritik kommt auch von Fachleuten: Die Aktionsgruppe "Schluss mit Kliniksterben in Bayern" ist besorgt über die Pläne von Helios, seine Hammelburger "OrthoClinic" zu schließen und mit der benachbarten Helios-Klinik in Bad Kissingen zusammenzuführen, heißt es in einer Pressemitteilung.
Klaus Emmerich, Klinikvorstand im Ruhestand: "Die Helios-Klinik in Hammelburg ist nicht nur eine orthopädische Fachklinik. Sie nimmt als Allgemeinkrankenhaus mit weiteren Fachtagungen auch an der regionalen klinischen Grundversorgung teil." Im Fall einer Schließung würden sich die Fahrzeiten der Patienten zum nächsten Krankenhaus signifikant verlängern, heißt es weiter. Mehr als 8400 Einwohnerinnen und Einwohner würden dann ein Allgemeinkrankenhaus einschließlich Notfallbehandlung nicht mehr binnen 30 Fahrzeitminuten erreichen. Dies könne bei schweren Erkrankungen oder Verletzungen lebensentscheidend sein, warnt die Aktionsgruppe.
Fragende Blicke vieler Hammelburger zu den Helios-Plänen wenden sich Richtung Kreisverwaltung. Schließlich hatte der Landkreis um das Jahr 2003 sein defizitäres und bisweilen unter Imageproblemen leidendes Krankenhaus an die Rhön-Klinikum AG verkauft. Bei diesem Schritt ruhte die Hoffnung der politischen Entscheidungsträger auf der Gewinnung von privatem Kapital und auf der Erweiterung der Kompetenz. Chancen witterte man in der der gerade aufkommenden Teleportal-Medizin samt besserer Vernetzung mit dem in Bad Neustadt ansässigen Konzern.
Rückzug bei der Grundversorgung
Mit dem Neubau entstehenden Neubau der privaten Initiatoren war deren Zusage verbunden, eine standortnahe und qualitativ hochwertige Versorgung zu gewährleisten. 2008 wurde die Einweihung auch mit einem Tag der offenen Tür gefeiert. Zu dem 14 Millionen-Euro-Projekt hatte die öffentliche Hand 40 Prozent beigesteuert.
Von den Bekenntnissen zu der Klinik vor Ort in Hammelburg ist wenig geblieben. 2014 ging das Krankenhaus an den Helios-Konzern über. Nach der Streichung verschiedener Leistungen der Grundversorgung könnte jetzt der finale Schnitt folgen. Bereits 2014 war die Notfallambulanz geschlossen worden.
Jetzt geht der Rückzug auf Raten offenbar weiter. Helios bestätigte auf Nachfrage dieser Redaktion um Ostern 2024, dass beabsichtigt ist, den Krankenhausbetrieb im Landkreis auf ihr Krankenhaus in Bad Kissingen zu konzentrieren. Entschieden ist demnach nichts, aber man sei auf der Suche nach einer Nachnutzung für das Hammelburger Haus.
Was sagt die Kreisverwaltung zu früheren Versprechungen?
Wie groß ist die Enttäuschung bei der Kreisverwaltung darüber, dass einstige Versprechen offensichtlich Makulatur geworden sind? "Zum Zeitpunkt der Privatisierung wurde die Zusage erteilt, dass der Betrieb weitergeführt und ein Neubau erstellt wird", bestätigt Pressessrecherin Anja Vorndran auf schriftliche Nachfrage. Zudem bilanziert sie: "Diese Versprechen wurden eingehalten und der Betrieb über 20 Jahre eigenwirtschaftlich gewährleistet".
Gleichzeitig relativiert die Pressesprecherin: Die Zusagen seien unter damaligen Rahmenbedingungen gegeben worden und könnten aufgrund deutlich veränderter Umstände nicht für alle Zeiten gelten.
Kritikern der Privatisierung, von denen manche bis heute dem einstigen Kreiskrankenhaus nachtrauern, hält sie in der Pressemitteilung entgegen: Aus Sicht des Landkreises Bad Kissingen sei die Privatisierung auch rückblickend kein Fehler gewesen, da ansonsten die Schließung des Krankenhauses in Hammelburg bereits vor über 20 Jahren unumgänglich gewesen wäre.
In diesem Zusammenhang legt die Kreisverwaltung Wert darauf, dass durch die Privatisierung der Betrieb des Krankenhauses in Hammelburg im genannten Zeitraum ohne Zuschüsse des Landkreises gewährleistet werden konnte, heißt es in der Pressemitteilung weiter. Ganz anders bei Kommunen, die noch ein eigenes Krankenhaus betreiben. Diese hätten Defizite von teils zweistelligen Millionenbeträgen auszugleichen.
Grundsätzlich habe der Kreistag immer das Ziel einer wohnortnahen stationären Krankenhausversorgung verfolgt, so Vorndran weiter. So sei es außerordentlich bedauerlich, wenn sich aufgrund der aktuellen Situation eine Veränderung in Hammelburg ergebe. Was die Tragweite angeht, sieht die Kreisbehörde offenbar Klärungsbedarf: "Zu den Auswirkungen können wir uns aktuell nicht äußern. Hierzu werden wir in den nächsten Tagen Gespräche mit dem Träger führen", so die Pressemitteilung weiter.
Warmuth: "Wohnortnahe Versorgung wünschenswert"
Begrenzt sieht die Kreisverwaltung ihren Einfluss auf die Entwicklung der Krankenhauslandschaft. "Sofern sich die Frage nach einer Nachnutzung stellt, ist dies zunächst Angelegenheit des Krankenhausträgers", betont Vorndran. Gleichzeitig ergänzt sie schriftlich: "Selbstverständlich würde sich der Landkreis in etwaige Gespräche einbringen, um im Falle einer möglichen Schließung gegebenenfalls mitgestalten zu können".
Auch Bürgermeister Armin Warmuth bedauert die Nachricht von Helios: "Eine wohnortnahe Krankenhausversorgung wäre auch für Hammelburg weiterhin wünschenswert, wenn auch wesentliche Bereiche der stationären Versorgung derzeit bereits in Bad Kissingen erfolgen und hier schon Kapazitäten gebündelt sind", stellt er fest.
Gleichzeitig geht er davon aus, dass allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein entsprechendes Angebot unterbreitet wird, falls die Pläne von Helios umgesetzt werden: "Qualifiziertes Personal ist schließlich ein hohes Gut", so Warmuth auch mit Blick auf den Fachkräftemangel.
Bezüglich einer Nachnutzung mahnt Warmuth zur Geduld. Es sei noch zu früh, Vorstellungen zu äußern, zumal ja final noch gar nicht klar sei, ob und wann sich die Thematik stellt. Hier sei zunächst Helios am Zuge. "Ich gehe davon aus, dass es dazu Gespräche geben wird, falls das aktuell werden sollte", so der Bürgermeister. "Natürlich werden wir nichts unversucht lassen, um für den Erhalt des Krankenhauses in Hammelburg einzutreten", verspricht er.
Bundeswehr winkt ab
Keine Bestätigung gibt es aktuell dafür, dass das Hammelburger Krankenhaus von der Bundeswehr übernommen werden könnte. Entsprechende Gerüchte kursieren in Hammelburg. Genährt worden sind diese möglicherweise durch die angekündigten Strukturreformen bei der Bundeswehr. Sie beinhaltet aber keine Neuaufstellung des Sanitätsdienstes, "sondern lediglich die Führungsorganisation oberhalb der Fähigkeitskommandos", teilt ein Sprecher des Kommandos Sanitätsdienst (Koblenz) auf Nachfrage mit.
Der Sanitätsdienst ist in Hammelburg mit einem Sanitätsunterstützungszentrum vertreten, das mit sechs nachgeordneten Sanitätsversorgungszentren für die truppenärztliche, truppenzahnärztliche und fachärztliche Versorgung in sieben Standorten in Nord-Westbayern und Nord-Ost Baden-Württemberg zuständig ist. Dieses werde weiterhin dem Kommando Regionale Sanitätsunterstützung in Diez unterstellt bleiben. Die zivile Struktur der Krankenhäuser im Landkreis sei von den Entscheidungen im Rahmen der Strukturreform in keiner Weise berührt, heißt es aus Koblenz.